Veröffentlicht: 14.06.2017
13. juni 2017
es war nich einfach, aus dem bett zu kommen, denn es war der ort, wo es warm ist, der einzige ort.ich wusste das, denn um sechs uhr hat meine blase gedrückt, ich bin aufs wc und schnell wieder zurück unter die decke. um sieben uhr dann, als es ans aufstehen ging, ... wie gesagt.
trotzdem, pünktlich um halb neun waren wir in der fundation, laura und ich. diana, die andere volontärin, arbeitet im kleinkinderhort, welcher anderswo untergebracht ist. sie muss bereits um acht jeweils anfangen.
wir haben den znüni vorbereitet. pro kind eine banane in einen becher geschnetzelt, mit joghurt übergossen und mit einem löffel versehen. dreizehn kinder, waren da, also nur wenige. so wurden laura und ich von marco zum aufräumen der baustelle abdelegiert. das problem auf der baustelle ist, dass überall sachen herumliegen, zum teil abfall, zum teil noch zu verwenden. der abfall selber ist oft erstmal zu trennen: holz, holz vernagelt, metall, plastik, alte zementsäcke, bauschutt, staub, röhrenreste, kartone usw.
im gegensatz zu schweizer baustellen, wo der abfall in einer mulde landet, liegt er hier vielleicht einfach mal mitten in einem raum drin oder genau an der wand, welche demnächst gefliest werden soll oder wo der stromer zugriff braucht. ein chaos, einfach gesagt. unser job war, das chaos zu ordnen und die demnächst benötigten wände und plätze freizumachen. daran haben wir am morgen gearbeitet sowie mit marco besprochen, was morgen zu tun ist. im erdgeschoss ist unter holzstapel ein haufen betonkies hervorgekommen, welcher vom güsel befreit und der hinter dem neubau ganz oben in den garten verlegt werden soll, um später diverese verbesserungen am weg zum hintereingang machen zu können. das wird dann morgen ein ziemliches auf und ab mit kübel in der hand. rauf gefüllt, runter leer. es wird seine zeit brauchen, aber irgendwann ist der haufen da oben und aus dem weg.
heute haben wir vor allem bauschutt umgeräumt und sortiert, sowie holz ausgenagelt. das aber nur vor dem mittag, danach haben wir kinder bei den husi betreut. viel habe ich heute nicht genützt, aber dem sebastiano konnte ich in mathe etwas helfen. er hätte in kettenrechnungen operationen finden müssen, welche sich aufheben und damit den ganzen term dann vereinfachen können. doch seine aufnahmefähigkeit war entweder sehr beschränkt, er sehr müde oder die ablenkung zu gross. vermutlich alles zusammen, jedenfalls liess er sich mit der zeit alles soweit erklären, dass ich der hausaufgabenlöser war. da hörte ich auf und ging weg. so musste er wieder etwas tun. dann half ich ihm wieder, bis er sich aufs schiffli falten verlegte. ich ging wieder. er tat wieder was und so weiter.
was ich gemerkt habe: er konnte nicht gut kopfrechnen. er musste zwar schon mit dezimalstellen rechnen, konnte aber 18,25 - 10,25 nicht im kopf ausrechnen. oder 4 mal 4.25 irgendwie schlau im kopf aufteilen, dass es schnell geht. nein, er musste es aufschreiben und dann nach gelerntem verfahren subtraktion schriftlich oder multiplikation a la ecuadoriana vorgehen. kopfrechnen scheint hier in der schule nicht geübt zu werden. mit unseren lehrmitteln und methoden ist das ein hauptanliegen: denken, studieren und den einfachen, logischen weg finden, weil man schon seit jeher mit allen möglichen tricklis arbeitet und die individuellen denkwege, sofern sie richtig und zielführend sind, zulässt und unterstützt. hier wird vermutlich, ziemlich sicher, verfahren 1 gelehrt und geübt und basta.
es ist natürlich gut, dass die kinder hier beaufsichtigt husi lösen, denn ich glaube, sie würden z.t. sonst ihre husi gar nicht machen. aber es braucht wahnsinnig fleissige, konzentrationsfähige kinder, welche in diesem raum mit zweiundzwanzig anderen kindern (am nachmittag mehr kinder und erst noch nur die älteren im oberen zimmer) wirklich zielgerichtet arbeiten können. Halt doch grösstenteils selbständig, denn die betreuung kann sich nicht lückenlos mit einem kind abgeben. ich habe nur eine schülerin gesehen, von der ich mit absoluter sicherheit sagen kann, dass sie genau das tut. die anderen verhalten sich grösstenteils unkonzentriert, haben andere dinge im kopf oder sind überfordert wie sebastiano. ich bin mit der vorstellung hierher gekommen, dass die kinder hier um die bedeutung der schule wissen. dass ihnen klar ist, dass dies die chance ist, aus dem viertel herauszukommen und deshalb viele von ihnen fleissig in der schule sind. ist gewiss nicht so. der prozentsatz an schülern, bzw. schülerinnen, welche ernsthaft arbeiten scheint mir sogar kleiner zu sein. kann täuschen und ich werde das später gerne widerrufen. kann auch sein, dass einige lehrer hier flaschen sind und einfach ihren lohn abholen wollen am monatsende. in einem buch über ecuador habe ich gelesen, dass das schulsystem noch veraltet ist und der unterricht sehr vom lehrer abhängt. das ist natürlich bei uns ganz anders. das schulsystem ist modern, innovativ, teamoreintiert und individualisierend. aber leute, eines bleibt: es ist trotzdem vom lehrer, von den lehrern abhängig. da könnt ihr mir erzählen, was ihr wollt. es ist so. ich bin allerdings sehr überzeugt, dass wir 99% gute lehrer haben, welche ihren beruf ernst nehmen.
jedenfalls bei uns im eichenwies, gell?
Da leg ich sogar noch ein prozent drauf.