Marc El Viajero
Marc El Viajero
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Silvester in Buenos Aires

Veröffentlicht: 24.01.2019

An dieser Stelle schreibt aus aktuellem Anlass die Gastbloggerin Mama Viajera ein paar Beiträge von unseren gemeinsamen Abenteuern in den vier Wochen in Argentinien und Uruguay im Dezember.

Die Bilder sind von mir.

Meine Beiträge folgen weiterhin mit der üblichen Verspätung.

Frohe Ankunft in unserem Airb&b: Stromausfall! Der Lift geht nicht (Klimaanlage - über 30Grad - natürlich auch nicht). Wir wohnen im 12. Stock!!!! Magst du den Koffer (ca. 18kg) tragen? Fragt Marc unschuldig. Mag ich nicht! Zum Glück eilt der Concièrge zur Hilfe. Der Schweiss rinnt ihm nur so von der Stirn... Heute müssen wir nochmals runter, wollen wir nicht verhungern. Die Dusche spendet auch nur kaltes Wasser. Erfrischend immerhin! Soweit unser "Empfang" in BA. Weil uns der Concièrge Strom auf Mitternacht in Aussicht gestellt hat, weigere ich mich, nach dem Nachtessen vor Mitternacht nach Hause zu gehen. Es lohnt sich. Der klapprige Lift fährt uns ab da die nächsten Tage zuverlässig rauf und runter. Unser Airb&b ist sauber, ruhig und sehr gut gelegen beim Obelisco.

Am ersten Tag lässt Marc sich überreden zu einer Touristen Stadtrundfahrt im Hop-On/Hop-off-Bus. In der riesigen 12Mio. Metropole gibt das einen guten Überblick (wo fängt man sonst an, wenn man nur 4 Tage hat???). Zum Abschluss wollen wir uns noch das 1908 gebaute Teatro Colón ansehen. Es soll weltweit eines der schönsten und das mit der besten Akustik sein. Pech gehabt. Alle Besichtigungstickets sind ausverkauft und die nächsten 2 Tage ist geschlossen. Unsere Enttäuschung verdauen wir mit einem riesigen Stück Schockoladentorte und Kaffee im Opernkaffee. Beim Verlassen des Hauses spricht uns ein Mann in gemischtem spanisch-englisch an. Er habe 2 Karten für das eine Stunde später beginnende Ballett und nun sei seine Frau (oder Kind?) krank geworden. Er schenke uns die Karten. Ich komme mir vor wie im Märchen und hätte ihn umarmen und verküssen können. Stattdessen reichte es vor lauter Freude nur für ein herzliches Dankeschön und er war weg. Noch nicht mal gute Besserung haben wir wünschen können. Nun hieß es in unseren Freizeitkkeidern aber Spurt in unser Wöhnigli, ultrakurze Dusche, rein in unsere "Ausgehkleider" (Marc hatte sich für die Weihnachtsparty extra ein elegantes schwarzes Hemd gekauft) und Spurt zurück. Es reichte. Wir konnten vor der Vorstellung den stilvollen Raum voll warmem Licht geniessen. Übrigens hat das 1908 mit Verdis Aida eröffnete Theater neben 2500 Sitz- auch 1000! Stehplätze. Erst auf meinem Sitz realisierte ich, dass wir nicht mal wissen, was gespielt wird. Und es war nicht irgendetwas, sondern der vor allem zur Weihnachtszeit aufgeführte Klassiker "Der Nussknacker" von Tschaikowski. Traumhaft, die Tänze, Choreografie, Kulissen, das Licht, einfach alles. Beide sind wir total begeistert und dem unbekannte Spender sehr dankbar.

Nach dem Ballett fuhren wir ins Quartier Palermo, wo ich als Überraschung für Marc bei der Colectivo Felix das Nachtessen gebucht hatte. Das Lokal ist eine sogenannte "Puerta cerrada" (geschlossenen Tür). Entstanden sind diese in der grossen Wirtschaftskrise anfangs des 21.Jh., als viele arbeitslose Köche nach Europa gingen und bei guten Köchen in Frankreich und Spanien lernten. Seit sie zurück sind (und wohl kein Geld für ein "richtiges" Restaurant hatten), laden sie sozusagen in ihr Wohnzimmer ein. Ein gewisser Qualitätsstandard darf vorausgesetzt werden. Vor allem aber dreht sich hier nicht alles ums Fleisch. Uns hat jedenfalls das 6-Gangmenü, stets begleitet vom passenden Wein, sehr geschmeckt.

Am 2. Tag - Silvester - lassen wir uns vom Taxi ins Quartier La Boca fahren. Taxis sind hier ein wichtiger Bestandteil des Strassenverkehrs und günstig. Etwa 36000 Taxis soll es in BA geben. In La Boca leben vor allem ärmere Einwanderer, ein Multikulti Stadtteil mit Menschen aus der ganzen Welt. Attraktiv und einmalig sind die Häuser aus Wellblech in den tiefbuntesten Farben. Eine Augenweide für mich als Farbenliebhaberin. Allesdings hat das ganze einen eher betrüblichen Hintergrund. Denn Wellblech war das billigste Baumaterial. Und weil die hier wohnenden Werftarbeiter oft in Naturalien bezahlt wurden, erhielten sie statt Geld Schiffslack, womit sie ihre Häuser bemalten. Wohl nicht eben das gesündeste Wohnklima.

La Boca hat noch einen andern Grund für seine Berühmtheit. Von hier bzw. vom hochdotierten Fussballclub Boca Juniors kommt Diego Maradona. Trotz aller Eskapaden bleibt er hier ein Gott und ist so omnipräsent wie der Papst Franciscus, der in BA gewirkt hatte. Leider können wir das Stadion der Mannschaft La Boca Juniors nicht besuchen, es ist wie fast alles in der Stadt an Silvester und Neujahr, geschlossen.

