Veröffentlicht: 08.04.2018
Nach Felsen, Vulkanen und Canyons führt unser Weg uns jetzt in die Wüste, aber in eine ganz besondere Wüste; am Horizont ragen die Anden auf und wir fahren durch unendliche Weinanbauflächen, vorbei an gigantischen, nahezu industriell und steril wirkenden Weingütern. Auch wenn einige Winzer seit ein paar Jahren wohl mehr auf Qualität statt auf Masse setzen, der Wein wird hier vor allem in riesigen Monokulturen und für den großen Markt angebaut. Wir finden einen Campingplatz in der Nähe der Weinhauptstadt Mendoza, etwas heruntergekommen, aber nett und gemütlich unter vielen schattenspendenden Bäumen und mit einer Busanbindung an die Stadt.
Bevor wir einchecken, fahren wir noch in die Stadt hinein, es soll hier nämlich einen Gashandel geben, der unseren eingebauten Tank mit Propangas befüllen kann. Gar nicht so leicht, hier jemanden zu finden. In Argentinien gibt es nämlich nur Erdgasautos und damit an den Tankstellen kein geeignetes Gas für uns. Wir finden den Handel und ein älterer Herr versichert uns, Propangas zu haben. Allerdings sei der Fachmann für das Befüllen nicht da, aber wenn wir um 16:00 Uhr wieder kommen, würde er da sein. Um 16:00 Uhr parken wir wieder in Sichtweite der kleinen Firma. Es ist ein junger Mann da, der uns erklärt, dass nur der Chef unseren Tank befüllen könne. Wir sollten warten, bis dieser gleich wieder komme. Die Wartezeit wird uns von Jaqueline verkürzt, einer Mitarbeiterin des Kulturzentrum vor dem wir illegal parken. Sie ist völlig aus dem Häuschen über unseren Dubs, unsere Reise, zwei Frauen alleine, sie kann sich kaum beruhigen. Wir werden fotografiert, gedrückt, geküsst und dann zieht sie glücklich mit unserer Visitenkarte weiter. Noch zwei Mal gehen wir zu dem Gashandel und werden vertröstet, weil der Chef immer noch nicht da sei. Dann fährt der junge Mann winkend weg und wir treffen wieder den Herrn vom Morgen an, der schimpft, dass wir zu spät seien, denn jetzt sei sein Mitarbeiter gerade weggefahren. Unser Spanisch und unser Ärger reichen aus, um die Situation aufzuklären und der "Jefe" macht sich fluchend über seinen faulen Mitarbeiter selbst ans Werk. Endlich geschafft und vollgetankt, suchen wir uns einen bewachten Parkplatz und erkunden schon mal ein wenig die Stadt.
Mendoza ist eine Wüstenstadt, was man aber nicht glauben mag. Die ganz Stadt ist von tiefen Bewässerungsgräben durchzogen und alle Straßen sind Alleen. Die Platanen sind so dicht gepflanzt, dass die Stadt dämmrig erscheint und die Wüstenhitze nicht zu spüren ist. Mendoza ist entspannt und gemütlich. Es gibt nicht viel zu sehen und zu tun, außer über die Straßen und Plätze zu bummeln und sich auf den vielen Bänken oder in den Cafes zu entspannen. Man kann Touren über die diversen Weingüter buchen, alles perfekt organisiert, mit oder ohne Führung, Verkostung von drei oder sechs Weinen, mit oder ohne Menü, mit oder ohne „meet and greet“ des Winzers, alles in klimatisierten Reisebussen. Oder man mietet Fahrräder und fährt damit die Winzer ab, alles liegt nah beieinander - aber irgendwie reizt uns nichts davon. Uns fehlen die Wein- und die Sprachkenntnisse für die wirklich interessanten Winzer und die Lust auf Massentourismus durch die Massenproduktion. Also kaufen wir uns ein paar Flaschen Malbec und verkosten sie für uns allein – wir fanden sie fruchtig mit einer anfangs fast zu üppigen Beerennote, feurig im Abgang und mit einem runden Finish, kurz gesagt: lecker! Einmal gehen wir in ein schickes Restaurant, essen Lammfilet mit Senfkräuterkruste, gegrilltes Gemüse und mit Ziegenkäse und Polenta gefüllten Hokaido, trinken dazu noch mal einen edlen Tropfen.
Unseren Aufenthalt auf dem Campingplatz nutzen wir vor allem, um Wäsche zu waschen, den Dubs von innen gründlich zu putzen und den Blog zu schreiben. Und auch mal, um einfach ausgedehnt zu frühstücken und in Ruhe ein paar Seiten zu lesen. Aber auch der gemütlichste Campingplatz muss einmal verlassen werden und wir machen uns auf Richtung Anden. Gas- Wasser und Dieseltank sind voll, der Dubs und die Wäsche wieder sauber und wir gut erholt.
