Reisefischer Kanada
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#23 Problemchen

Veröffentlicht: 14.01.2023

Huhu, da bin ich wieder und ich denke, dieser Blog wird auch wieder lang, da ich mich bestimmt auch beim Schreiben in eine gewisse Thematik reinsteigern werde, aber dazu später mehr.

Letzten Samstag wollte ich eigentlich unseren Nachbarn Peter besuchen, da ich erstens sein Haus mit den großen Fenstern und der dadurch hammergeilen Aussicht liebe und zweitens dachte ich mir, dass er ziemlich alleine ist und etwas Gesellschaft bestimmt ganz nett ist. Allerdings sollte ich vorher noch mit den Hunden Gassi „gehen“ (wir fahren immer mit den Quads Gassi), damit sie lernen auch auf meine Kommandos zuhören. Ich bin also losgefahren und boah Daisy ist gefühlt seit einigen Wochen in ihrer Hundepubertät angekommen. Sie interessiert sich absolut null dafür, wenn du verschiedene Kommandos sagst und dann läuft sie fünf Meter, bleibt stehen, wartet und dann tippelt sie wieder und Trooper möchte halt die ganze Zeit weiter. Ich habe Daisy dann auch ein Stück auf dem Quad mitgenommen, bevor ich sie wieder abgesetzt habe. Dann waren wir kurz vor dem Ende der Straße, wo ich umdrehen wollte, um nach Hause zu fahren und dann hat Trooper irgendeine Sache gerochen und zack – weg war er und plötzlich hatte Daisy auch eine Energie in sich entdeckt und ist direkt hinterher. Ich bin dann zehn Minuten den Hundespuren gefolgt, aber da ich nicht die richtige Kleidung für den tiefen Schnee hatte, bin ich erst mal wieder zurück. Fatih und ich sind dann noch mal gemeinsam los und konnten sie aber auch wieder nicht finden. Daraufhin ist Jenny los und dann hat man halt gemerkt - sie ist die „Mama“ der beiden, denn sie hat sie beide wieder gefunden, da die Hunde auf ihre Rufe gehört haben. Wie du siehst, die Hunde sorgen immer wieder für etwas Stress hier, vor allem, da sie diesmal in eine Richtung abgehauen sind, wo auch Fallen von dem Idioten (der die Tiere aus Spaß schießt) liegen (könnten). Allerdings habe ich durch die ganze Suchaktion das Treffen mit Peter auf Sonntag verlegt und so hatte ich genug Zeit, um unseren „Kettensägentisch“ ein Update zu geben. Der deutsche Sicherheitsbeauftragte in mir fand die Konstruktion nämlich absolut nicht sicher und ein weiterer positiver Punkt ist: Jetzt haben wir endlich Feuerholz in einer einheitlichen Länge. Du kannst dir nicht vorstellen, wie anstrengend und nervig es ist, wenn das Holz manchmal 30 cm, manchmal 15 cm oder 20 cm lang ist. Das ist absoluter Bullshit zum stapeln und dieses Problem ist jetzt behoben. Am Sonntag habe ich dann Peter besucht und das Schönste, was er gesagt hat war, dass er unser Gespräch wirklich genießt. Ach, das hat mich ja schon etwas stolz gemacht. Mein Englisch ist absolut nicht perfekt und ich mache bestimmt in jeden zweiten Satz einen grammatikalischen Fehler, aber diese Aussage hat mir gezeigt, dass ich schon sehr viel Englisch (für meine Verhältnisse) gelernt habe und das hat mich etwas stolz gemacht. Allerdings hat Peter den Satz dann auch fortgeführt mit: "Weißt du Sam, wenn du niemanden mehr hast, dann fühlst du dich allein.