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Die Sounds im Fjordland

Veröffentlicht: 29.03.2019

Eine Anmerkung vorweg: Wir entschuldigen uns für die lange Sendepause. Wir sind mittlerweile schon seit einigen Tagen in Asien unterwegs und hatten Besuch aus Deutschland, daher sind wir ziemlich im Verzug. Wir versprechen Besserung! Jetzt geht es aber endlich weiter mit unseren Abenteuern in Neuseeland, wo wir mittlerweile im südöstlichen Teil der Südinsel angekommen sind.


Wie wird das Wetter wohl sein bei einem Ausflug in eine der nassesten Regionen der Welt? Dort, wo man den jährlichen Niederschlag nicht mehr in Millimetern sondern in Metern misst? Dort, wo es an über 200 Tagen im Jahr regnet, wo man nach 3 trockenen Tagen in Folge von einer Dürre spricht und die Vegetation nach knapp 7 Tagen ohne Regen beginnt zu verkümmern? So viel sei vorab verraten: Unser Zelt blieb trocken und Markus Kajakoutfit auch...


Aber gehen wir der Reihe nach vor. Nach einem kurzen Zwischenstopp in Queenstown, wo wir uns ein Sushi und einen Kaffee gönnen, landen wir in Te Anau, einer kleinen Stadt am Rande des gleichnamigen Sees.  Te Anau liegt an der Grenze zum Fjordland, dem mit über 12.500km² größten Nationalpark des Landes. Daher bietet sich der Ort als idealer Ausgangspunkt für unsere geplanten Ausflüge zum Milford und Doubtful Sound an, Neuseelands jeweils bekanntesten und tiefsten Fjorden. Und folglich verwundert es nicht, dass Te Anau ausschließlich vom Toursimus zu leben scheint und sich ein Tourenanbieter an den nächsten reiht. Noch ehe wir unser Zelt aufgeschlagen haben klappern wir diese Anbieter ab und landen schnell bei Go Orange, einer der zwei einzigen Agenturen, die die Erlaubnis haben, auch im Doubtful Sound zu operieren. Wir buchen spontan eine Cruise im Milfordsound am nächsten Morgen - schon wieder früh aufstehen - und eine Tageskajak-Tour im Doubtful Sound für den darauf folgenden Tag.  Gerne hätten wir eine Zweitagestour in den Doubtful Sound gebucht, aber die Preise sind doch mehr als gepfeffert und wir haben ja noch viel vor. Im Nachhinein fanden wir aber, dass wir den besseren Deal gemacht haben. Zumal der Doubtful Sound voll war mit Sandflys, kleinen beißenden Biestern, deren Bisse in etwa so spaßig jucken wie Mückenstiche.

Am Zeltplatz angekommen werden wir provisorisch davor gewarnt, unser Zelt in der Nähe von Bäumen aufzuschlagen, da mit einem Unwetter gerechnet wird. Es kommt aber nicht so schlimm wie erwartet und nach ein paar kleinen Tropfen und einem dunklen Himmel in der Ferne genießen wir eine trockene, wenn auch sehr kurze Nacht. Um 6.00 Uhr fahren wir los in Richtung Milford Sound. Auch wenn es nur knapp 120km bis zur Ablegestelle unseres Tourenbootes sind, so brauchen wir wegen der engen und kurvigen Straßen doch gut 2 Stunden. Und kaum haben wir die Grenze zum Fjordland überschritten, öffnet der graue Himmel seine Pforten und es regnet ohne Unterlass. Unsere Laune trübt das aber nur in geringem Maße, denn wir haben uns sagen lassen, wer die Sounds in voller Schönheit erleben will, der braucht dafür viel Wasser von oben. Und wir haben ja gute, Patagonien-geprüfte Regenkleidung dabei.

Pünktlich um 9.00 Uhr legt unser Schiff ab. Überdacht und mit einem kuscheligen Platz auf einer kleinen Couch am Fenster geht es für gut 2 Stunden durch den Fjord bis zum offenen Meer und zurück.