Jetzt schrauben wir uns langsam hoch zum Paso Los Libertadores, dem 3200 Meter hoch gelegenen Argentinisch – Chilenischen Grenzübergang. Aus der grünen Ebene rund um Mendoza geht es in unzähligen Kehren und Kurven langsam hoch in die Anden. Auch diese Fahrt wieder atemberaubend, grandios und wunderschön. Wir legen einen Zwischenstopp an der Puente del Inka, der Brücke des Inkas ein, ein natürlich gebildeter Felsenbogen, der sich über den Rio de las Cuevas spannt. Als wäre das noch nicht imposant genug, entspringt an der Brücke eine schwefelhaltigen Quelle, die das umliegende Gestein in allen erdenklichen Rot- und Gelbtönen färbt. Und es geht noch spektakulärer, ein in den 40er Jahren errichtetes Thermalbad direkt an der Quelle wurde 1953 durch einen Erdrutsch zerstört und verrottet nun unglaublich malerisch in der Quelle. Also tummeln sich in der majestätischen Einsamkeit der Anden plötzlich hunderte von Touristen an der Brücke und in dem winzigen Dörfchen, welches nur noch aus Andenkenläden und Empanadaständen besteht. Mittendrin ein extracooler Park Ranger mit verspiegelter Sonnenbrille und Sheriffallüren, der mit seiner Trillerpfeife die Touristenhorden vom Überschreiten der Absperrung abhält. Wir finden es wirklich kurzweilig hier, aber das ist nicht der Grund warum wir uns entschließen in der Nähe zu übernachten. Zum einen ist es schon später Nachmittag und wir wissen nicht, ob der Grenzübergang Öffnungszeiten hat und wir eventuell vor verschlossener Schranke stehen. Zum anderen liegt in der Nähe der Nationalpark Aconcagua, in dem man auf einer kleinen Rundwanderung einen herrlichen Blick auf den Aconcagua hat, den mit 6.962 Metern höchsten Berg Argentiniens und des amerikanischen Kontinentes.
Wir haben ein wenig Probleme, einen geeigneten Übernachtungsplatz zu finden. Es gibt zwar genug Stellen, an denen man übernachten kann, aber der Wind pfeift hier oben so heftig , dass es ohne Windschutz sogar im Dubs zu ungemütlich ist. Bei der Suche nach einem geeigneten Platz, stoßen wir auf einen kleinen in Bergform angelegten Friedhof für alle Bergsteiger, die auf dem Aconcagua ums Leben kamen. Wir besichtigen ihn im Abendlicht und sind berührt von den vielen, liebevoll mit persönlichen Gegenständen dekorierten Gräbern, leider auch einige ganz frische von Januar 2018.
Zum Schlafen fahren wir zwischen zwei Gebäude eines Basiscamps für Bergsteiger. Den Spuren nach zu urteilen, gehen hier die Maultiertouren in die Berge los. Das Camp wirkt verlassen, alle Türen sind verschlossen, die Fenster mit Pappe verkleidet, die Saison scheint vorbei zu sein. Wir haben ein schlechtes Gewissen, weil wir irgendwie auf Privatland stehen und keinen um Erlaubnis fragen können, aber mittlerweile ist es dunkel und zwischen den beiden Gebäuden wirklich schön windgeschützt, also bleiben wir. Später kommt noch ein anderer Camper und baut, angeregt durch uns, im Windschatten sein Zelt auf. Hoffentlich ist die Saison wirklich vorbei und wir werden morgen früh nicht von erbosten Bergführern und einer Herde Mulis geweckt.
Die Kälte, der Wind und unser schlechte Gewissen treiben uns früh aus den Federn und so stehen wir noch vor 8:00 h am Eingang des Parks, der tatsächlich pünktlich öffnet. Wir kaufen eine Permit, eine Erlaubnis im Park eine bestimmte Strecke zu laufen, und machen uns auf den Weg, während die Sonne aufgeht und nach und nach die Gipfel und Flanken der umliegenden Berge in helles Licht taucht. Ein toller Tagesanfang auch wenn Laufen in dieser Höhe schon deutlich mehr Puste erfordert. Anschließend geht es erst mal wieder über eine Grenzstation, eine der größten auf unserer Reise. Alles ist gut organisiert, wenn auch nicht immer durchschaubar und nach einer der gründlichsten Durchsuchung des Autos und des Dubs, die wir bisher erleben durften, inkl. Versorgungsschächte und Dach, geht es jetzt langsam Richtung Pazifikküste .