“ Das war wiederum richtig traurig und das war ja auch ein Grund, weshalb ich ihn besucht habe. Und ich weiß, manchmal ist es echt hart und anstrengend, mit älteren Generationen zu reden, vor allem wenn sie sehr versteift in ihrem Gedankengut sind, aber hier eine kleine Erinnerung: Ruf mal bei deinen Großeltern oder Eltern an und quatscht mit denen, vielleicht fühlen sie sich auch manchmal allein. Ein weiterer Vorteil ist: Diese Personen haben ihre Jugend ohne das Internet überlebt (Ja, liebe noch jüngere Generation, das geht. Einer meiner größten Schockmomente war, als mir eine Schülerin gesagt hat, dass sie im Durchschnitt neun Stunden am Tag auf TikTok ist.....so viel Lebenszeit - Für was? Irgendwelche Videos?) und haben daher sehr viel Erfahrung und Tricks bei verschiedenen Sachen, da sie eben nicht bei jedem Problem Google befragen konnten und dieses Wissen weiterzureichen, ist ein sehr wichtiger Schritt, um verschiedene Sachen zu lernen. Am Montag hatte ich solch ein Vergnügen, denn ich sollte zu einem anderen Nachbarn fahren und ihn bei der Reparatur seines Quads helfen. Davor sollte er mir aber noch zeigen, wie man eine Kettensäge schleift und reinigt. Das war ein richtiger Perspektivwechsel für mich, da ich in der Rolle des Schülers war und eine richtig gute Technikstunde mit meinem Nachbarn hatte :D Das hat richtig Spaß gemacht, da es einfach auch praktisches Wissen ist, was meiner Meinung leider viel zu kurz in der Schule kommt. Bei der Reparatur des Quads konnte ich aber nicht wirklich helfen, ich war eher für die Unterhaltung da, denn auch dieser Nachbar ist alleine und hat niemanden und so unterhielt ich ihn lediglich und schaute ihn dabei zu, wie er sein Quad repariert hat. Sonst waren Fatih, Jenny und ich am Montag noch wandern und haben die ersten Tarnzelte für die Fotografen aufgestellt und Köder ausgeworfen. Wir haben glücklicherweise neben Kojoten auch Luchsspuren gesehen und sind daher zuversichtlich, dass dies ein guter Ort sein könnte. Allerdings ist das Problem, dass wir bisher überall nur vereinzelt Luchsspuren gesehen haben, aber noch keine Luchse direkt. Wir hoffen daher wirklich, dass wir nächste Woche welche sehen. Die Kunden*innen möchten keine Wölfe, Füchse oder Kojoten sehen, sie möchten Luchse sehen. Weiterhin haben wir das Problem, dass wir keinen frischen Schnee bekommen. Es schneit halt immer auf den Bergen, aber durch die Bergketten gibt es spezielle Winde, die dafür sorgen, dass wir hier den Schnee nur sehr selten abgekommen und der Schnee um uns herum zirkuliert. Ein anderes Problem ist weiterhin, dass es einfach viel zu warm ist. Normalerweise sind Temperaturen um die minus 20 °C im Januar normal. Heute (Freitag) waren es einfach 3 °C - Klimawandel lässt grüßen. 

