Veröffentlicht: 07.06.2022
Panorama Route
Bevor wir uns zu einem unserer großen Highlights, dem Kruger Nationalpark, aufmachen, fahren wir ein paar Tage die sogenannte “Panorama Route”. Wie der Name verrät, ist diese Teil des Landes besonders malerisch und bietet unzählige Panoramablicke auf die weite Landschaft. Bis hier ziehen sich die Drakensberge von Mpumalanga. Hier am nordöstlichen Teil fällt das Plateau, das Highveld, abrupt und steil ab. Uns eröffnen sich so viele atemberaubende Ausblicke auf die etwa 1000 Meter tiefer gelegenen Ebenen des Lowveld, das wir schon gar nicht mehr zählen können, wie oft wir angehalten und die Aussicht genossen haben. Neben den gut erreichbaren Aussichtspunkten (z.B. God’s Window) sind auch die zahlreichen Wasserfälle (Berlin Falls, Lisbon Falls, Mac Mac Falls u.v.m.) ein Muss auf dieser Strecke. Absolutes Highlight für uns war aber schließlich der Blyde River Canyon, der drittgrößte Canyon der Welt nach dem Grand Canyon und dem Fish River Canyon in Namibia (den wir im Dezember schon besucht haben). Die grün bewachsenen roten Sandsteinformationen erinnern aber in keinster Weise an die sandigen Wüstenkrater des Fish River Canyon. Unten schlängelt sich der tiefblaue Blyde River durch die 26 Kilometer lange Schlucht. Von dem Aussichtspunkt der “Three Rondavels” blickt man über den Canyon hinweg auf drei Rondavel-förmige, gewaltige Felsen, die an die runden Hütten der Einheimischen erinnern. Bei dem Blick nach unten sollte man aber wirklich schwindelfrei sein, denn auch wenn alles in Südafrika sehr gut ausgebaut ist, Absperrungen vor der 800 Meter tiefen Schlucht gibt es keine.
Kruger Nationalpark
Benannt nach dem früheren Präsidenten Paul Kruger liegt der Kruger Nationalpark im äußersten Nordosten Südafrikas an der Grenze zu Mosambik und Simbabwe. Mit fast 20.000 Quadratkilometer Fläche ist der Nationalpark eines der größten Wildtierschutzgebiete Afrikas und schon 1898 gegründet worden. Ihn einmal der Länge nach zu durchfahren dauert - unter anderem wegen der Geschwindigkeitsbegrenzung von 40 km/h, aber auch wegen der vielen wilden Tiere, die es zu sehen gibt - mehrere Tage. Wir arbeiten uns die 350 Kilometer vom südlichen Crododile River bis zur simbabwischen Grenze im Norden über sieben Tage verteilt hoch und sitzen dennoch täglich circa 6 Stunden im Auto. Über so eine lange Zeit konzentriert aus dem Fenster zu starren und den Busch zu scannen, wird auf Dauer ganz schön mühsam. Gleichzeitig ist es umso schöner, wenn plötzlich ein Tier zu erkennen ist!
Von den 147 im Park lebenden Säugetierarten, zu denen auch die “Big Five” - Löwe, Leopard, Spitzmaulnashorn, Büffel und Elefant - gehören, sehen wir im Süden des Parks am meisten. Vor allem die vielen verschiedenen Antilopen scheinen zu abertausenden über den riesigen Park verteilt zu sein. Von den großen, immer verwirrt dreinblickenden und den Kopf umherwerfenden Gnus - auf Afrikaans auch “Wildebeest” - über Kudus mit ihren riesigen Ohren, Nyalas und Buschböcke mit weißen Punkten und Streifen auf dem braunen Fell, Wasserböcken mit einem weißen Kreis um den flauschigen Popo bis hin zu den Unmengen an Impalas und den selteneren, kleinen Steinböcken ist alles dabei. Selbst die größeren Tiere wie Giraffen, Nashörner und Büffel, von denen man eigentlich meinen müsste, sie leicht entdecken zu können, sind unfassbar gut getarnt. Oft bemerken wir auch erst im Vorbeifahren einen riesigen Elefanten zwischen den Büschen und müssen schnell abbremsen und ein Stück zurückfahren. Auch die riesigen, meterhohen Giraffen verschwinden schnell mal hinter einem Busch, wenn sie sich hinunterbücken, um ein paar stachelige Zweige zu fressen. Umso schwieriger ist es, eine Raubkatze wie Löwen, Leoparden und Geparden oder auch Wildhunde und Hyänen zu entdecken. Schnell merken wir, dass zu einer Safari immer auch eine ordentliche Portion Glück gehört. Es gibt Tage, an denen wir außer ein paar Zebras, Giraffen und Elefanten nur die vielen Impalas am Straßenrand entdecken. Manchmal haben wir aber auch mehr Glück. Sobald man ein Auto irgendwo anhalten sieht, ist das ein gutes Zeichen, dass dort etwas wortwörtlich im Busch sein könnte. Oft rufen die freundlichen Südafrikaner:innen auch direkt aus dem offenen Fenster, was sie denn gerade dort erspäht haben, so dass man nicht lange mit dem Fernglas suchen muss.
