Veröffentlicht: 28.06.2018
Mit uns in der B&B-Pension hatte eine fünfköpfige italienische Famile übernachtet. Gestern hatte wir sie nicht mitbekommen, dafür aber heute, am Sonntagmorgen, ab 7 Uhr mit ordentlicher Lautstärke am Nachbarbalkon umso mehr. Später, beim Frühstück, saßen sie dann am Nachbartisch. Für Steffi und mich war es absolut unverständlich, wie deren Kommunikation funktionierte, denn alle redeten gleichzeitig, ohne Pause und Luft zu holen und quer durcheinander. Dazu lief im Hintergrund auf Wunsch der Familie der Fernseher mit einer italienischen Zeichentrickserie. Irre! Wir fanden es ja eigentlich schon lustig, waren aber auch erleichtert, als wir den Frühstücksraum zum Ende hin noch ein wenig für uns hatten und unseren Kaffee in Ruhe austrinken konnten.
Nach dem Abschieds-Foto mit der überaus netten Gastgeberin haben wir uns wieder auf in die Berge Sardiniens gemacht. Als wir mal wieder an einem Aussichtspunkt standen und die schöne Landschaft genossen, kam ein Pickup mit zwei Einheimischen dort an. Sie waren zum Arbeiten hier, so viel war klar. Nach einer kurzen Begrüßung, unserem Lob für die Schönheit der Berge und der Erörterung der Tatsache, dass Deutschland gestern wirklich nur mit viel Glück gewonnen hat, ging uns schnell der Gesprächsstoff aus, weil die beiden nur italienisch sprachen. Ich wollte mich schon verabschieden, aber dann kam Steffi die Idee, hier doch mal die Übersetzungs-App auszuprobieren, deren Handhabung wir gestern erlernt hatten. Die beiden waren komplett aus dem Häuschen! Das hatten sie noch nie gesehen! Wir haben unter anderem erfahren, dass sie Kuhzüchter sind, hier in den Bergen etwa 80 Kühe haben und dass die Erde hier nicht besonders fruchtbar ist. Wir haben natürlich auch von uns erzählt und so hatten wir noch ein munteres Gespräch. Schön, dass so etwas heutzutage möglich ist! Die beiden wollten auch wissen, was denn so ein Übersetzer-Gerät kostet. Ich habe ihnen erklärt, dass das eine kostenlose App für das Mobiltelefon sei. Hoffnungsvoll kramten beide daraufhin ihre uralten Klapphandys aus der Hosentasche. Gut, mit diesen Modellen aus der digitalen Steinzeit - ich hoffe, ich habe es ihnen einigermaßen schonend beibringen können - wird das allerdings eher nichts werden.
Von der Mitte der Insel sollte es dann wieder an die Küste im Nordwesten gehen, denn am Tag drauf war die Überfahrt von Santa Teresa an der Nordspitze Sardiniens nach Korsika geplant. Dummerweise schob sich uns eine pechschwarze Gewitterwand in den Weg. Gut jedoch, dass wir diese unangenehme Begegnung im Flachland hatten, denn dort findet man leichter Unterschlupfmöglichkeiten. In unserem Fall war das eine Automaten-Tankstelle mit einem kleinen Dächlein, dass uns zumindest rudimentären Schutz bot. Nach etwa einer Stunde war das Unwetter weitergezogen und wir konnten es ihm - allerdings in die Gegenrichtung - gleichtun.
Während wir die herrliche Küstenstraße von Bosa nach Alghero entlang düsten, schien längst wieder die Sonne. Mit Hoffnung auf einen guten Espresso folgten wir einem kleinen Wegweiser und landeten in einem Luxus-Restaurant wie aus der Rafaelo-Werbung. Alles piekfein und sehr luxuriös! Wir wir erfuhren, werden dort oft Hochzeiten gefeiert. Tolle Location mit Blick aufs Meer!