Nachfolgender Absatz könnte durch einen aufgewühlt schreibenden Samuel etwas ausarten:

Am Dienstag ist Jenny in die Stadt gefahren. Vorher hat sie Fatih und mir eine Liste geschrieben mit Arbeiten, die getan werden mussten. Ich fing also an, diese Liste abzuarbeiten, während Fatih sich ein großes Frühstück zubereitete und anschließend ein Telefonat hatte. Danach ist er in sein Häuschen verschwunden, bevor er für das nächste Telefonat zurückkam. Währenddessen habe ich die ganze Zeit gearbeitet und ich habe mich gefragt, wann er eigentlich mal anfängt zu arbeiten. Er hat dann tatsächlich um halb vier (wir arbeiten immer bis um fünf) angefangen. Dabei bestand seine Arbeit daraus, zweimal mit dem Quad Holz aufzuladen und mit den Hunden Gassi zu gehen und das war es. Oh, du kannst dir nicht vorstellen, wie angepisst ich war, da ich mir ganze Zeit dachte: Hoffentlich ist er ehrlich zu Jenny und erzählt ihr, dass er nicht so viel gearbeitet hat. Aber dann habe ich mir auch gesagt: Morgen ist ein neuer Tag, morgen bin ich nicht mehr sauer auf ihn und damit hat sich die Sache – dachte ich mir. Denn Jenny ist über Nacht in der Stadt geblieben und das hieß auch wiederum, dass sie erst spät am Mittwoch zurückkommen wird. Das war für Fatih gefühlt wieder Motivation genug, nichts zu machen. Obwohl, nichts ist vielleicht ungerecht..er hat schon gearbeitet, aber vielleicht maximal zwei Stunden und ich kann dir noch nicht einmal sagen was. Ich habe mir dann gesagt: Okay, wenn er Jenny die Wahrheit sagt, ist das für mich okay und ich ärger mich nicht darüber. Sollte er aber nicht die Wahrheit sagen, dann muss ich (und ich weiß, keiner mag das) ein Arschloch sein und ihn verpetzten. Denn du kannst ja mal für dich selbst überlegen, wenn du deine acht Stunden am Tag wirklich hart arbeitest und dein Kollege nicht und dies aber nicht sagt und somit für diese zwei Tage voll bezahlt wird, dann würdest du das wahrscheinlich auch sehr unfair finden. Jenny kam dann am Abend zurück und nach ein paar anderen Geschichten hat sie dann gefragt, wie die Arbeit so lief und dann hat Fatih eiskalt gesagt: "Ja, Arbeit war gut, nur ein wenig kalt." Und das war der Moment, wo ich wusste, dass ich leider das Arschloch sein muss. Als Fatih dann ins Bett gegangen ist, habe ich Jenny um ein Gespräch gebeten und das kann ich dir sagen, ich war glaube noch nie so sauer in Kanada. Es ist für mich noch nicht mal das Lügen. Jeder Mensch lügt, auch ich und ja lügen ist kacke, aber ich sage mir auch: Okay, was gestern war, war gestern und heute ist ein neuer Tag und damit hat sich die Sache (Also natürlich klappt das nicht immer 100%, das ist echt hart zu lernen, aber ich habe hier ja gerade auch eine gute Möglichkeit das zu trainieren :D), aber das er es nicht sieht, wie unfair es mir gegenüber ist und das er Jenny eigentlich wirklich um ihr Geld bescheißt, das hat mich so sauer gemacht. Jenny hat am Donnerstagmorgen mit ihn darüber geredet und das Beste daran ist, dass er jetzt absolut sauer auf mich ist, weil ich ihn „verraten“ habe. Am liebsten hätte ich ihn ja gefragt, ob er es gerecht finden würde, wenn Jenny mich für meinen freien Samstag und Sonntag voll bezahlen würde – vermutlich nicht. Und dass er die Schuld bei mir und nicht bei sich selbst sieht, zeigt mir eigentlich auch, dass sein Alter von Ende zwanzig wirklich nur eine Zahl ist und seine geistige Reife absolut nicht widerspiegelt.

