Miss Marple unterwegs
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Ostsee 2020 Teil 3

Veröffentlicht: 03.08.2020

Törnbericht 2020

Ostsee und mehr.

Dritter Teil: Von Lübeck-Travemünde nach Boltenhagen und weiter.

27. Juni. Wir wollen weiter nach Osten, die Ostseeküste erkunden. Da bietet sich als nächstes Ziel Boltenhagen an. Vor ein paar Jahren war ich mit Winnie Puuh schon einmal dort. Der Hafen ist nur 21 sm entfernt, rund 40 km, also in etwa vier Stunden zu erreichen. Gerade richtig für einen Tagestörn. Das Wetter ist ideal, sonnig, windstill, frühmorgens schon sehr warm, beinah schwül. Um 09.00 Uhr werfen wir die Leinen los, zirkeln die Marex aus der Box - kein großes Kunststück bei Windstille - und los gehts, vorbei an der PASSAT, die Mole passiert und raus auf die Lübecker Bucht. Bald taucht hinter uns eine große TT-Line Fähre auf, sie fährt auf dem Lübeck-Gedser Weg; wir halten uns weiter südlich, näher an der Küste, und sie überholt uns in großem Abstand. Die See ist ruhig, fast spiegelglatt; es wird immer wärmer, ich öffne die Dachluken, und der Fahrtwind bläst mir frische Luft ins Gesicht. Angenehm! Es wird eine ruhige, beinah langweilige Fahrt entlang der Küste. Nur als wir uns dem Ziel nähern, heißt es wieder mehr aufpassen. Die Huk bei Boltenhagen müssen wir im großen Bogen umrunden, da sind Untiefen mit vielen großen Steinen in der Karte verzeichnet. Man fährt auf die Insel Poel zu, geht dann auf Südkurs und dreht später auf West. Der Yachthafen von Boltenhagen liegt nämlich geschützt in der Wohlenberger Wiek genannten Bucht. Das Fahrwasser ist sehr gut mit Tonnen und Türmen bezeichnet, und so findet man problemlos sein Ziel. Kurz nach 13.00 machen wir fest an einem freien Steg in der modernen, großzügig bemessenen Anlage. Der Hafen bietet alles, was sich ein verwöhnter „Yachtie“ nur wünschen kann. Zum Strand von Boltenhagen ist es ein Fußmarsch von 10 bis 15 Minuten. Auf einen Strandspaziergang verzichte ich dieses Mal. Boltenhagen hat auch ein sehr schönes, waldreiches Hinterland. Warum also nicht mal einen „Waldgang“ machen? Das ist viel angenehmer bei der Wärme!

Sonntag, 28. Juni. Schon um 08.30 Uhr sind wir wieder unterwegs. Der Wetterbericht hat Gewitter vorhergesagt, und so sieht es auch aus: Schwere, dunkle Wolken am Himmel, fast windstill und wieder sehr warm und schwül. Auf wechselnden Kursen geht es hinaus aus der Bucht, an der Insel Poel vorbei, ebenso an der Halbinsel Rerik. Der Himmel über dem Land wird immer dunkler; da braut sich was zusammen. Aber nun kommt auch schon Kühlungsborn in Sicht. Am Strand ist ein großes Riesenrad aufgebaut, wir fahren noch ein Stückchen weiter zum Yachthafen am Ortsrand im Osten, mittags um halb eins sind wir am Steg. Kaum haben wir festgemacht, da bricht ein Unwetter los mit Blitz und Donner und sturzbachartigen Regengüssen. Es prasselt ohrenbetäubend aufs Verdeck, aber innen bleibt alles trocken, Gott sei Dank. Und schon nach kurzer Zeit ist der Spuk vorbei, sogar die Sonne kommt wieder zum Vorschein, als wäre nichts gewesen. Gelegenheit für einen Spaziergang am Strand und auf die imposante Seebrücke. Auf dem Rückweg durch den Ort höre ich die Lokomotive der Bäderbahn Molli pfeifen, aber ehe ich am Gleis bin, ist sie schon vorbei und weg. Kein Fotobeweis möglich, nur die leeren Schienen. ;-) - Abends mache ich Pläne, wie es weitergehen könnte. Ich will ja in die Boddengewässer um Rügen und habe mir Hiddensee als Ziel in den Kopf gesetzt, eindeutig zu weit von hier für eine Tagestour. Das benachbarte Heiligendamm ist tabu. Als Zwischenziel kommt also nur Warnemünde in Frage.

