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Vierter Abschnitt: Vom Meer, welches eigentlich keines ist und den Unterschieden zwischen Niederländern und Deutschen

Veröffentlicht: 12.09.2018

Nach der wunderbaren Zeit bei Andrey und seiner Familie sind wir mit dem Schlafzug 36 Stunden nach Irkutsk und von da weiter nach Listwjanka, einem kleinen Dorf am Ufer des Baikalsees, gefahren. Um die Dimensionen einmal aufzuzeigen: der Baikalsee ist mehr als 600km lang und im Mittel breiter als 35km, also so lang wie von Münster nach München und breiter als der Ärmelkanal. Man sieht vom Ufer bei schönen Wetter gerade so die andere Seite und beide Enden haben wir nie gesehen, weil sie einfach so weit weg waren. Das Wasser ist unfassbar klar, aber auch sehr kalt, und die Sonnenuntergänge sind phänomenal, die Sonne taucht den Himmel in alle Töne, von dunkelblau über orange und verschiedenen Rottönen. Den Sonnenuntergang, zum Beispiel bei gutem Essen, zu genießen ist allerdings ungleich schwerer. Obwohl Listwjanka als Startpunkt vom Great Baikalsee Trail und Skigebiet längst vom Fischerdorf zum Touristenörtchen umgewandelt wurde, gibt es kein einziges „normales“ Restaurant. Essen geht man dort in einer Art Kiosk mit Terrasse, dort gibt es meist gebratenen Reis mit Fleisch und Möhren aus einer riesigen Pfanne und zusätzlich verschiedene, in Plastik vorverpackte Brötchen und Salate und eine Menge Bier und Schnaps. Nachdem wir uns den schönsten Kiosk ausgesucht hatten und den Sonnenuntergang bei Reis und Bier genossen haben, gesellte sich eine Gruppe russischer Rettungsschwimmer an den Nachbartisch, von denen einer mich dazu herausforderte den Rest meines Bieres schneller zu exen als er seinen. Nach verlorenem Wettkampf gesellte sich die schlecht Englisch sprechende Gruppe zu uns an den Tisch und bei google Translate und einer Menge Vodka, den ich trank und Marie meist unauffällig im See verschwinden lies, hatten wir, trotz mäßigen Essens, einen schönen Abend. Am nächsten Tag haben wir uns an die erste Etappe des Great Baikal trails gewagt. Mit 28km bei mehr als 800 Höhenmetern, war dies die bisher anspruchsvollste Wanderung und eine super Gelegenheit endlich unseren Topf auszuprobieren. Nachdem die erste Hälfte mit dem Großteil der Steigungen, einer Menge Schweiß und großartigen Aussichten und Picknickstellen am See geschafft war haben wir also den Kochlöffel geschwungen um endlich mal wieder eine anständige Mahlzeit zu haben. Nach 7 Sunden unterwegs haben wir um 5 vor 6, also 5 Minuten bevor die Fähre fährt, endlich das nächstgelegene Dorf erreicht. Da die Fähre allerdings schon voll war und das Dorf mangels Straßen nur im Winter über den gefrorenen See mit dem Auto erreichbar ist, hat uns eine Gruppe russischer Wanderer ein Taxiboot bestellt, das uns und zwei weitere gestrandete Wanderer zurück nach Listwjanka gebracht hat. Die Fahrt war einfach wunderschön, es war also halb so wild, dass wir die Fähre nicht nehmen konnten.

Nachdem wir uns Tags darauf das lokale Skigebiet angeguckt haben, von wo man eine perfekte Sicht auf den Angara hatten und in dem viel zu kalten See eine Minirunde ,schwimmen’ waren, sind wir zurück nach Irkutsk gefahren, von wo unser Flug in die Mongolei ging. Leider konnten wir nicht die Transsib nehmen, da wir sonst eine Stunde nach Ablauf unserer Visa erst Russland hätten verlassen können.

