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Irland: Wicklow

Veröffentlicht: 24.06.2018

Jaa, wo sollte eine Backpackerin hin, wenn nicht Irland. Pilgermekka der Berucksackten. Und da ich auch sonst meine Durchschnittlichkeit pflege und hege hat es mich vor drei Wochen nach Dublin verschlagen. Nachdem ich sieben Stunden auf dem vermutlich kleinsten Flughafen Englands verbracht habe (mein Zeitmanagement war noch nie gut…) kam mein Flug aus Exeter erst spät am Abend in Dublin an. Die Nacht habe ich in einem Schlafsaal in Isaac's Hostel verbracht und konnte mir am nächsten Tag noch in Ruhe Dublin anschauen bevor ich zu meinen nächsten Hosts aufgebrochen bin. Sarah und ihr Mann Lassaad wohnen mit ihren drei Kindern in der Nähe von Wicklow, der Kreisstadt des County Wicklows. Die beiden haben vor kurzem ein Restaurant übernommen und arbeiten nun viel, weshalb sie jemanden für die Kinder brauchten. Das war ich, für drei Wochen. Sie leben in einem kleinen Dorf am Fuße des Trooperstown Hill, inmitten einer malerischen Landschaft. Mehr als atemberaubende Landschaften gibt es im ganzen County auch nicht zu sehen und das war genau der Grund, weshalb ich es ausgesucht hatte (Gut, dass ich hier eine Arbeitsstelle gefunden habe spielte auch eine Rolle…). Seit meiner Ankunft bin ich jeden Tag wandern oder um das Dorf herum spazieren und genieße die sagenhaften Aussichten die nach jedem Aufstieg warten. Diese Touren waren am Anfang ziemlich verwirrend, da sich die Wanderwege stark von denen in England unterscheiden. Wenn in England ein Public Footpath auf eine Wiese deutet, weiß man, dass am Ende ein Gatter oder eine kleine Holzstiege über die Hecke zum nächsten Feld führt und ich bin einfach darüber geklettert. In Irland zeigen keine Schilder irgendwo hin und die Felder sind gefüllt mit Kühen und Schafen, sodass ich mir nicht immer sicher war über welchen Zaun ich klettern konnte und wo nicht. Zumal die Iren eine passiv-aggressive Art der Beschilderung pflegen, die ich nur aus deutschen Wäldern gewöhnt bin. Da ich nur zwei Tage die Woche frei habe und die Kinder bereits um drei von der Schule wiederkommen blieben große Wanderungen in der ersten Woche leider aus, dafür habe ich die Umgebung gut kennengelernt und mich an das irische Englisch gewöhnt. Sarahs Eltern haben ein Unternehmen, das Gepäck von B&B zu B&B transportiert während die Besitzer den Wicklow Way wandern, einen 132km langen Wanderweg zwischen Dublin und Clonegal. Dabei habe ich in der ersten Woche geholfen, Gepäck geschleppt und viele B&Bs und Hostels kennengelernt, die es hier wie Sand am Meer gibt. Durch die wunderschöne Landschaft zu fahren war nicht nur schön anzusehen, sondern auch sehr lehrreich und unterhaltsam. Sarahs Mutter spricht mit einem starken irischem Akzent und das lange Reden mit ihr hat mir sehr geholfen. Als wir dann zum zweiten Mal anhalten mussten um die Schafherde die Straße passieren zu lassen hatte ich endgültig das Gefühl in Irland angekommen zu sein. Meine erste Tour hat mich nach Bray geführt, eine kleine Stadt am Meer, südlich von Dublin. Dort habe ich viel Zeit am steinigen Strand verbracht und das schlechte Wetter genossen. Trotzdem war Bray sehr schön, auch wenn es scheint als hätte es einiges seines alten Glanzes im Laufe der Jahre verloren. Viele der Geschäfte und ehemals prunkvolle Seehäuser stehen leer oder suchen Nachmieter. Als es am Nachmittag dann aufklarte habe ich mich auf dem Weg zum Killruddery House gemacht, einem Anwesen der Familie Brabazon (Earls of Meath, mit a, ganz wichtig). Die Familie sitzt dort sein 1618 und die Gärten aus dem 17. Jahrhundert waren wunderschön. Der 15. Earl of Meath wohnt immer noch in dem Haus, weshalb nur vier Räume und die Orangerie im Rahmen einer guided tour besichtigt werden können. Dass die Familie noch in dem historischen Anwesen lebt kreierte eine bizarre Museumsatmosphäre zwischen Playdoh-Knete, Fernseher und historischer Buchsammlung und mannshohen Porträts der Urahnen. Die Trommeln, die der Ur-Ur-Ur-Opa im Krieg der Rosen auf dem Schlachtfeld geführt hat wurden nun von den Kindern der Lordschaft benutzt um Gummistiefel abzustellen. Am schönsten war die Orangerie mit der Skulpturensammlung. Der kleine, lichtdurchflutete Raum roch stark nach Jasmin und wird häufig für Hochzeiten und Dreharbeiten benutzt. Eine Vorfahrin der aktuellen Grafen hat die Orangerie mit dem Verkauf eines ihrer Diademe bezahlt. Laut der (in Ermangelung eines besseren Begriffes…) Führerin hat Steven Spielberg erst Tage vorher seine Dreharbeiten für eine Henry James-Verfilmung in der Orangerie abgeschlossen und auch generell wird Killruddery House oft für Dreharbeiten genutzt, wie zum Beispiel für Becoming Jane, The Tudors oder Far and Away. Eindrucksvoller als das Haus fand ich allerdings die Gärten um das Gebäude. Diese wurden hauptsächlich zur Unterhaltung der Gäste angelegt, um das Flanieren angenehm zu gestalten. Dazu gehören der Formale Garten mit den beiden Teichen, ein klassisches Theater und viele Skulpturen aus ganz Europa. Meine Favoriten waren The Angles, ein Garten der wie ein Irrgarten wirkt aber aus der Vogelperspektive tatsächlich aussehen soll wie Entenfüße. Wenn eine Gesellschaft im Garten spazieren war, konnte sie sich in kleinere Gruppen auflösen und die Leute würden immer wieder auf andere Gesprächspartner stoßen. Für die Unterhaltung war dadurch gesorgt. Auch schön war der Beech Hedge Pond, ein kleiner Teich mit Springbrunnen, umgeben von großen Hecken und vier Skulpturen, welche die vier Jahreszeiten darstellten. Sehr romantisch. Dahinter folgt die 'Wildnis', ein angelegter Wald, welcher nicht ganz so sehr getrimmt wird wie der Rest des Gartens. Umgeben ist das Ganze von einer sogenannten Ha Ha, einem Wassergraben, der das mühevoll angesiedelte Wild für die Jagd vom mühevoll gepflegten Garten abhält. Denn man möchte das Wild zwar sehen und zeigen, aber es nicht im Garten haben. Genutzt wird das Haus heute auch für den Anbau von Obst und Gemüse und zur Züchtung von Schweinen, Hühnern und Enten. Denn wie es sich für ein hochherrschaftliches Anwesen gehört, begrüßen hier die Schweine die Besucher, nicht der Hausherr.