Montag, 29. Juni. Der Morgen beginnt vielversprechend: Sonnig, warm, frischer Wind aus Südost. Abfahrt ist um 09.00 Uhr. Bis nach Warnemünde sind es nur 12 Seemeilen, also zwei Stunden Fahrtzeit. Draußen auf der Ostsee baut der SO Wind schon wieder eine ganz hübsche Welle auf, die nehmen wir locker schräg von vorne. Nach zwei Stunden biegen wir ins Warnemünde Fahrwasser ein. An Steuerbord der Badestrand mit Strandkörben und , ja, auch einem Riesenrad. Die Marina Hohe Düne lassen wir links liegen (im Wortsinne!) und fahren stattdessen die Warnow rauf. Wenn wir schon mal hier sind, dann wollen wir auch gleich bis nach Rostock. Vorbei an Werften, Hafenanlagen und diversen Sportboothäfen, fahren wir durch bis zum Rostocker Stadthafen direkt im Stadtzentrum. Ja, und was steht dort auf der Pier gleich neben den Bootsanlegern? Richtig, ein Riesenrad! Wir machen um 12.15 Uhr fest am Steg. Später sollte sich herausstellen, dass diese Entscheidung goldrichtig war, denn draußen auf der Ostsee naht ein Tief mit Wind bis Stärke 7, in Böen 8. Da wäre es selbst in der Marina Warnemünde ungemütlich geworden.

30. Juni bis 1. Juli. Hafentage in Rostock, wetterbedingt. Der Starkwind hält an. Wie bleiben im Hafen. In Rostock gibt es ja einiges zu sehen, da kommen die zwei Hafentage garnicht mal so ungelegen. Die Zeit vergeht im Nu mit Besichtigung aller „wichtigen“ Sehenswürdigkeiten, Stadtbummeln und Einkäufen. Von Corona-Einschränkungen ist nicht viel zu merken, außer dass man - wie sonst auch überall - in Geschäften Maske tragen und im Restaurant seine Kontaktdaten hinterlegen muss; am Tisch darf man die Maske wieder abnehmen. ;-) In der Fußgängerzone herrscht das übliche Gewimmel, um Abstände kümmert sich kaum jemand, Masken sieht man selten. Ich bin immer froh, wieder auf meinem Boot zu sein.

Donnerstag 2. Juli. Der Wind lässt kaum nach, aber für morgen, 3. Juli, sagt der Wetterbericht eine Pause voraus, bevor es danach dann wieder stärker aufbrist. Also Entschluss gefasst: Jetzt oder nie! Morgen früh: Auf nach Hiddensee. Um die Strecke etwas zu verkürzen verholen wir am Nachmittag nach Warnemünde und statten der Marina Hohe Düne einen Kurzbesuch ab. Am späten Nachmittag läuft ein merkwürdiges Schiff in die Warnow ein: Eine Fähre mit Flettner-Rotor. Siehe Foto.

Freitag, 3. Juli. Frühmorgens um 06.00 schleichen wir uns aus dem Hafen. Ablegen möglichst ohne Bugstrahler, um niemanden zu wecken; das gelingt auch. Jedenfalls hat sich keiner beschwert. ;-) Die Flaggen im Hafen flattern allerdings schon ganz munter, soo ruhig wie der Wetterbericht versprach, kann es also nicht sein. Kaum haben wir die Molen passiert, packt uns schon eine doch ziemlich beeindruckende Dünung aus NO, das sind die Auswirkungen der Starkwinde der vergangenen Tage. Das Boot liegt noch quer zu den Wellen und holt ein paar Mal kräftig über, bevor ich den Bug auf Kurs NO gerichtet habe. Vorsorglich hatte ich an Bord alles seefest verstaut und gesichert. Sonst hätte es gleich hier den großen Kladderadatsch im Boot gegeben. Dafür haben wir jetzt ganz prima Welle von vorne, aus NO, genau da, wo wir hin müssen! Miss Marple fängt sofort heftig an zu stampfen. Immerhin, das gefällt ihr besser als See von der Seite. Anfangs denke ich, OMG, soll das jetzt die nächsten Stunden so weitergehen? Der Wind hat auch schon wieder zugenommen. Miss Marple stampft und schüttelt sich zwischendurch kräftig. Soll ich nicht lieber wieder umkehren, zurück in die sichere Marina? Aber sie macht tapfer immer noch 5 bis 6 Knoten Fahrt, garnicht so schlecht bei den Verhältnissen, liegt wohl an der verhältnismäßig langen Welle; die Stöße halten sich in Grenzen. Also weiterfahren, da müssen wir durch, denn morgen soll es ja noch schlechter werden. Nach fast vier Stunden Gestampfe haben wir Darßer Ort querab und wir können den Kurs nach Steuerbord ändern. Jetzt kommen die Wellen mehr von schräg, und das macht die Fahrt etwas angenehmer. Schaukeln tut’s aber immer noch ganz schön. Weitere drei Stunden später erreichen wir das Fahrwasser, das westlich von Hiddensee in die Bodden führt. Wir gehen auf Südkurs und nehmen die Welle jetzt mehr von achtern. So nach und nach, denke ich, müssen wir doch mehr unter Landschutz kommen, aber Pustekuchen, der Wind dreht immer mehr nach links und kommt am Ende aus WNW. Die Wellen bleiben uns also erhalten. Richtig ruhig wird es erst, als wir die Enge zwischen Hiddensee und Bock (die Insel heißt wirklich so) passieren. Inzwischen bin ich doch einigermaßen müde geworden und schaue nach Alternativen zu Vitte/Hiddensee, unserem eigentlichen Ziel. Da gibt es an Steuerbord den kleinen Lotsenhafen Barhöft. Ich steuere das schmale Fahrwasser bis in den Hafen rein und schaue mich um. Alles voll. Nur links hinten noch ein Platz an Bojen. An Bojen festmachen, das kann ich als Alleinfahrer schlecht, also umgedreht und wieder raus aus dem Hafen. Jetzt bleibt nur noch, wenn ich nicht gleich durchfahren will bis Stralsund, ein Hafen vor Vitte. Da bietet sich Schaprode an, auf der Insel Rügen, gleich gegenüber von Hiddensee. Immerhin, das wäre eine Stunde weniger Fahrtzeit. Also machen wir das. Wenigstens sind wir jetzt in den Bodden und haben Landschutz. Der Wind weht zwar immer noch kräftig, aber die Wellen sind viel kleiner und Miss Marple pflügt da so durch. Endlich, gegen 18.00 Uhr machen wir am Steg in Schaprode fest. Puuh! Das war eine langer Ritt!