Da wir von Andrey eine Menge selbst gemachten Tee und Apfelchips mitbekommen hatten, wollten wir uns schlau machen, ob es erlaubt ist Lebensmittel mit in die Mongolei zu nehmen. Ergebnis der Recherche: Lebensmittel sind ok, allerdings werden Niederländer ohne Visa, im Gegensatz zu Deutschen, nicht in das Land gelassen. Dazu muss man wissen, dass der deutsche Pass nach dem japanischen der zweitstärkste der Welt ist, welcher zur Einreise in 186 Länder berechtigt, was bedeutet, dass man entweder visafrei einreisen darf oder am Flughafen ein Visa bekommt. Die Niederlande liegen auf Platz 4 mit 184 Ländern. Nachdem wir uns also vorher akribisch um Visa für Russland und China gekümmert hatten, haben wir einen Tag vor Einreise in die Mongolei feststellen müssen, dass wir (bzw. René) da nicht ohne Visa reinkommen.

Da ich mit der russischen Sim nicht bei der mongolischen Botschaft in Deutschland anrufen konnte, habe ich dann erstmal Mutti angerufen. Diese hat uns nach einem Telefonat mit der Botschaft zur mongolischen Botschaft in Irkutsk geschickt, zu welcher wir dann mit Passfoto, Flug zur Einreise und Ausreise, welche nicht kontrolliert wurden und daher leider überflüssig waren, und einer Reservierung für ein erstes Hostel zur Botschaft gelaufen, dort hat mir ein sehr netter und sehr gut Englisch sprechender Mitarbeiter innerhalb von einer halben Stunde ein Expressvisa ausgestellt, welches mit 70 Dollar immer noch billiger ist als ein in Europa ausgestelltes Visum. Nun wieder wesentlich entspannter ging der nächste Weg zum Flughafen in Irkutsk, dieser hat etwa die Größe eines russischen Busbahnhofes und ist wirklich der absolute Witz. Es gibt Hartschalensitze ohne Lehne, mit einer so kurzen Sitzfläche, dass sie auch nicht zum schlafen taugen, zwei Souvenirshops und ein Café, in welchem man neben Brot mit 4 verschiedenen Sorten Wurst als einzige vegetarische Option Kartoffelpüree als 5 Minuten Terrine kaufen konnte. Und das wars. Da wir zu geizig für ein Hotel waren und der Check in um 6 Uhr war, haben wir uns, bevor wir wussten wie der Flughafen aussieht, also dafür entschieden die Nacht dort zu verbringen. Mäßig witzige Angelegenheit: bis 1 war die Halle voll mit Chinesen, welche um 3 nach Peking wollten, welche ununterbrochen gequatscht haben, und komischerweise Koffer voll schlechtem russischen Essen packten und immer wieder umpackten, da sie einfach zu viel Wurst, Milch und trockenes Brot gekauft hatten. Auch danach wurde es kaum besser. Nach dem Sicherheitcheck kommt man zum Check in, ganze 6 Schalter, und danach an das einzige Gate. Dort gibt es zwei Duty Free Shops, welche jeweils vor jedem Flug für 30 Minuten öffnen aber danach direkt wieder die Gitter runterlassen. Da unser Flug Verspätung hatte saßen wir also die meiste Zeit vor verschlossenen Läden. Als wir dann unser Flugzeug sahen brachen gemischte Emotionen aus, Marie war entsetzt darüber, wie alt und klein die Maschine war und dass diese außerdem von Propellern angetrieben wurde. Ich war der festen Überzeugung, dass uns die niederländische Maschine, eine Fokker 50, entgegen jeder rational durchaus berechtigten Zweifel, sicher befördern würde. Erstmal im Flugzeug sind wir beide dank Schlafmangel direkt eingeschlafen und erst in der Mongolei wieder aufgewacht. An dieser Stelle nochmal liebste Grüße Mama und vielen Dank für die Hilfe :).

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