Meinen zweiten freien Tag habe ich dann endlich zum wandern genutzt und bin vom Haus meiner Gastfamilie aus gestartet. Zwei Stunden bin ich über Laragh nach Glendalough gelaufen, wo ich meine Wanderung beginnen wollte. In Glendalough liegt die älteste Klosteranlage Irlands aus dem 6. Jahrhundert mit einem Friedhof, dem Round Tower, verschiedenen Wirtschaftsgebäuden und mehreren Kirchen. Lange habe ich mich dort nicht aufgehalten, da es galt The Spinc zu erklimmen. Der Wanderweg zur Spitze des Berges war trotz Umleitung sehr gut ausgeschildert (auch wenn ich falschrum angefangen habe…) und der lange Aufstieg wurde mit einer atemberaubenden Aussicht auf die Seen belohnt. Oben angekommen konnte ich auf der Naht des Berges entlang der Seen wieder zurück laufen und war recht schnell wieder die steilen Holztreppen herunter am Upper Lake. Dabei war ich froh, dass ich gleich am Anfang in die falsche Richtung gelaufen bin und die schöne Aussicht am Ende der Wanderung hatte und die steilen Treppen herunter laufen konnte statt hoch. Manchmal hilft mangelnder Orientierungssinn. Am Upper Lake habe ich noch viel Zeit verbracht, herumgesessen und den Berg heraufgeguckt, den ich erklommen habe.

Es gab exakt einen Bus aus dem Dorf, der jeden Donnerstag Omis aus der Umgebung einsammelt und mit ihnen entweder nach Wicklow oder Arklow fährt, zwei kleine Küstenstädte. Dort können sie dann für zwei Stunden einkaufen und danach geht der Bus wieder zurück. Ich habe das Shopping-Taxi mehrmals genutzt um ein bisschen rauszukommen und habe am Strand gesessen oder bin durch die charity shops gestreift während die Ladys ihrer Wege nachgingen.

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