Da es schon spät Nachmittags war, sah ich mich in meiner App wieder nach einer günstigen und guten Unterkunft um. Die Art der Hotelsuche hat sich auf den letzten Reisen als sehr viel geeigneter erwiesen, als die alte Methode, eine Unterkunft nach der anderen anzufahren, bis man etwas passendes gefunden hat. Das kostet Zeit und Nerven! Mit der App (wir nutzen booking.com, es gibt aber auch andere Plattformen) geht das sehr viel bequemer und in der Regel auch schneller. Und: Man kann sogar richtige Schnäppchen machen, wenn gute Hotels ihre restlichen Zimmer zum LastMinute-Sonderpreis ins Netz stellen. Das klappt fast immer. Heute schienen wir sogar den Haupttreffer zu landen! Ein Appartement in einem Luxus-Resort mit Lagunen-Pool für 63 Euro statt 90 Euro die Nacht. Da haben wir sofort zugeschlagen! In meiner Euphorie habe ich allerdings übersehen, dass wir dorthin noch 1,5 bis 2 Stunden zu fahren haben. Aber egal, Augen zu und durch!
Leider kamen uns auf dem Weg in unsere erhoffte Luxus-Unterkunft wieder mehrere Gewitterfronten in den Weg. Diesmal sind wir im Großen und Ganzen verschont geblieben. Erst kurz vor dem Hotel hat es stärker geregnet, da hat sich das Anziehen unserer Regenklamotten aber auch schon nicht mehr gelohnt.
Als Ortsbezeichnung war für das Hotel "Costa Paradiso" angegeben. Dazu eine Straße, aber keine Hausnummer. Na ja, werden wir schon finden. Unser Navi lotste uns von der Hauptstraße ab und nach wenigen hundert Metern kamen wir an einem unbemannten Wachhäuschen vorbei. Kurz darauf fanden wir uns an der Spitze einer recht steil abfallenden Küste wieder. Der ganze Küstenabschnitt war mit teils skuril wirkenden Felsformationen gespickt. Die roten Felsen waren so ungewöhnlich, dass wir uns anfangs ernsthaft gefragt haben, ob sie womöglich von Menschenhand geschaffen und dort aufgestellt wurden. Aber nein, dafür waren die Felsen viel zu groß und zu zahlreich über das ganze Areal verteilt. Die sind echt! Eine unglaubliche Wunderwelt! In diese Märchenlandschaft waren zahlreiche ähnlich gestaltete Ferienhäuschen gebaut worden. Mal einzelne größere Häuser mit eigenem Pool in weiter Entfernung zu den nächsten Nachbarn für die reicheren Bewohner und dann auch mal mehrere kleinere Häuschen an einem Fleck. Insgesamt gibt dieses künstlich erschaffene Feriendorf ein überaus stimmiges Bild ab. Alles hat seine Ordnung und alles ist sehr hübsch und sauber. Wunderschön, aber irgendwie auch gruselig. Alles nur eine exklusive Kulisse für die Reichen und Privilegierten!
Heute Nacht sollten wir also auch mal so tun dürfen, als ob wir dazu gehören! Unsere Unterkunft war kein Hotel im klassischen Sinn, sondern eine Ferienhaus-Vermietung. Wir hatten tatsächlich unser eigenes Appartment mit Küche und sogar einem Grill, hätten deshalb allerdings zusätzlich auch 20 Euro pro Person (Insgesamt also 40 Euro) extra für zur Verfügung gestellte Bettwäsche und Handtücher bezahlen müssen. Gut, dass wir Schlafsäcke und eigene Handtücher dabei haben! Abends, in einer Pizzeria, haben wir "echte Urlauber“ der Costa Paradiso getroffen. Womöglich täuscht unser erster Eindruck, aber "Reich und Schön" trifft es, glaube ich tatsächlich ganz gut. Sympatisch hingegen waren die Begegnungen mit den Ureinwohnern der Costa Paradiso: Die mittlerweile zahmen Wildschweine haben sich durch den Bau des Dorfes nicht vertreiben lassen, sondern leben jetzt in friedlicher Koexistenz mit den Menschen. Man begegnet sich auf der Straße, oder am Pool und respektiert ansonsten die Anwesenheit des anderen einfach großzügig.