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Tag 5: Touch the Taj

Veröffentlicht: 13.07.2016

4.7.2016


Im Zug schlafen wir uns alle 3 wirklich mal toll aus. Das zeugt ja schon mal in etwa davon, wie bescheiden die anderen Quartiere davor so waren. Im Endeffekt ist so eine klimatisierte Unterkunft halt doch echt angenehm. Auch wenn sie sich bewegt, oder vielleicht gerade deshalb. Gudi liegt ganz oben und berichtet von einigen nächtlichen Achterbahnfahrten. Ganz allgemein schlafen wir alle lang und intensiv. Manche zwecks Erholung, andere weil ihnen sowieso langweilig ist. Nachdem der Zug sich über 2 Stunden kurz vor Agra aufhält, aber nicht weiterfährt, gerät unser achso lockerer Zeitplan doch noch ein wenig ins wanken. Ursprünglich wollten wir um 6h ankommen, so ist es nun schon nach 9. Um 10:30 geht die ominöse Tour los, die wir eigentlich mitmachen wollen, allerdings von der Bahnstation Agra Cantt. Wir sind gerade bei Agra Fort. Egal. Jedenfalls eine knappe Sache. Im Endeffekt entscheiden wir uns gegen die sichere, aber etwas teurere und vorbestimmte Variante der organisierten Busroute. Selbst ist der Mann. Deshalb buchen wir uns auch ein Auto mit einem Mann. Einem Fahrer, der mit uns auch diverse Spots abklappert.

Unsere Tour beginnt also, im klimatisierten Auto, was aus mir unerfindlichen Gründen billiger ist als der Bus in Agra und führt uns über kaputte Straßen und etliche Dörfer nach Fatepur Sikri. Irgendwie ziemlich Touri – Style, aber wir wollen in möglichst kurzer Zeit viel sehen also seis drum. Aus dem Auto können wir faszinierende Dinge fotografieren. So ist die Anzahl der Personen, die auf einen Motorroller passen nach oben hin offensichtlich endlos. Wahnsinn, da werden ganze Familien auf so ein Ding gepackt. Was man solchen Aktionen allerdings zugute halten muss: die Straßen sind ganz ausgezeichnet – solange man nicht zur Seekrankheit leidet versteht sich. Aber nicht nur das Moped ist ein Familientreffpunkt, in ein Tuktuk passen wie es aussieht sogar Großfamilien. Inklusive Hund und Kuh. Naja nein ohne Kuh. Aber wenn ich mir denke wie eng es für uns war (allerdings auch mit Gepäck) zolle ich der indischen Clownfähigkeit sich in enge Vehikel zu schlichten schon ziemlichen Respekt. Ein einziges, lebendiges Tetrisspiel.

Angekommen in Fatepur Sikri besuchen wir zuerst den Palast Fatepur. Dieser ist ganz in rotem Stein gehalten, der in der Region öfter zugegen ist. Dieser Stein kann eines speziell gut, und das ist Hitze absondern. Unbeschreiblich welche Temperaturen zustande kommen können. Früher lebte hier der Mogulherrscher. Nachdem das Paar MOli und GUdi unterwegs ist, fühlen wir uns natürlich sehr geehrt, dass die indischen Herrscher sich nach uns benannt haben – MOGU(len).

Weil gute MOGUs gute Moslems sind, bauten sie an jeden ihrer Paläste (diese wechselten sie wie ein Hase den Bau) auch eine Moschee. Diese ist in Fatepur Sikri die sogenannte Sikri Moschee, welche durch imposante Torbögen beeindruckt. Auch darf man sich beim Passieren der Moschee einen Wunsch ausdenken, den man aber nicht aussprechen darf. Von niederschreiben wurde zwar nichts gesagt, aber ich traue mich trotzdem nicht meinen Wunsch zu erwähnen.

Weniger beeindruckend, und auch nicht unbedingt von sehr ausschweifendem Glauben zeugend ist die Anwesenheit der Massen an Verkäufern. Zwar wird mir versichert, dass diese nur aufgrund eines Feiertages zugegen sind, irgendwie macht mich das Karussell aber skeptisch. Des Weiteren ist dieser Ort auch sehr von kleinen Kindern überlaufen, die sich verdächtig in der Nähe unserer Taschen aufhalten – sie grinsen dabei zwar herzerwärmend süß, aber das hilft uns wenig wenn unsere Taschen danach herzzerreißend leer sind.

