Veröffentlicht: 23.11.2017
Nun bin ich schon fast 2 Monate in Toronto und die Zeit vergeht wahnsinnig schnell. In der Zwischenzeit habe ich mich gut eingelebt und schon so einiges erlebt. Meine Woche besteht eigentlich immer daraus, dass ich früh von 7.30 Uhr bis 8.30/8.50 Uhr meinem Gastvater helfe, die beiden Mädels zu füttern und für den Tag fertig zu machen. Gegen 8.00 Uhr kommt dann eine von den beiden Omas und unterstützt uns ein bisschen. Denn am Morgen ist es doch immer sehr hektisch und es passiert alles auf den letzten Drücker ;), weil mein Gastvater gerne ein bisschen trödelt und wir dann immer später loskommen, als ursprünglich geplant :). Da merke ich schon des Öfteren, dass in mir die deutsche Pünktlichkeit durchkommt und ich immer ein bisschen nervös werde, wenn die Zeit knapp wird. Wenn dann endlich alle im Auto sitzen, nimmt mich mein Gastvater mit zur Subway und bringt die Mädels zur jüdischen Schule (die Schule ist eher wie ein Kindergarten, wo sie spielerisch zählen, das Alphabet aufsagen und alles über die jüdische Kultur lernen). Auf dem Weg zur Subway habe ich dann doch das ein oder andere Mal Angst um mein Leben, weil der Fahrstil meines Gastvaters doch etwas gewöhnungsbedürftig ist :). Bisher verlief aber alles gut.
Um 9.30 Uhr beginnt dann die Sprachschule, wo ich schon ganz viele liebe Meschen aus der ganzen Welt kennengelernt habe (Japan, Südkorea, China, Brasilien, Schweiz, Mexiko, Frankreich, Spanien und natürlich auch aus Deutschland). Generell sind in der Schule ziemlich viele Deutsche, u.a. auch zwei weitere Leoni(e)s. Die Schule geht immer bis 13.00 Uhr und besteht aus 2 Unterrichtseinheiten à 2 Stunden und dazwischen 10 Minuten Pause. Den Unterricht muss man sich sehr locker und entspannt vorstellen. Hauptsächlich lernen wir viele neue Vokabeln und wie wir unsere Grammatik verbessern können. Die Lehrer sind ziemlich jung, sind gebürtige Kanadier und sehr lustig und locker drauf. Außerdem habe ich in der 2. Stunde TOEFL. Für all diejenigen, die sich jetzt fragen: Was ist denn TOEFL?, kommt jetzt die Erklärung. TOEFL ist so ähnlich wie das Cambridge Certificate. Also eine Prüfung in Englisch, wo man in lesen, schreiben, hören und sprechen getestet wird. Wenn man diese besteht, könnte man theoretisch an den Universitäten in Nordamerika studieren. Im TOEFL-Kurs lernen wir Englisch auf einem eher akademischen Niveau. Ich denke, dass es auch ganz nützlich sein könnte, wenn ich mich dann in Deutschland an Unis oder für eine Ausbildung bewerbe. Das hört sich jetzt schlimmer an, als es in Wirklichkeit ist. Natürlich ist es nicht leicht, aber irgendwie machbar. Nach der Schule geht es dann wieder nach Hause, wo ich dann schon fröhlich von meinen beiden Gastkindern erwartet werde. Meine Arbeitszeiten variieren ein bisschen. Manchmal beginne ich um 4 nachmittags oder auch erst um 6 abends, so wie heute. Je nachdem, wann ich anfange muss ich dann immer so bis um 7 oder 9 Uhr abends arbeiten. Nachmittags spiele ich mit den Mädels Lego, mit dem Doktor-Set, lese Bücher vor, rennen in der Küche/Spielzimmer herum, verstecken oder wir kuscheln einfach nur. Gegen 17.00 gibt es dann immer Abendessen für die beiden und ich bringe die "Große" mit ins Bett, was nicht immer so ganz einfach ist, aber irgendwie bekomme ich es trotzdem hin.
Jetzt möchte ich euch von meinem Verhältnis zu meiner Gastfamilie berichten. Nach ca. 1 Woche war meine 3jährige wie ausgewechselt. Überhaupt nicht mehr schüchtern, sondern total aufgeweckt und offen. Ich wurde von ihr sogar schon 2 mal als große Schwester bezeichnet, worüber ich mich unglaublich gefreut habe :D. Meine 1,5jährige ist nach wie vor super süß und brabbelt freudig vor sich hin. Seit ungefähr einer Woche hat sie auch meinen Namen in ihren Wortschatz aufgenommen. Allerdings sagt sie anstatt Leoni, "Loonie", was aber vollkommen in Ordnung ist und immer sehr niedlich klingt. Ich habe meine zwei Gastkinder sehr sehr lieb und möchte gar nicht daran denken, wie es dann wird, wenn ich mich von ihnen verabschieden muss. Meine Gasteltern arbeiten ziemlich viel, aber sind dennoch immer super lieb und freundlich. Auch sie habe ich in mein Herz geschlossen und möchte noch gar nicht an das Ende denken. Manchmal sitzen wir abends noch zusammen und quatschen über alles mögliche. Vor ein paar Tagen, haben wir über meinen Aufenthalt geredet und sie meinten zu mir, dass ich so lange bleiben kann wie ich möchte und immer wieder willkommen bin :). Ihr glaubt gar nicht, wie glücklich mich das gemacht hat.
Freitags gehen wir immer zu den Großeltern nach Hause, wo wir Shabbat feiern. Mittlerweile bin ich nicht mehr ganz so übefordert mit der Situation, wie am Anfang. Ich genieße es immer sehr mit Challah (Hefebrot mit Rosinen) und gutem Essen von der Oma :). Bald feiern wir Channukah (Lichterfest), worauf ich schon super gespannt bin. Ich bin in meiner Gastfamilie super glücklich und fühle mich sehr wohl.
Am Wochenende habe ich meistens frei. In der Sprachschule habe ich Miriam kennengelernt. Zusammen erkunden wir Toronto und waren letztes Wochenende sogar bei den Niagara Fällen!! Nach und nach finden wir uns immer besser zurecht und haben so langsam auch einen Überblick von Toronto. Wir waren schon auf Toronto Island und haben schon so einige Stadtviertel erkundet.
Zum Schluss möchte ich noch ganz kurz auf die Kanadier/das kanadische Leben eingehen bzw. was mir so für Unterschiede auffallen. 1. In der Subway und auch generell im Alltag entschuldigen sich alle auch wenn sie gar nicht schuldig sind. Zum Beispiel, wenn ich jemanden in der Subway aus Versehen anrempel, entschuldigt er sich, obwohl er ja eigentlich gar keine Schuld hat. Ich habe das mittlerweile auch schon übernommen.
2. Fremde Menschen lächlen mich an, machen mir Komplimente zu meinen Haaren, wünschen mir einen schönen Tag und halten die Türe auf. Ich bin mir zwar bewusst, dass die meisten es nicht wirklich ernst meinen und es eher aus Höflichkeit machen, aber trotzdem finde ich es immer wieder schön.
Insgesamt unterscheidet sich das kanadische Leben nicht so sehr von dem Deutschen. Der einzige Unterschied ist, dass sie es alles etwas entspannter angehen und sich nicht so leicht stressen lassen.