Gegen Abend die grosse Frage. Wo feiern wir Silvester? Niemand kann uns sagen, ob und wo etwas läuft. Zum Glück haben wir in unserem Appartement einen Apero genossen, denn wir finden nicht ein einziges offenes Restaurant und die Strassen sind ausgestorben auf dem Weg zum Hafen, wo wir mal schauen wollen, ob da was los ist. Immerhin, die Wahl ist richtig. Allmählich kommt Leben in die Gegend. Ad hoc Verkäufer bieten Bier und Empanadas (gefüllte Teigtaschen) an. So wird auch unser gröbster Hunger und Durst gestillt. Mit der Menge flanieren wir um das Hafenbecken, bewundern die Fussgängerbrücke des  Stararchitekten Calatrava und sichern uns schliesslich einen strategisch günstigen Platz für Mitternacht - noch immer unwissend, was dann sein wird. Die Spannung steigt. Um 23.52h donnern die ersten Raketen zum Himmel. Zum Jahreswechsel und noch lange danach kracht und leuchtet es rundum das Hafelbecken wie verrückt. Eines der Feuerwerke ist zwar eindeutig das grösste und am längsten anhaltende, aber wirklich durchkomponiert ist auch das nicht. Später höre ich jemanden sagen, daß es kein offizielles Feuerwerk gebe, sondern alles privat losgelassen werde. Wenn dem so ist, haben manche sehr tief in die Taschen gegriffen. Schön wars allemahl. Und sogar zu einem Schluck (warmen) Champagner aus der Flasche sind wir gekommen, weil wir einem Paar Platz gemacht hatten am Geländer neben uns und sie eben "Champagne to share" dabei hatten. Was mir auch an diesem Abend bewusst wird: BA ist eine recht sichere Grossstadt. Taschendiebstahl oder gar Überfälle wie in andern südamerikanischen Städten gibt es kaum. Das sei wegen der vielen Polizisten, sagte uns ein Taxifahrer. In der Tat stehen sie zu zweit oder dritt an allen Ecken.

Neues Jahr - auf zu neuen Entdeckungen. Wir machen eine wahrhaft spezielle. Ich möchte dem bekannten Friedhof Recoleta einen Besuch abstatten, vor allem um die letzte Ruhestätte der legendären Präsidentengattin, Argentiniens nach wie vor hoch verehrte Eva (Evita) Peròn, zu sehen (ich liebe das Musical Evita). In diesem Friedhof kann man vergessen, was man von Friedhöfen kennt. Recoleta ist eine Art Totenstadt. Die gemauerten Mausoleen reihen sich so dicht aneinander wie in der Stadt die Hochhäuser. Nur sind sie zumeist kunstvoller. Giebel, Türmchen und Verziehrungen schmücken die Grabmähler. Es dürften alles Familiengräber gut betuchter Porteños (so nennen sich die Bewohner der Stadt) sein, teilweise sind darin bis zu 6 Särge zu sehen, ganz zu schweigen von den unter der Erde Begrabenen. Eva Peròn, die im Grab ihrer Herkunftsfamilie Duarte beigesetzt ist, soll 5m unter der Erde beigesetzt sein. Das blumengeschmückte Grabmahl ist leicht zu finden, man muss nur dem Touristenstrom folgen. Die Bovedas genannten Grabbauten entstanden übrigens, weil das Grab bei Erdbestattungen nur 5 Jahre bestehen bleibt und die Argentinier als gläubige Katholiken die Kremation ablehnen. Trotz der Touristen ist der Friedhof Recoleta eine Ruheinsel und unbedingt besuchenswert.

Obwohl die Sonne heiss brannte, entschlossen wir uns, kurz bei der "Blume", dem Kunstwerk Floralis Genérica ein paar Fotos zu schiessen. Den letzten Abend gönnten wir uns nochmals ein richtiges Asado (Fleischplatte) und eine Tangoshow - was in BA natürlich ein Muss ist.

Am 2.Januar ist Mama Viajeros Abreise. Am Vormittag fotografieren wir nochmals die "neue" Hafenstadt. Just vor der Abreise braust der heftigste von uns in Argentinien erlebte Gewitterregen hernieder.

Die Zollabfertigung bestätigt, was ich während der ganzen Reise sagte: die Argentinier sind Weltmeister in der Ineffizienz. Eine Riesen-Menschenschlange wartet, von den etwa 10 Schaltern sind 8 besetzt aber höchstens 3 Beamte kontrollieren wirklich. Ich stehe über eine Stunde an, bis der Flug zum dringendsten Einsteigen ausgerufen wird. Hinter mir schliesst sich die Flugzeugtüre.

Ich wäre gerne noch geblieben, hätte den Puls von BA noch besser spüren wollen und Patagonien gerne gesehen. So Gott (nicht Maradona!) will, erhalte ich Gelegenheit für eine 2. Argentinienreise. Gracias, el Viajero, die 4 Wochen mit dir waren sehr schön. Buen viaje y hasta luego.


Ich, Marc El Viajero, bleibe noch einige Tage zum Ausruhen in BA. Das Tempo, mit dem Touristen reisen, die möglichst viel in die paar wenigen Wochen Ferien packen müssen, ist für einen Langzeitreisenden wie mich etwas hoch. 

So geniesse ich die Stadt, die Wärme, besuche einige sehr interessante Museen oder gehe fein essen im Trendviertel Palermo Soho.

Nach fast zwei Wochen in dieser Weltstadt gehts dann weiter in die Weinregion Mendoza.

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