Grau in Grau präsentiert sich das Wetter, in starkem Kontrast zu unserem Cruise-Boot

Bereits wenige Minuten nachdem wir abgelegt haben, wird uns klar, warum eine Tour durch die Sounds bei Regen keinesfalls ins Wasser fällt. Laut, imposant und so zahlreich, dass wir sie kaum zählen können stürzen Wasserfälle an den Hängen des felsigen Fjords in die Tiefe. Es ist wahnsinnig schön! Immer wieder einmal traut sich einer von uns nach draußen um schnell ein, zwei Fotos zu machen, ehe die Kameralinse zu nass ist. Zwar verdecken die dicken, tief hängenden Wolken die Sicht bis zu den Kämmen der bis zu 162m hohen Wasserfälle, aber uns stört das wenig. Denn nur bei Regen sind so viele Wasserfälle zu sehen. Der harte Felsen der Fjordwände ist nur von einer maximal 10-30cm dicken Schicht Erde bedeckt. Darauf wächst dickes Moos, Farne und ein paar Arten von Bäumen, die nur sehr langsam wachsen und sich mit ihren starken Wurzeln in den Felsen krallen. Dadurch kann das ganze Regenwasser nicht in den Mengen gespeichert werden, in denen es vom Himmel fällt und sammelt sich zu (ungelogen) hunderten Wasserfällen. Es gibt im Milford Sound auch ein paar permanente Wasserfälle, die von Seen auf der Kuppe der Uferklippen gespeist werden, aber das sind nur etwa vier Stück. Ganz verrückt! Wir zumindest sind froh über das "schlechte" Wetter.

Mit ohrenbetäubendem Getöse stürzen die Four Sisters Falls aus den Wolken

Selbst der größte der vier ist nur bei Regen zu sehen

Ein Wasserfall neben dem anderen, nur die größten haben Namen

An einen der permanenten Wasserfälle wagen wir uns ganz nah heran. Bei Regen ist dieser 155m hohe Stirling Fall besonders beeindruckend und unsere Kamera sieht sich nicht mehr nur dem Regen sondern auch der schäumenden Gischt des Wasserfalls ausgesetzt.

Hier bleibt nichts trocken!

Während der Fahrt werden wir immer mal wieder mit ein paar Informationen vom Kapitän gefüttert. So erfahren wir zum Beispiel, dass der Milford Sound der erste Fjord war, der von den europäischen Entdeckern gefunden wurde. Schon früh wurde das Gewässer zu einer Touristenattraktion und so verwundert es wenig, dass der Milford Sound auch der am besten zu erreichende Fjord ist. Immerhin gibt es eine Straße bis zum Hafen, an dem die Touristenboote abfahren und auch mit dem Kleinflugzeug darf man hier drüber fliegen.

Funfact am Rande: Die Geologiebegeisterten unter euch werden sich schon daran gestört haben, dass viele Fjorde in Neuseeland als Sounds bezeichnet werden. Geologisch betrachtet handelt es sich nämlich beispielsweise sowohl beim Milford als auch beim Doubtful Sound um echte Fjorde, also um U- oder V-förmige Täler, die von Gletschern aus dem Landesinneren her ausgekerbt und durch den steigenden Meeresspiegel überflutet wurden. Die ersten Europäer, die hier anlandeten, kannten aus ihrer Heimat allerdings keine Fjorde, sondern nahmen fälschlicherweise an, es handle sich um sogenannte Sounds, also um durch Landabsenkung vom Meer überflutete Flusstäler. Der Name ist dann einfach hängen geblieben.