So machen wir uns sehr bald wieder auf den Weg zurück und sind entzückt ob der Tatsache, dass sich unser Fahrer tatsächlich noch auf dem Parkplatz befindet und unser Gepäck noch immer im Auto ist. Da eine Person der Runde ja noch immer etwas undicht ist, bitten wir um ein touristisches Restaurant. Autsch… das ist mal teuer. Aber es bietet uns die Gelegenheit, die indische Küche in Ruhe am Buffet durchzuprobieren, und dazu sogar einen Cafe zu trinken. Trinkt in Indien lieber Chai. Cafe schmeckt wie heißes Wasser, in dem trockene Erde eingerührt wurde. Eeeeckelhaft. Den Schrecken des Cafes nehmen mir zwei durchaus erfreuliche Tatsachen. Zum einen ist unser Kellner ein emigrierter österreichischer Inder, der im 7. Bezirk wohnte, zum anderen entdecken wir das erste westliche Klo seit Beginn unserer Reise. Das bedeutet Klobrille, Sitzgelegenheit und sogar Papier. Ein Luxus für die Bäckchen.

Unsere weitere Fahrt verläuft eher stehend als fahrend. Stau in Indien. Dies äußert sich vorrangig durch ein symphonieartiges Orchester an differierenden Hupen. Und einem kaum nachvollziehbaren System des Spurwechseln und wilden Gestikulierens der Fahrer.

Unser nächster Stop ist Agra Fort. Ja dieses Agra Fort, welches wir am Morgen schon sehen durften. Agra Fort war der zweite Sitz des MOGU(l)herrschers und sieht meiner Meinung nach genauso aus wie sein Erster. Haut mich ehrlich gesagt wenig um, einzig der Blick auf unsere nächste Destination, das Taj Mahal, lässt mich eine dicke Sabberspur über den roten Stein des Agra Fort ziehen.

Ursprünglich war geplant, dass Gudi an diesem Tag wieder voll einsatzfähig ist, doch trotz der Schonkost Reis beschließt ihr Magen, das körnige Gut wieder Richtung Süden zu schicken. So endet auch unser Besuch im Agra Fort nach eher kurzer Zeit.

Beim Verlassen des Fort läuft mir ein sehr aufgeregter Standler hinterher, der eigentlich eher wie ein Sandler aussieht. Bei genauerer Betrachtung erkenne ich, dass er mit meiner Sonnenbrille wachelt, die er mir zurückgeben will. Kaum zu glauben, habe ich diese doch wirklich schon wieder verloren – ja – nicht das erste Mal. Auch schaffe ich es an diesem Tag zweimal, kleinere Geldbeträge zu verstreuen, die mir beide Male von freundlichen Indern nachgetragen werden. Karma sei mit ihnen. Nicht mein Tag irgendwie. Aber Indien und seine Einwohner zeigen sich von ihrer besten Seite. Ich unterstreiche heute vorerst den Grundsatz: Zu blöd zum ausgeraubt werden.

Angekommen im Taj Mahal sind wir zuerst ob einiger Fakten und Geschehnisse weniger beeindruckt und eher bestürzt. Dies liegt vielleicht auch daran, dass uns der Blick auf das Monument bis dahin noch verwehrt wurde.

Aber von Anfang an. Erschreckend ist vor Allem der Eintrittspreis. 10 € sind für indische Verhältnisse ein Schlag auf den Kopf. Mit einem Marmorbrocken. Auch die Behandlung der weißen Touristen lässt zu wünschen übrig. Nicht nur, dass man als Weißer ein vielvielvielfaches mehr bezahlen muss als alle anderen, auch wird versucht, einen bei sämtlichen Gelegenheiten über den Tisch zu ziehen. So gibt es prinzipiell kein Wechselgeld. Hetti und Ich schaffen es tatsächlich beide, uns für Audio – Guide und Locker Room nichts zurückgeben zu lassen, einfach weil es uns im Trubel gar nicht auffällt. Und bemerken es beide erst im hermetisch in beide Richtungen abgeriegelten Taj – Areal. Nur die Heldentaten der „Geizigen Gudrun“, die wenns um den Schotter geht ziemlich fahrig werden kann (wer hätte das gedacht bei einem sonst so ruhigen Gemüt) rettet uns unser sauer Erspartes.

Außerdem schaffe ich es, eine Eintrittskarte zu verlieren, was mühsam ist da diese ständig benötigt wird. Irgendwie schaffe ich es aber auch hier mich auf gut wienerisch „durchzuwurschteln“. Long day…big chaos, mehr ist dazu nicht zu sagen

Der Blick auf das Taj Mahal macht schlussendlich alle Gräuel des Tages und eigentlich alle Widerstände, die uns auf unserer Reise vor die Füße geworfen wurden, mit einem Schlag wieder wett. Diesmal ist es aber weniger ein Schlag auf den Kopf mit einem Marmorbrocken, mehr ist es eine atemberaubende Offenbarung von geformten, weißen Marmorbrocken. Das (aufgrund des angebrochenen Sonnenuntergangs) kaum überlaufene Taj – Areal, zudem noch etliche andere Gebäude in Rot gehören, ist wohl eines der beeindruckendsten Dinge, die ich je gesehen habe. Meine Güte, die Sonne geht genau unter der linken Kuppel des Nebengebäudes unter. Dabei wirft sie ein faszinierendes Licht auf die Hauptkuppel des Taj. Wirklich, wir sind alle im tiefsten Innersten ergriffen und unsere Erwartungen sind mehr als befriedigt. Zur Sicherheit mache ich ein Foto, bei dem es aussieht als würde ich die Spitze der Kuppel des Taj berühren – „Touch the Taj“ eben.

