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Bolivien - Lärm und Zucker

Veröffentlicht: 09.02.2019

Als wir in Potosi aus dem Bus steigen fühlen wir uns sofort wohl. Die Stadt ist lebendig und hier blüht das echte bolivianische Leben und somit unterscheidet sie sich sehr von Uyuni, die viel touristischer war. Übersetzt beutetet Potosi = Lärm und das beschreibt die Stadt ganz gut. Autos, Lastwagen und Kleinbusse kämpfen sich gegeneinander im chaotischen Straßenverkehr ab und meistens sind die Straßen mit Fahrzeugen verstopft. Potosi liegt am Fuße des Berges Cerro Rico und ist sehr hügelig: die alten Busse schaffen es gerade so die Hügel hoch und stoßen dabei dicke Rauchwolken aus, wir müssen öfters husten.


Bekannt ist Potosi für seine Silberminen, durch welche die Stadt im 17. Jahrhundert reich wurde. Das Silbervorkommen ist zwar fast erschöpft, dennoch sind die Minen noch in Betrieb und die Ressourcen des Berges werden bis zum Ende ausgenutzt. An den Arbeitsbedingungen hat sich zu früher nicht viel verändert: Tage- manchmal monatelang, sind die Minenarbeiter unter der Erde, sie arbeiten gebückt in niedrigen Tunneln unter großen Gesundheits- und Unfallrisiken. Viele halten die Arbeit nur mit Tabak, Koka und Alkohol aus und nur die wenigsten werden alt. Auch wir wollen uns den Berg Cerro Rico mit seinen Minen anschauen, wir buchen allerdings keine Tour und gehen deswegen nicht in die Minen hinein. Der Berg streckt sich in Rot- und Brauntönen in den Himmel mit silbernen und grauen Flecken dazwischen. 


Es ist alles öffentlich: wir können hochlaufen und befinden uns direkt zwischen den Minenarbeitern. Diese wohnen in kleinen zusammengeschusterten Lehmhütten, die von ihren Hunden streng bewacht werden. Wir sehen Eisenbahnschienen, die in den Berg hinein führen, vollgeladene Lastwagen und Arbeiter, die Eisenbahnwagons ausleeren. Wir entscheiden uns dazu bis zum Gipfel des Berges Cerro Rico hochzulaufen. Davor machen wir noch eine Essenspause und genießen die Landschaft.


Der Aufstieg auf den Gipfel ist einfacher gesagt, als getan. Potosi liegt schon auf einer Höhe von 4.000 Meter auf der Hochebene Altiplano, die als karge und steppenhafte Gegend beschrieben werden kann. Zum Gipfel sind es weitere 700 Höhenmeter: doch aufgrund des niedrigen atmosphärischen Drucks ist jeder Schritt viel anstrengender und man hat das Gefühl nicht atmen zu können. Zufällig treffen wir einen Tschechen, der ebenfalls in unserem Hostel wohnt, und er schließt sich uns an. Die Aussicht auf Potosi und die umliegenden Berge wird immer schöner je höher wir kommen und wir sehen sogar in der Ferne schneebedeckte Gipfel. 


Für Miriam ist auf 4.600 Meter Schluss: sie kann nur noch schwer atmen und entschließt sich lieber auf Grund der Höhenkrankheit an diesem Punkt zu warten. Jakob klettert mit dem Tschechen noch den Gipfel hoch, doch am Abend merkt auch er die Strapazen und wir liegen gemeinsam platt im Bett und verzichten sogar auf ein Abendessen. Beim Abstieg winkt uns ein Minenarbeiter zu sich her und wir haben eine sehr nette Unterhaltung in gebrochenem Spanisch. Der vom Staub weiß gepuderte Mann war wirklich sehr sympathisch und wollte sich tatsächlich nur mit uns unterhalten. 

Wir lassen uns durch die Straßen von Potosi treiben, entdecken eine riesige Markthalle, wo wir Kaffee trinken und lernen Erich, einen 60 Jahre alten Franzosen aus unserem Hostel kennen, mit dem wir Tee trinken und anschließend Abend essen. Fast hätte es sich ergeben, dass wir uns den Truck zulegen, den sein Bruder überlegt zu einem sehr guten Preis zu verkaufen, da die Rücktransportkosten nach Frankreich alleine 4000€ ausmachen. Da die Unterlagen aber nicht vollständig sind und wegen Papierkram möchte er ihn dann aber doch nach Frankreich verschiffen. Zuerst sind wir enttäuscht, zu schön um wahr zu sein war das umgerüstete Feuerwehrauto, doch wer weiß zu was es im Nachhinein gut ist. So reisen wir mit dem Bus weiter nach Sucre.