Schaprode war früher ein kleines Fischerdorf. Es gibt noch ein oder zwei Fischkutter, aber sonst lebt der Ort heute vom Tourismus. Der Bootshafen wird vom Schaproder Anglerverein betrieben. Außen am Steg die Sportboote und Gastlieger, auf der Innenseite Dutzende kleine Anglerboote mit Außenborder und speziellen Vorrichtungen zum Profi-Angeln. Sportangeln mit zahlenden Gästen scheint hier sehr beliebt und auch profitabel zu sein, die meisten Boote sehen schick und modern aus. Nebenan befindet sich der kleine Fährhafen, von hier aus kann man nach Vitte auf Hiddensee übersetzen, aber auch große Fahrgastschiffe aus Stralsund legen hier regelmäßig an. Es herrscht ein ziemlich reger Betrieb im Hafen. Erinnert so ein bisschen an Norddeich, nur etwas kleiner. Zu den Abfahrtzeiten der Fähre kommen die Feriengäste mit Kind und Kegel und Rollenkoffern vom Parkplatz herüber, bei Wind und Wetter, oft regnet es auch noch; sie tun mir Leid; so haben sie sich ihre Ferien bestimmt nicht vorgestellt. Ich kann alles gut beobachten, denn wetterbedingt bleibe ich im Hafen. Der Wind kommt einfach nicht zur Ruhe, tagelang bläst er frisch bis stark aus Nord bis West. Miss Marple liegt gleich vorne an einem der ersten Stege im Hafen. Der Wind treibt kurze, steile Wellen in den Sund, die bringen die Boote kräftig ins Schaukeln. Weiter hinten wäre es ruhiger gewesen, aber da ist alles mit Dauerliegern besetzt. Die Angler wissen wohl, warum sie die Gastlieger vorne hinpacken. ;-) Größere Ausflüge kann man bei dem Wetter nicht machen, aber zwischendurch scheint auch immer mal ein Stündchen die Sonne und lädt zum Spaziergang in der schönen Umgebung ein.

7. Juli. Es wird Zeit, dass wir weiter fahren. Drei Tage im Hafen sind nun wirklich genug. Eigentlich wollten wir ja Rügen im Norden umrunden und die Kreidefelsen von See aus bewundern. Leider lässt die Wetterlage das nicht zu. Es weht immer noch mit fünf Windstärken, und deshalb fahren wir jetzt nach Stralsund, also weitgehend unter Landschutz in den Boddengewässern und im Strelasund. Die kurzen, steilen Wellen steckt Miss Marple ganz gut weg. Das Fahrwasser ist z.T. recht schmal, aber gut bezeichnet mit Tonnen, man kann sie nur nicht immer so leicht erkennen bei den Wellen und Schaumkronen. Hin und wieder kommt uns ein Segler entgegen und rauscht in voller Fahrt an uns vorbei. Ganz schön mutig, in dem schmalen Fahrwasser zu segeln, findet der Motorbootfahrer. Aber alles geht klar, wir passieren eng auf eng, winken kurz und weg. Nach drei Stunden Fahrt machen wir mittags fest im Stadthafen der alten Hansestadt Stralsund - mit Blick auf die gegenüber liegende alte “Gorch Fock“. - Ein kurzer Spaziergang über Kopfsteinpflaster und über schöne, glatte Granitplatten auf den Bürgersteigen, und schon sind wir auf einem Marktplatz von beeindruckender Größe, viereckig, umstanden von schönen alten Backsteinbauten und Bürgerhäusern. In der Mitte in den Boden eingelassen ein Springbrunnen, der alle paar Augenblicke eine Fontäne hoch spritzt, zum Gaudi der spielenden Kinder. 

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Winnie

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