Am Weg zurück, ja wir müssen uns leider von unsrerem neuen Lieblingsort nach Sonnenuntergang trennen, geht es zu einem Geschäft. Wir dachten wirklich, dass dieser Fahrer uns mit „ only look, no buy, 3 minutes, good for you, i know what you like“ – Scheiß in Ruhe lässt. Geht aber wohl nicht ohne. Wir garantieren ihm, nichts zu kaufen, lassen ironischerweise aber einen Haufen Geld liegen. Nachdem Gudi und ich realisieren, dass es die letzte Gelegenheit ist, etwas Indisches für das Interieur unserer zukünftigen, in den asiatischen Sternen stehenden, Wohnung zu besorgen, einigen wir uns schnell darauf, nicht einig zu sein. Ich verliebe mich sehr bald in ein zusammenklappbares, hölzernes Tischchen mit detaillierten Gravuren und eingelegten, bronzenen Elefanten. Gudi will irgendeine komische bronzene Statue. Naja sie ist eh ganz nett, aber najaaa. Im Endeffekt entscheiden wir uns für eine bunte Elefantenmaske – aus Holz versteht sich. Gewonnen!...glaube ich.

Am Ende müssen wir einen mehr oder weniger tränenreichen Abschied von unserem Guide hinter uns bringen und warten eine gefühlte Ewigkeit auf den achso tollen und modernen Zug, der uns nach Delhi bringen soll. Als dieser dann tatsächlich kommt, bekommen wir zwar sogar Essen im Zug, dürfen dieses aber nicht zu uns nehmen. Also Gudi nicht. Ich dafür ihres – ein Fehler wie sich am nächsten Tag herausstellen wird.

An dieser Stelle sei vielleicht erwähnt, dass wir für die Inder anscheinend eine ähnliche Rolle wie Rockstarts einnehmen. Unaufhörlich werden wir heimlich fotografiert, es wird hinter uns getuschelt und die ganz Mutigen bitten uns sogar um gemeinsame Fotos. Zu diesem Zeitpunkt bin ich sicherlich schon auf 15-20 indischen Smartphones verewigt. Einen Altar in ihrem Wohnzimmer werden sie diesen Fotos aber wohl nicht bauen…oder doch? Auch meinen Bart verehren die Inder sehr. Oft werde ich mit diversen Bollywoodstars verglichen. Ich könnte mich an dieses Lotterleben als V.I.P. gewöhnen, da es meiner Vorstellung dessen, wie mit mir umgegangen werden sollte, ziemlich nahe kommt. Das Wacheln mit den Bananenblättern müsste halt noch eingefordert werden. Wird schon. Die Mädels mögen die Aufmerksamkeit hingegen so gar nicht. Mehr für mich also.

Am Bahnhof in Delhi kämpfen wir uns durch den nächtlichen Dschungel der Tuktukfahrer. Ausnahmsweise werden wir – so denke ich – nur halb schlimm verarscht. Möglicherweise liegt dies daran, dass ich langsam die indischen Sitten annehme und schon genauso wie die Einheimischen mit dem Kopf wackle, um zu betonen, dass… äh eigentlich weiß ich nicht für was dieses Wackeln steht, aber ich mache es unbewusst auch schon bei jeder Gelegenheit. Kommt gut an, soweit ich das feststellen kann.

Angekommen im „Quartier“ fällt mir die Faustregel ein, niemals einen Schlafplatz in der Nähe eines Bahnhofs zu buchen. Leider etwas spät. Unbeschreiblich, einfach unbeschreiblich. Ich denke, das ist das Schlimmste, was ich bis jetzt jemals besucht habe. In einer dunklen, engen, saudreckigen Gasse werden wir von einer zwielichtigen Gestalt in verschwitztem Ruderleiberl empfangen. Er weist uns zwei Zimmer zu, wobei es uns nicht sehr recht ist, getrennt zu schlafen. Gudi und Hetti haben Hüttenschlafsäcke mit, weshalb sie die Berührung des abartigen Betts vermeiden können. Ich habe meinen unkluger Weise in Varanasi gelassen. So schlafe ich einfach auf meinem Laybag (luftgefüllte Riesenluftmatratze). Eine sehr schweißige Angelegenheit, aber das passt gut zum gesamten Zimmer. Um ein bisschen auf der Safe Side zu sein positioniere ich meinen Laybag neben dem Doppeldreckshaufen der Mädeln. In der Nacht macht mein Gesäß leider Bekanntschaft mit dem Boden, da nicht nur mir, sondern auch meiner Unterlage langsam die Luft ausgeht. Die kommenden Stunden sind dadurch auch für mich die echte Härte. Na wenigstens kein verschlafen.

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