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Vom Leben auf Achse

Veröffentlicht: 30.07.2016

Seit Montag sind wir auf der Transsibirischen Eisenbahn unterwegs und zwischendurch in Nizhny Novgorod und Perm ausgestiegen. Die beiden Städte waren bis in die 90er-Jahre für Ausländer gesperrt, weil hier die Rüstungsindustrie bedeutend war. Jetzt sind wir in Ekaterinburg, der Hauptstadt des Urals - schon 1800 km von Moskau weg.

Zeit für einen kurzen Rückblick auf das Leben im Zug. In der 3. Klasse, wo wir fahren, sind viele Einheimische unterwegs. Es gibt keine Abteile mit Türen. Man trifft Russen jeden Alters und oft ganze Familien inkl. Grossmutter und Kinder. Nach dem Losfahren sind die Leute zunächst scheu, werden dann aber rasch diskussionsfreudig. Die meisten sprechen gar kein Englisch oder recht wenig.. Sie sind aber geduldig, sodass sich trotz meiner bescheidenen Russischkenntnisse überraschend lange Gespräche ergeben. Mir bleibt der etwa 18-Jährige Oleg in Erinnerung, der mir fast 3 Stunden lang Russischunterricht gab und alles mit Fussball erklärte ("Arschawin grösser als Shakiri").

Am Ende des Wagons steht stets ein geheizter Samowar, sodass man sich jederzeit Tee und Tütensuppen machen kann. Die Russen bereiten sich im Zug aber gerne ganze Tische voller Mahlzeiten aus Gemüse, Früchten, Wurst, Käse, Biscuits und Brot zu. Die Fahrten sind ein ewiges Schlafen, Essen, Lesen und "Aus dem Fenster schauen". In den Gängen turnen Kinder herum oder gehen "aufs Häfi". Entgegen unserer Erwartungen hält der Zug nur alle paar Stunden und es gibt noch kaum fliegende Händler.

Pro Wagen gibt es eine Schaffnerin, die Provodnitsa, die mit eiserner Hand für Ordnung schaut. Das sind gestandene, harsche, russische Weibsbilder mit Haaren auf den Zähnen. Sie kontrollieren die Pässe beim Einsteigen, weisen die Plätze zu, verteilen Bettwäsche und Tassen. Sie haben eine laute Stimme und wenn man sie nicht versteht, werden sie gerne noch etwas lauter. Mit ihnen darf man sich auf keinen Fall anlegen.

Im Zug sind alle in Trainerhosen, Pijamas und Schlarpen am Rumgammeln. Kurz vor Ankunft kommt Bewegung ins Abteil. Es werden schöne Schuhe und Kleider angezogen, Schminke aufgetragen und den Kinder werden schöne Zopffrisuren verpasst, bevor man dann typisch russisch aus dem Zug stolziert.

Die Fahrten sind sehr kurzweilig und man schläft recht angenehm. In der Nacht hört man erstaunlicherweise keinen Mucks.

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