Nicht nur vom geologischen sondern auch vom biologischen Standpunkt aus betrachtet sind sowohl der Milford als auch der Doubtful Sound sehr interessant. Aufgrund der vielen Regenfälle - im Doubtful Sound soll es laut unserem Guide bis zu 7 Metern im Jahr, das sind 7000mm!!! - bildet sich eine (laut Wikipedia) bis zu 10m dicke Süßwasserschicht, die aufgrund ihrer geringeren Dichte auf dem Salzwasser der Tasmansee liegen bleibt. Die Wasserfälle spülen Schwebestoffe, Pfalnzenreste und Mineralien zu Tale und verdunkeln so die Süßwasserschicht. Diese blockt dann deutlich mehr Sonnenlich ab als das Salzwasser. Daher sieht das Wasser der Fjorde zum einen unheimlich dunkel und tief aus, zum anderen können sich dadurch Tiere und Pflanzen ansiedeln, die sonst in tieferen Gefilden zu Hause sind. Die Neuseeländer sind auch besonders stolz auf die schwarzen Korallen, die sich in knapp 40m Tiefe hier angesiedelt haben. Auch Delfine und sogar Orkas sollen sich in die Fjorde hinein wagen, wir sehen leider keine. Unser Kapitän will einmal einen Pinguin erspäht haben, aber bis das Boot zum Halten gekommen ist, ist das Tier bereits verschwunden.


Nach unserer Tour fahren wir direkt zurück nach Te Anau, wo wir feststellen, dass es zwar im Nationalpark unentwegt geregnet hat, unser Zelt allerdings weiterhin trocken ist. Das nennt man dann Wohl Glück.

Am nächsten Morgen darf Klaus-Gunter ausschlafen, während wir schon um halb sieben von einem Bus eingesammelt werden. Unsere viel zu wache und geschwätzige Busfahrerin bringt uns in gut einer Stunde nach Manapouri, wo wir in ein Boot über den gleichnamigen See fahren. Der Manapouri Lake ist ein Gletschersee im Fjordland Nartionalpark und obwohl wir gut 28km zurück legen um ans westliche Ende des Sees zu gelangen, ist er der zweitkleinste See im Park.

Bei Sonnenaufgang sitzen wir im Boot über den Lake Manapouri


Am Westufer erwartet uns ein Informationscenter und ein Blick auf das größte Kavernenkraftwerk des Landes. Ein Kavernenkraftwerk ist übrigens ein Wasserkraftwerk, bei dem die Maschinen in einem in den Felsen gesprengten Hohlraum, einer sogenannten Kaverne, stehen. Sämtliche Zu- und Ableitungen des Wassers verlaufen unterirdisch. Im Infocenter erfahren wir dann, dass dieses Kraftwerk bereits in den 1960er Jahren erbaut wurde und sich bereits damals ein breiter Widerstand der Bevölkerung gegen die Zerstörung der wilden Natur am See geregt hatte. Offensichtlich umsonst, aber da hier saubere Energie gewonnen wird, um damit unter anderem die Aluminiumhütte (Metallverarbeitung) bei Bluff zu versorgen, ist man heute eher froh über dieses Werk.

Nach einigen Minuten werden wir wieder mit einem Bus bis zum Doubtful Sound gefahren. Die Busse hier werden mit Kraftstoff betankt, der mit dem Boot über den See transportiert wird, die Straßen sind bessere Schotterpisten und unser Busfahrer macht sich einen Spaß daraus, brav an jeder Kreuzung zu warten - bei dem ganzen Verkehr hier am Ende der Welt!

Dann endlich erreichen wir nach gut 4-stündiger Reise das Ufer des Doubtful Sounds. Wir schmeißen uns in unser Kajak-Outfit und schleppen die Boote zum Ufer. Nach einer kurzen Einweisung unseres Guides geht es aufs Wasser!