Sucre ist die konstitutionelle Hauptstadt von Bolivien, auch wenn sich der Regierungssitz in La Paz befindet. Die Altstadt von Sucre ist sehr schick mit ihren weißen Häusern im Kolonialstil und liegt auf angenehmen 2.800 Metern. Und Essen in Bolivien hat uns zu Anfang viel Freude bereitet (siehe unten, wann das aufgehört hat). Es gibt viele riesige Märkte, wo sich die unterschiedlichsten Dinge finden lassen und auf denen man günstiges Essen kann. An fast jeder Ecke findet sich Street Food und es wird alles Mögliche angeboten. Für uns nicht immer einfach vegetarische Gerichte zu finden und gesund ist es meistens auch nicht, denn vieles wird frittiert. Jedoch kann man sich für ein paar Euro durch unterschiedliche Snacks futtern: es gibt Humitas (in Maisblätter eingewickelter Mais mit Käse), Empanadas (Teigtaschen), Fleisch mit Pommes, frisch gepressten Orangensaft oder Milchshakes, Eis, frittiertes Süßzeug, Stockbrot, Gelantine in Plastikbeuteln oder kreativ dekorierte Jogurt/Gelatine/Eismischungen mit Früchten und natürlich alle möglichen Früchte, wie die grüne Kaktusfrucht, welche wir als super erfrischend empfinden.  


Auch gibt es viele kleine Restaurants an denen "Almuerzo" (Mittagessen) dran steht, wo man für 10 Bolivianos (umgerechnet 1,20 Euro) ein Tagesgericht bekommt. Leider meistens mit Fleisch. Es macht uns viel Freue in die regionale Küche und das Land einzutauchen, doch es wird von einem kleinen Schatten überdeckt, der sich Vinchunca nennt. Abbildung aus Wikipedia:


Nicht der Stich der Raubwanze ist gefährlich, sondern ihr Kot, welcher jahrelang infektiös bleiben kann. Er wird über Essen, Tiere und Menschen übertragen und gelangt er in die Schleimhaut, kann man die Chagas Krankheit bekommen. Oft merkt man gar nicht, dass man infiziert ist, jedoch vergrößert sich das Herz im Alter und man erleidet unter Umständen den plötzlichen Herztod. Jeder vierte Bolivianer ist infiziert. In Bolivien gibt es keine Hygiene: das Fleisch wird nicht gekühlt und liegt lose herum, die Hände der Menschen sind schmutzig und wir werden ein wenig paranoid, obwohl die Wahrscheinlichkeit an der Chagas-Krankheit zu erkranken für Touristen "anscheinend" nicht besonders hoch ist, insbesondere in höher gelegenen Regionen wie Sucre oder Potosi. 

Zuerst wohnen wir in Sucre bei einer Einheimischen, mit der wir wenig Kontakt haben, aber auf deren Hund und Katze wir aufpassen und später ziehen wir in die Innenstadt um: dort finden wir uns in einem sehr entspannten Hostel/Sprachschule wieder, indem viele Gäste Spanisch-Kurse belegen. Morgens sitzen alle gemeinsam an einem Tisch und frühstücken. Miriam ist so mutig bei Jakob einen Friseurbesuch zu buchen und schnipp schnapp, sind ihre Haare ab. Jakob findet einen Schuhmacher, der seine ausgetretenen Latschen mit Löchern tatsächlich noch retten kann. Wir schauen uns die Innenstadt an, die mehr oder weniger spektakulär ist und in hellem Weiß erstrahlt. Abends kochen wir und essen zum Nachtisch Pudding aus dem Plastikbecher, welcher aus dem Tiefkühlregal des Supermarktes stammt, welcher eigentlich gekühlt ist, uns dann aber trotzdem einen Strich durch die Rechnung macht. Miriam wird krank, hat Fieber und Magendarm-Beschwerden. Zu diesem Zeitpunkt wissen wir noch nicht, dass der Pudding schuld ist. Wir ruhen uns also 2 Tage aus. Miriam geht es wieder besser. Jakob geht erneut einkaufen und bringt wieder 2 Pudding mit. Miriam verzichtet diesmal, Jakob isst beide genüsslich auf und ist am nächsten Tag auch krank. Wieder 2-3 Tage liegen wir im Bett. Als es uns endlich besser geht, wagen wir uns allmählich wieder nach draußen und gehen mit ein paar anderen aus dem Hostel auf den Fischmarkt der Stadt, wo wir alle einen großen gebratenen Flussfisch essen und Apfelsaft trinken. Gegessen wird, wie die Einheimischen das auch machen, mit der Hand. Wir nehmen die Stimmung und die Umgebung in uns auf, die uns gut gefällt. Eigentlich wollten wir noch wandern gehen, aber wir entscheiden uns direkt weiter zur Hauptstadt "La Paz" zufahren, auch um die schlechte Verfassung hinter uns zu lassen und frisch zu starten.


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