Stockholm - Nordkap
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vakantio.de/klaus

Zwölfter Tag

Veröffentlicht: 22.06.2017

Hollup - Brønnøysund

111km

20,6kmh Schnitt

Erst Wolken mit sonnigen Abschnitten im Laufe des Tages immer mehr Sonne, jetzt ist kein Wölkchen am Himmel 

Viel Gegenwind, aber wenn Jonathan den windbreaker macht, kriegt man ihn nicht so mit ;)


Eigentlich hatten wir drei ja vor heute wieder jeder alleine mit seinem eigenen Tempo zu fahren, aber dann entschieden wir uns doch erst mal bis zur Fähre (20km) zusammen unterwegs zu sein. Die Landschaft war grandios. Zwar hatte es um 4 noch mal kräftig geregnet, aber um halb neun sah es zwar grau aus, aber es zeigten sich schon Wolkenlücken und es sollte heute ja noch richtig schön werden. Die Morgenstimmung war auf jeden Fall magisch. Dort wo die Sonne durch kam glitzerte das Wasser, die beiden hohen Berge (770 und 1050m) auf der anderen Fjordseite hüllten sich in Wolken und gaben nur wenige Augenblicke ihre Gipfel frei. Noch ging wenig Wind und mit dem fitten Jonathan als pacemaker und Windschattenmacher wurden Franz und ich in flotten Tempo mitgezogen. Die ersten 20 km waren einfach toll. Wir fuhren einen kleinen Pass hoch (eher ein flacher Anstieg) oder um eine Kurve und schon öffnete sich uns ein anderer Blick. Immer umgeben von dunkelgrauen, steilen Bergrücken führte uns die Straße meist auf Meeresniveau in einen kleinen Fjord hinein und wieder hinaus oder um eine Bucht herum. Ständig wechselten die Blickwinkel und immer wieder blieben wir stehen um Fotos zu machen. Wir hatten die 10 Uhr Fähre von Holm nach Vennesund angepeilt, aber ich war nicht im Streß und mir war es egal ob wir sie schaffen würden oder eben doch erst eine Stunde später. Um 5 vor 10 kamen wir am Hafen an, bestiegen das Schiff und schon ging es los. Die Fahrt dauerte nur 20 min. Es ging ja auch nur auf die andere Fjordseite. Im Hafenrestaurant wollten wir bei einem Kaffee und einem Teilchen unseren Abschied "feiern", fuhren dann aber doch zusammen weiter. Immer in der Reihenfolge: Jonathan, ich, Franz, der heute etwas schwerere Beine hatte. In Vik konnten wir entweder der 17 bis Berg folgen, oder einer, auf der Karte als Wanderweg eingezeichneten Straße, links um den Höhenzug herum. Ausschlaggebend für den Pfad war, dass wir angeblich nur 80 Höhenmeter überwinden müssten. Der Weg stellte sich als Glücksfall heraus. Im Schatten des Granitmassivs rechts von uns führte der Weg durch Wiesen und Wälder, immer wieder an flachen, türkisblauen Buchten vorbei. Und alles menschenleer. Wir wollten an einem ausgeschilderten Rastplatz halt machen, doch der war von sicher 50 Kids belagert. Es war eine wunderschöne flache Bucht und wir blieben trotzdem. Anscheinend war hier ein Schulausflug von mehreren Klassen. 

Ab Berg folgten wir wieder der 17. bis Brønnøysund. Schon viele km vorher sahen wir nicht weit entfernt den berühmten Berg Torghatten, der angeblich ein 35m hohes Loch in seiner Mitte hat. Wir sahen den Berg, aber nicht das Loch. In Brønnøysund beschloss Franz auf dem Campingplatz zu bleiben, Jonathan und ich waren noch unentschlossen, aber wir verstauten unser ganzes Gepäck in der Hütte und machten uns zu dritt auf superschnellen Rädern zu dem 17km entfernten Torghatten auf. Er lag nicht auf unserer Route und wir mussten sowieso zum Campingplatz zurück. Dort angekommen (wir hatten immer noch kein Loch gesehen) gab es mehrere Möglichkeiten. Wir konnten 20min bis hoch zum Loch laufen oder aber ganz auf den 257m hohen Berg wandern. Ich wollte natürlich beides. Also erst auf zum Loch. 

Wir waren gerade am Absperren der Räder da sprach uns ein älteres Ehepaar aus Thüringen an und ich war erstaunt wie man sich mit wenigen Sätzen höchst unsympathisch machen kann: Das Absperren der Räder sei ganz wichtig, Ihnen wurden im Wendland schon beinahe mal Räder geklaut und den Norwegern traut man es ja erst mal nicht zu, aber die Zeiten haben sich geändert. Sie seien auf dem gleichen Campingplatz, wollten eigentlich die Hütte die wir hatten und wieviel wir eigentlich gezahlt hätten... So richtig nörglerische Klischeedeutsche. Später einigten Jonathan und ich uns darauf, dass wenn wir mal so werden wir doch bitte erschossen werden wollen.

Auf 110m Höhe bot sich uns ein spektakulärer Anblick. Der Berg selbst steht ziemlich einsam und genau in der Mitte klafft ein 35m hohes und 160m langes Loch. Zunächst konnte ich mir die Entstehung nicht erklären, später spickte ich bei Wikipedia. Es war die Meeresbrandung die das Loch gespült hat, bevor sich der Berg durch die Landhebung nach der Gletscherschmelze weiter gehoben hat. Ich hatte natürlich meinen Kopter dabei und flog ihn zwei mal durchs Loch. Wir waren gerade dabei durch zu laufen da hörte ich meinen Kopter wieder. Verwirrt schaute ich mich um und tatsächlich flog noch mal jemand mit einem mavic pro durch das Loch (wesentlich wagemutiger als ich). In dem Moment war mir mein Flug etwas peinlich. 

Dann kamen unsere Campingplatzmitbewohner: So, hier hast du dein Loch. Hast du schon ein Foto gemacht? Wir machten dass wir schnell Abstand zu den Obersympathen gewannen. Unten an den Rädern verabschiedeten wir uns und die beiden fuhren zurück und ich machte mich an den Aufstieg. Da der durchschnittliche Torghattenbesucher schon im Rentenalter war, war ich beim Aufstieg ganz alleine. Zwischendurch wurde es ganz schön steil und ich merkte meine Knie (beide) sehr deutlich. Der Ausblick von oben war unbeschreiblich schön. Im Nordwesten stand eine tiefe Sonne, davor lauter kleine Felsinseln und dazwischen türkisfarbenes Wasser. Im Süden erhoben sich die rundlichen Grantiberge, die nach Osten und Nordosten immer höher wurden und teilweise noch mit Schnee bedeckt waren. Rundherum blaues Wasser, grüne Inseln und alles in einer unglaublich klaren Luft. Die Sichtweite lag sicher bei über 100km. Am Gipfel flog ich zwei Akkus des Kopters leer und dann ging es mit noch stärker schmerzenden Knien an den Abstieg und die 17km zurück an den Campingplatz. Zu dritt zauberten wir wieder ein üppiges Menü (wieder Spagetti mit Soße, aber eine sehr aufwendige und leckere, trafen wieder unsere freundlichen Thüringer ("ihr habt noch Sonne auf eurer Terrasse,  wir nicht"). Und genossen, so lange es nicht zu kalt wurde, die tiefstehende Sonne. Die Sonne geht übrigens um 0:40 und um 1:58 wieder auf. Jetzt ist elf und die Sonne scheint. Voll komisch 

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