Du musst dazu wissen. Das Verhältnis zwischen uns ist seit Anfang des Jahres immer weiter abgekühlt. Er ist auch jemand, der gerne Sachen erzählt, die einfach nicht der Wahrheit entsprechen oder er äußert Ideen, die von mir stammen und versucht sie als seine zu verkaufen. (Herrlich, vor allem da Jenny schon zum Glück von meiner Idee wusste und daher im Gespräch auch wusste, dass Fatih nicht die Wahrheit sagt.) Mit Fatih gibt es schon seit einiger Zeit Probleme und er hat mir die Schuld für diese Probleme gegeben, was halt absolut ungerecht mir gegenüber ist, da er und nur er allein für sein Leben verantwortlich ist und ich absolut nichts damit zu tun habe. Seit einiger Zeit habe ich auch das Gefühl, dass, wenn wir zu dritt unterwegs sind, er versucht sich über mich zu stellen und so eine Art Rangordnung herzustellen. Für mich absoluter Bullshit. Wir sind beide hier ganz normale Arbeiter und keiner hat hier irgendwie das Recht, sich über einen anderen zu stellen. Diese neuen Ereignisse haben nun dazu geführt, dass er gar nicht mehr mit mir geredet hat, aber ganz ehrlich – Ich bin hier, um das größte Abenteuer meines bisherigen Lebens zu leben und da gebe ich wirklich ein Scheiß auf so etwas und ja, wenn ich darüber rede (oder wie in diesem Fall schreibe), dann kann ich mich da sehr gut reinsteigern, aber im Großen und Ganzen ist mir das scheiß egal. Ich bin hier, um Geld zu verdienen und dafür muss ich arbeiten. So einfach ist das.

Ende des leicht ausgearteten Teil.

Bei den drei Wanderungen, die wir am Donnerstag noch hatten, haben wir an dem Spot, an dem wir am Montag waren, sehr viele neue Kojotenspuren gefunden, allerdings keine frischen Luchsspuren. Dafür haben wir einen anderen Spot mit sehr frischen Luchsspuren gefunden. Also ich bin sowohl mit Spuren von Wölfen, Kojoten und Luchse zufrieden, da es für mich eine sehr spannende Erfahrung wird, diese Tiere hier in der freien Natur zu sehen, aber die Kunden zahlen halt viel Geld für Luchse und daher liegt die absolute Priorität auf Luchsspuren, die wir ja glücklicherweise vereinzelt schon gefunden haben. Damit der Beitrag nicht so ganz krass ausartet, erkläre ich hier noch nicht, wie man die verschiedenen Tierspuren im Schnee erkennen kann. Jenny läuft immer voran und fragt dann, welche Spuren es sind. Auf ihre Scherzfrage bin ich leider reingefallen. Sie hat mich gefragt, was es für Spuren sind und ich habe Hase gesagt, da ich dachte, ich erkenne die zwei Beine und den Buschelschwanz.....am Ende war es einfach nur Schnee, der vom Baum heruntergefallen ist und joar – kurz dumm gefühlt :D

Heute am Freitag geschah dann tatsächlich eine Überraschung für mich. Fatih kam auf mich zu und hat mich gefragt, warum ich ihn „verpetzt“ habe und ich habe ihn meine Position erläutert. Okay, er hat sich nicht entschuldigt und hat behauptet, er hat eine höhere Position als ich hier, aber das habe ich alles müde weg gelächelt, soll er denken was er möchte, da ich weiß, dass es für ihn ein großer Schritt war und den wollte ich ihn in diesen Moment dann halt gönnen. 

Weiterhin stand heute eine große Herausforderung für mich an. Ich musste alleine mit dem Quad über den See waren, da wir am Ende des Sees auch einen Spot haben und dort ein neuer Köder ausgelegt werden musste. Ich sag mal so, wenn die Musik laut genug ist, dann hört man auch das Knacken des Eises nicht :D Ich habe dann 1 ½ h im Tarnzelt gesessen und gewartet, aber nichts kam - nicht einmal ein Vogel. Aber das ist ganz normal....ich werde vielleicht manchmal während der Workshops sechs Stunden dort sitzen und absolut nichts sehen. Von daher war es mal eine ganz nette Erfahrung.

Sonst musste ich heute noch mit den Hunden Gassi gehen und tatsächlich haben sie heute auf mich gehört und nach 20 Minuten waren wir alle drei gemeinsam zu Hause. Das war ein richtiger Erfolg für mich.

Und mit dieser Erfolgsnachricht endet nun dieser Blogbeitrag.

Bis nächste Woche.

Samuel

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