Unsere kleine Gruppe macht sich bereit

Unsere Gruppe besteht aus 8 Touristen und einem Guide (nennen wir in David, den Namen haben wir vergessen). Letzterer ist eine ziemlich coole Socke. Er ist gelernter Umwelt-Scout, der Kindern in Schulen und Freizeiten Neuseelands Natur näher gebracht hat und ihnen ein Gefühl für den Schutz dieser einzigartigen Landschaft gegeben hat. Ein Kajak-Guide ist er erst seit einer Saison. Vielleicht macht er auch nächstes Jahr wieder etwas anderes. Entspannter Lebensstil!
Nachdem wir ans gegenüberliegende Ufer übergesetzt haben, sind wir einigermaßen sicher, können einigermaßen lenken und schnell genug ein Floß mit den anderen Kayaks bilden. Dafür müssen wir dicht aneinander fahren und die Boote eng zusammen halten. Der Vorteil dieser Formation ist, dass wir schwieriger kentern können und David uns gemütlich alles mögliche zum Sound und Flora und Fauna erzählen kann. Vieles wissen wir bereits von unserer Cruise am Vortag. Aber wir erfahren, dass der Doubtful Sound auch Sound of Silence genannt wird, da er so ruhig und abgelegen ist und mit 421m der tiefste der Meeresarme im Nationalpark ist. Den Namen Doubtful Sound, also Unsicher Sound, hat dieser Fjord übrigens daher, dass sich die europäischen Entdecker nicht sicher waren, ob der Fjord ein sicherer Hafen sei. Außerdem erklärt uns David, dass ohne den ganzen Regen keine Pflanzen und Bäume an den Hängen wachsen könnten. Das ebenfalls dort wachsende Moos kann für eine gewisse Zeit das Regenwasser speichern und für andere Pflanzen bereitstellen. Jedoch ist dieses Wasser nach spätestens 7 Tagen aufgebraucht. Spätestens dann ist das Moos zu trocken und es kann - bei weiter ausbleibendem Regen - zu massiven Erdrutschen kommen.

Und dann paddeln wir, immer schön nah beieinander, in Richtung Meer. Zu Beginn ist das Wasser noch sehr ruhig, es ist trocken und windet kaum. Da es am Vortag aber noch geregnet hat, sind viele der kleineren Wasserfälle immer noch vorhanden. Perfekte Bedingungen!

Team Schlumpf
Einer der wenigen permanenten Wasserfälle (und Wasser auf der Linse)

Es ist nur mäßig anstrengend und wir legen genügend Pausen zwischendurch ein. Da im Doubtful Sound nur zwei Agenturen operieren dürfen, sind entsprechend wenige Touristen hier. Mit uns startet nur noch eine andere Kajak-Truppe und ein paar Touristen, die über Nacht hier bleiben. Diese biegen aber schon bald in einen anderen Arm als wir ein und so sind wir beinah allein. Es ist still, bis auf das Rauschen einiger kleinerer Wasserfälle und dem gleichmäßigen Paddeln. Mit dem Kajak können wir so dicht an die Felswände heran fahren wie wir wollen. Wirklich eine großartige Erfahrung.


Wir kommen ganz dicht an die Ufer heran und bestaunen, wie sich die Baumwurzeln in den Felsen krallen
Team Schlumpf vor einem der wenigen Wasserfälle

Nach einigen Minuten biegen wir um eine Kurve und wir merken, dass wir der Tasmansee näher kommen und den schützenden Hafen verlassen haben. Die Wellen nehmen zu und es ist deutlich anstrengender zu Paddeln. Dafür können wir auf dem Rückweg den Wind die Arbeit übernehmen lassen. David hat ein Segel dabei. Wir bilden unser Kajak-Floß und die beiden äußeren Boote spannen das Segel über uns. Der Wind dreht immer mal wieder, sodass wir ständig das Segel anpassen müssen. aber es funktioniert und wir werden zurück zu unserem Ausgangspunkt gepustet. Genial!


Auf dem Weg zurück lassen wir den Wind die Arbeit machen
Immer schön hoch halten!

Aufgrund des heute ausbleibenden Regens sind wir heute auch schön trocken geblieben! Das Aussteigen gestaltet sich dann aber als komplizierter als gedacht, insbesondere da Frau Flipflops trägt. Und so hat zumindest Laura es noch geschafft, frisch gewaschen zurück nach Te Anau zu fahren. Immerhin haben wir alle Klamotten zum Kajakfahren von der Agentur gestellt bekommen und so konnte sie in ihre warmen und trockenen Klamotten schlüpfen.

Insgesamt waren unsere Ausflüge in den Fjordland Nationalpark absolut lohnenswert. Die Anreise zum Doubtful Sound war mindestens eine Tour für sich, die Wasserfälle im Milford Sound umwerfend und das Kajakfahren hat Spaß gemacht. Auch haben wir wieder etwas gelernt und sind einmal mehr begeistert über Neuseelands noch teilweise so unberührte und vielfältige Natur.



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