Veröffentlicht: 21.07.2022
Heute gibt es das große Finale!
Nach meiner 16. Nacht in zwölf verschiedenen Hotels in Amerika ging es zurück zum nahen Flughafen San Francisco, wo ich zweieinhalb Wochen zuvor das erste mal kalifornischen Boden betreten hatte.
Die Fahrt dorthin waren gleichzeitig die letzten 5 von insgesamt ganzen 4.000 Kilometern, die Engelbert und ich zusammen zurückgelegt haben. Wir haben große Städte und einsame Landschaften gesehen, sind über breite Interstates und kurvige Straßen gefahren, über Highway 1 und Route 66 durch vier amerikanische Bundesstaaten sind wir durch dick und dünn gegangen. Ich werde dich und deine leistungsstarke Klimaanlage vermissen.
Nach dem emotionalen Abschied ging es mit diesem fahrerlosen Flughafenzug (ich habe keine Ahnung wie diese Dinger heißen) zum internationalen Terminal. Erinnert ihr euch noch an den Hinflug, als ich viel zu früh da war? Da ich daraus natürlich gelernt habe, war ich diesmal noch früher da und musste sogar über eine Stunde warten, bis erstmal der Check-In aufgemacht wurde. Wenn das so weitergeht werde ich bei meinem nächsten Flug schon einen Tag vorher anreisen und die Nacht im Flughafen verbringen.
Ich überbrückte die Wartezeit mit der letzten der vielen Ernährungssünden dieser Reise: Asiatisch zum Frühstück. Es tut mir leid, dass ihr mein Essverhalten die letzten 18 Tage ertragen musstet, aber asiatisch ist immerhin besser als Kekse mit Wasser.
Nach weiteren Stunden Nichtstun war dann endlich mein Flugzeug da und es konnte pünktlich losgehen.
Ich hatte diesmal einen Fensterplatz im vorderen Teil des letzten Flugzeugdrittels. Als ich mich auf meinen Platz setzen wollte, saß da schon eine etwas ältere Dame. Ich hab keine Ahnung wie sie hieß, aber nennen wir sie einfach mal Maria. Nachdem ich Maria darauf hinwies, dass sie auf meinem Platz sitzt, bewegte sie sich nur sehr widerwillig auf ihren Mittelplatz. Es war offensichtlich, dass sie sich mit Absicht auf den falschen Platz gesetzt hatte, um sich den Fensterspot zu ergaunern. Nicht mit mir Maria, nicht mit mir.
Anschließend hoben wir ab und als letztes Highlight dieser Reise konnte ich nochmal einen wunderschönen Blick auf das Panorama von San Francisco und die Bay-Area werfen.
Die nächsten 10 Stunden Flug waren nicht besonders spannend. Ein Flug halt. Erwähnenswert ist dabei nur das wirklich bodenlose "Entertainment"-System von Lufthansa. Um den Touchscreen zu bedienen, musste man jedes mal seine volle Kraft aufwenden und den Finger auf den Bildschirm hämmern, damit es funktioniert. Außerdem ist die Filmauswahl deutlich schlechter als bei United Airlines.
Während ich dennoch begann einen Film anzuschauen, las die wohl gläubige Maria neben mir in irgendeinem Buch und bekreuzigte sich alle 10 Sekunden. Wenn jemals ein Flug unter Gottes Segen stand, dann war es dieser hier. Das wiederholte sie sogar beim kurz danach eintreffenden Essen. Ich weiß ja nicht, ob man sich ausgerechnet für Flugzeugessen bei Gott bedanken sollte...
Irgendwann landeten wir schließlich in Frankfurt und ich betrat wieder deutschen Boden. Eine Stunde später ging es mit dem ICE von Frankfurt nach Hannover. Die Fahrt verlief echt super, es war wenig los und der Zug kam sogar 10 Minuten zu früh an, wofür der Zugführer im Anschluss wahrscheinlich gefeuert würde.
Das komplette Gegenteil erlebte ich dann am berüchtigten Hannover Hauptbahnhof. Eine Chronik meiner schlimmsten Nicht-Zugfahrt aller Zeiten:
15:10 Uhr: Ich erreiche überpünktlich den Hauptbahnhof und habe 10 Minuten Zeit, um meinen Regionalexpress nach Hause zu erreichen. Dieser fällt aber natürlich aus.
16:00 Uhr: Da die S-Bahn um 15:55 laut App eine halbe Stunde Verspätung hat, will ich den RE um 16:20 nehmen. Als bei diesem schließlich auch eine halbe Stunde Verspätung angezeigt wird, switche ich wieder auf die S-Bahn. Diese ist im Endeffekt aber doch pünktlich gefahren und war schon weg.
16:50 Uhr: Auf die halbe Stunde Verspätung kommen nochmal 20 Minuten drauf.
17:10 Uhr: Endlich kommt der Zug an, der Bahnhof ist wirklich komplett mit Menschen gefüllt. Alle wollen einsteigen, ich schaffe es irgendwie rein.
17:25 Uhr: Der Zug ist bis zum letzten Quadratmeter gefüllt. Die Menschen stapeln sich, die Temperaturen brechen den Rekord des Death Valley von 1913. Nachdem von außen immer wieder mehr Leute rein wollen, gibt es erst mehrere Durchsagen, dass Menschen den Zug wieder verlassen müssen. Schließlich wird bekannt gegeben, dass der Zug nicht losfahren kann. Und was ist die beste Methode, um gegen Menschenmassen anzukommen, die nach Hause wollen? Richtig, den komplett gefüllten Zug ausfallen zu lassen. Ich verlasse den Zug.
18:00 Uhr: Ich beschließe, nie wieder Zug zu fahren und lasse mich von Mike, dem Freund meiner Schwester, abholen.
Ich war noch nie so genervt, wie in diesen drei Stunden. Ich bin 9.000 Kilometer um die halbe Welt gereist, alles klappt perfekt und es scheitert an den letzten 20 Kilometern vor meinem Haus, natürlich wegen der Deutschen Bahn. Ich hätte mit Engelbert über den Atlantik nach Hause fahren sollen.
Mittlerweile seit 28 Stunden wach, verbrachte ich die letzten Stunden des Tages mit den einzigen Dingen, die noch wichtiger für den Körper sind als Schlaf: Alkohol und Pizza.
Und damit war meine Reise zu Ende.
Es waren wirklich wunderschöne zweieinhalb Wochen. Ich habe wahrscheinlich mehr gesehen, als die letzten zweieinhalb Jahre. Bis zum letzten Tag hat alles fast perfekt funktioniert und es wird noch länger dauern, bis ich das alles verarbeitet habe.
Auch wenn es manchmal anstrengend war, war neben der Reise an sich dieses Reisetagebuch hier mein persönliches Highlight. Ich habe eine kleine Leidenschaft fürs Schreiben dadurch entdeckt. Dazu beigetragen hat auf jeden Fall das viele positive Feedback von euch. Alle Beiträge zusammen wurden mittlerweile über 1350 mal gelesen und dafür möchte ich mich bedanken.
Die nächste Reise kommt bestimmt und da wird es sowas sicher wieder geben.
Macht es gut!
Leart