Veröffentlicht: 13.10.2023
Ich bin hier parteiisch, denkt bitte an meinen Beitrag von Camper oder Caravan.
Christian und ich sind nun seit 3 Monaten im Wohnwagen auf Tour, inzwischen sind wir fast die Exoten schlechthin. Es gibt eine Vielzahl von Womos, Campervans oder einfach umgebauten Vans, die in der Welt herumgondeln, aber ab Oktober wird die Anzahl der Wohnwagen überschaubar.
Ich möchte keinen neuen Trend starten, doch es gibt den Hashtag #vanlife schon sehr lange, mir geht im Vergleich das #caravanlife ein wenig ab.
Ich gebe ja zu, ich bin nicht Mitte 20, Veganer, eingefleischter Surfer, dazu noch Influencer auf Instagram, habe keinen ausgebauten Van, einen Minihund und bin selbständig, sondern ich habe einen festen Job, den ich in ein paar Monaten auch wieder aufgreifen darf. Meine Fangemeinde ist mit den oben getippten Worten bestimmt ins Bodenlose geschrumpft, aber ich denke, dass auch Leute im gesetzteren Alter ein alternatives Leben haben dürfen.
Hier auf der Île de Re sind es eher die älteren Herrschaften, teilweise im Ruhestand, teilweise noch mit Resturlaub, die hier einen stürmischen Oktoberabend verbringen. Es ist Wochenende, das Wetter noch ein wenig zu warm für die Jahreszeit und die Vanlifer im Alter 50+ sind hier nicht zum Surfen, sondern zum savoir vivre genießen. Gerade waschen sie fast alle ihre frischen Muscheln und Austern, die sie selbst zubereiten werden. Dazu gibt es entweder einen Brut oder einen trockenen Weißwein aus der Region. DAS ist Leben! Nicht der Bericht über eine Fährfahrt, die nicht geklappt hat, oder wie schlecht der Internetempfang an einem bestimmten Beach in Portugal ist, den mal als Surfer unbedingt gemacht haben muss.
Ich lerne von den französischen Vanlifern ein wenig Leichtigkeit des Seins, denn sie haben keinen Zwang, sie fahren, wohin es sie gerade führt, sie haben sich vorher zum Teil keine Gedanken gemacht. Sie alle sind nett, sie grüßen, sie haben auch bei uns Deutschen keine Vorurteile, sie ertragen mein klägliches Französisch, sie sind vermutlich nicht auf Instagram unterwegs oder suchen nach veganen Gaumenfreuden, sondern sie nehmen einfach mit, was die Landschaft bietet.
Bitte versteht mich nicht falsch, ich kann Veganer verstehen, ich bin eher Pescetarier als Fleischesser, ich mag ganz unbayerisch kein Schweinefleisch, also kann ich gar nicht kritisieren. Ich bin stattdessen fasziniert und beeindruckt davon, wie die Leute hier alles mitnehmen, alles probieren, bestimmt nicht alles gut finden, aber doch immer aufgeschlossen sind. Das ist Leben, das ist einfach nur gut.
Ich werde also in Spanien Schinken probieren, auch wenn ich bestimmt keine Foie Gras essen werde, das ist halt mein Verlust. Ich möchte aufgeschlossener sein, ich möchte mich nicht von einem Hashtag eingrenzen lassen. Wir haben in GB die ersten Kastanien gesammelt, in der Normandie die ersten gekostet, in der Bretagne wieder gesammelt und nun werden die Gaumenfreuden wieder verarbeitet werden. Ich habe in GB ganz viele Brombeeren gegessen, weil es sie einfach so zahlreich gibt. Am Strand in Calais haben wir wilde Rauke (Ruccola) entdeckt und verarbeitet, heute gehen wir ein wenig anders durch die Welt, in Carnac hat Christian für mich einen Erdbeerbaum abgeerntet, weil ich die Früchte so gerne mag. Das ist aber kein Vergleich zu dem, was die Damen und Herren in ihren Womos kennen!
Die Vanlifer der ersten Generation, die ersten Bullibesitzer mit T1 und T2 Bussen, sind noch heute da, sie zeigen, dass man immer aufgeschlossen und offen für neue Erfahrungen sein sollte. Sie hatten die Autos, die bei Überhitzung mal einen Tag Pause und viel Wasser gebraucht haben, sie haben Gelassenheit gelernt.
So aufgeschlossen möchte ich bei unserem Caravanlife auch sein, warum nicht ein eigener Hashtag für ein Paar, das auch ein wenig mehr Lebensfreude in den Alltag integrieren kann, der bisher eher von "wo finden wir etwas zum Laufen für die Hunde" bestimmt war. Wir kommen langsam an in dieser Leichtigkeit, wir gehen nun auch endlich mal auf einen Markt statt in den Carrefour am Eck. Es wird langsam, ich halte Euch auf dem Laufenendem!