So kommt es, dass wir bereits am ersten Tag nach nur etwa zwei Stunden im Park ein paar Autos am Straßenrand sehen. Noch bevor wir neben ihnen halten, entdecken wir, was sich hinter ihnen in den Büschen abspielt. Zwei Löwen, die sich auch durch den Regen nicht vertreiben lassen, liegen entspannt im Gras und blicken uns neugierig an. Ihre Mähnen sind gigantisch und wir könnten eine Ewigkeit damit verbringen, sie einfach nur anzuschauen und ein paar Fotos zu schießen. Da man aber spätestens zum Sonnenuntergang im Camp sein muss und für die Schotterpisten einige Zeit einplanen sollte, machen wir uns irgendwann auf den Weg, nur um kurze Zeit später wieder auf eine Autoansammlung zu treffen. Während ich noch zu Maxi sage, wie toll es wäre, jetzt noch einen Leoparden zu sehen - denn das sind die am schwierigsten zu entdeckenden Tiere der Big Five -, baumelt neben uns ein langer gefleckter Schwanz vom Baum herab. In der Baumkrone hat es sich ein Leopard gemütlich gemacht, der dort oben genüsslich etwas verspeist, was vermutlich mal ein Impala war. Im Gegensatz zu Löwen und Geparden ziehen Leoparden ihre Beute ein paar Meter in Bäume hoch, um sie dort zu fressen, wo sie die Umgebung gut im Blick haben und nicht von Hyänen oder anderen Tieren gestört zu werden, die vom Geruch nach Blut unwillkürlich angelockt werden. Während die Geier schon über dem Baum kreisen - gierig wartend, dass sie sich auf die Reste des Aas stürzen können - streift eine getüpfelte Hyäne lauernd vor uns durch die Büsche. Der Leopard lässt sich davon nicht stressen und frisst noch etwa eine Stunde die letzten Überreste des Tieres, dessen lange, knochige Beine von den Ästen herunterragen. Irgendwann scheint er satt zu sein und springt mit blutig verschmiertem Maul auf ein paar höher gelegene Äste. Im Sprung sieht man seinen gewölbten Bauch. Ein Wunder, dass er sich damit überhaupt noch bewegen kann und nicht direkt in ein Fresskoma gefallen ist.
Ein paar Tage später haben wir auf dem Weg nach Norden noch einmal einen richtig guten Safaritag. Schon nachts haben wir die Löwen aus einiger Entfernung brüllen gehört und treffen sie am nächsten Morgen, nur einen Kilometer vom Camp entfernt, auf der Straße an. Neugierig streichen zwei Löwinnen um unser Auto, während es sich drei Löwen in einiger Entfernung im Gras gemütlich gemacht haben. Einer wälzt sich genüsslich auf dem Rücken herum und streckt uns den haarigen Bauch entgegen, während sich ein anderer von der Sonne geblendet in den Schatten des großen Busches verzieht.
Dabei bleibt es an diesem Tag aber nicht. Während wir uns unterwegs noch über Hippos und Krokodile in einem Fluss freuen und ein paar Büffel und Elefanten entdecken können, fällt uns nachmittags auf dem Weg zum nächsten Camp etwas auf der Straße auf. Im Näherkommen entdecken wir, dass es sich zwei kleine Hyänenbabys auf der von der Sonne gewärmten Teerstraße gemütlich gemacht haben. Aus großen Augen blicken sie uns an und sehen dabei so unfassbar niedlich aus, dass man sich gar nicht vorstellen kann, wie sie in kurzer Zeit zu fiesen, blutrünstigen Tieren werden sollen.
Nach einer Woche im Kruger haben wir nicht nur alle Big Five gesehen, sondern auch sämtliche Straßen des riesigen Parks abgefahren, hunderte Bilder gemacht und so viele Löwen gesehen wie bisher auf unserer gesamten Reise zusammen. Nashörner erwarten uns in Botswana sicher noch einige, deswegen sind wir nicht traurig, nur eines von ihnen gesehen zu haben. Für den Kruger sollte man sich auf jeden Fall mehr als nur ein paar Tage Zeit nehmen, denn mit viel Zeit und Geduld sieht man irgendwann immer ein paar Tiere. Und natürlich mit ganz viel Glück.