Veröffentlicht: 21.10.2018
Für heute hatten wir den Besuch einer Mittagszeremonie im Cao Dai Tempel geplant, der etwas außerhalb der Stadt liegt. Dieser Tempel ist das religiöse Zentrum der friedlichen Cao Dai Sekte, einer Hybridreligion, die in Kriegszeiten entstand und Elemente des Buddhismus, des Christentums und des Konfuzianismus enthält. Diese Mischung ist an sich schon merkwürdig, jedoch wurde dies auch durch die Architektur des Tempels hervorgehoben. Mit zwei Türmen und einem großen Hauptschiff ähnelte die grobe Struktur sehr an eine christliche Kirche, allerdings war die Gestaltung mit einer Farbexplosion, sich um Säulen windenden Drachen und starrenden Augen geradezu schon kitschig und man fühlte sich beim Eintritt so, als ob man nun ein asiatisches Kinderspielhaus betreten würde.
Die Zeremonie an sich durften wir von einem Balkon aus beobachten. Alles verlief in einem strengen Ablauf, wobei immer jeder zu wissen schien, wo er wann zu stehen und zu knien hat und sich so eine feste Struktur bilden konnte.
Wir durften ungefähr eine halbe Stunde zusehen, worauf wir hinaus geschickt wurden und uns zu den Cu Chi Tunneln aufmachten. Diese bilden ein System mit insgesamt mehr als 200 Kilometern Tunnel, das sich über eine riesige Fläche erstreckte und bis zu 17.000 Menschen beherbergte, die vor den Bombenschlägen der US-Truppen Schutz suchten. Diese marschierten als kapitalistische Macht 1955 in das kommunistische Vietnam ein, um ihr System dort durchzusetzen.
Dabei forderte das Unternehmen auf Seite der Vietnamesen fünf Millionen Tote.
Gegraben wurden diese Schächte dabei nicht mit Maschinen sondern mit Hacke und Körben, da Explosionen schlichtweg zu laut waren und den Feind informiert hätten. Die Tunnel waren nach Funktionalität geordnet: Küchen, Waffen- und Warenlager, Schlafräume, Besprechungsstationen und Kampftunnel. Die eigentlichen Räume waren zwar klein, man konnte aber, im Gegensatz zu den Tunneln, darin wenigstens stehen. Durch diese Tunnel musste man sich teils gebückt teils kriechend fortbewegen, manchmal in völliger Dunkelheit. Dort mehrere Monate zu verbringen, muss schrecklich gewesen sein, zumal dort auch Kinder untergebracht oder sogar geboren wurden.
Nachdem wir durch mehrere Tunnel gekrochen waren, stand noch ein reichhaltiges Essen vor uns: Tapioka, eine Pflanze mit essbaren Wurzeln, die hauptsächlich nach ungekochter Kartoffel schmeckte, aber Hauptnahrungsmittel in der Kriegszeit war.
Insgesamt waren auch die Tunnel wieder ein sehr interessanter Ort, jedoch war auch dieser mit großem Unglück verbunden, denn von den 17.000 Menschen, die die Tunnel beherbergten, überlebten nur 3.000 den Vietnamkrieg und das auch nur mit einem seelischen Trauma. Heute sei dieser Ort, laut eines Guides, allerdings kein Ort der Rache mehr, sondern ein Ort, um zusammen zu kommen und den Frieden zu wahren.