Veröffentlicht: 12.01.2023
Heute haben wir uns auf den Weg zu Franziska gemacht. Unsere Tochter lebt und arbeitet sei dem März 2022 in Chiles Hauptstadt, Santiago de Chile. Sie hat ihre Zelte in Deutschland abgebaut, Rostock verlassen und arbeitet nun für ihre Firma in Südamerika. Ihre perfekten Sprachkenntnisse in spanisch und portugiesisch, ihre ungebrochene Reiselust und ihr steter Drang Neues zu erleben, bildeten die Grundlage für diese Entscheidung. Wir, die diese Entscheidung für richtig empfanden und sie dabei unterstützt haben, blieben zurück. Das "Kind" ist nun allerdings sehr weit weg! Die Videochats und der mündliche Austausch können aber ein Familienleben in Deutschland bzw. Europa nicht ersetzen. Franzi war zwar schon dreimal wieder hier, aber so ein befriedigender Ersatz für diese Leerstelle ist das nicht. Also haben wir uns entschlossen, zu Franzis Geburtstag nach Chile zu fliegen und uns das Land anzugucken. Dass Franzi uns dabei ein Stück begleitet ist sehr schön. Wir haben ihr bei der Planung unseres Tripps sehr freie Hand gelassen, nur der nördliche Teil des Landes war unsere Vorgabe. Denn wir hoffen, dass wir es gesundheitlich und finanziell noch öfters schaffen dorthin zu kommen und so das Land stückchenweise zu erleben.
Leider kommt vor dem in die Arme schließen ein Flug! Für uns genauer zwei Flüge. Zuerst geht es von Berlin BER nach Paris CDG und dann weiter nach Santiago SCL. Dabei verbringen wir ca. 17 Stunden im Flieger. 14,5 Stunden ab Paris am Stück, das wollten wir nach unseren bisherigen Erfahrungen nicht mehr! Deshalb sind wir sehr gespannt, ob sich unser Entschluss in einer "besseren Klasse" zu fliegen, auch als richtig herausstellt. Die Air France bietet ein sog. "Economy Plus" Abteil an. Hier haben die ca. 30 Fluggäste eine erweiterte Beinfreiheit, jeweils zwei eigene Armlehnen, pro Person zwei Gepäckstücke bis 23 kg und zwei Handgepäckstücke bis 9,5 kg, Porzellangeschirr usw. So schaffen wir die Anstrengungen eines solchen Langflugs vielleicht besser. Wir werden es erleben!
Die ersten Hürden haben wir genommen: Der X71 Bus, der fast vor unserer Haustür abfährt, kam pünktlich und war sehr leer. Der Terminal 1 war kaum besucht und ich hatte den Eindruck, dass es mehr Securityleute als Passagiere gab. Auch der Checkin-Schalter der Air France war schon offen, obwohl wir 3 Stunden vor dem Abflug am Counter standen. Unser Gepäck, ich zwei Koffer und Karin einen, wurde anstandslos angenommen. Selbst unser sehr ausgeprägtes Bordgepäck (Karin einen vollen Wanderrucksack auf dem Rücken und einen kleineren vor dem Bauch, ich mit einem großen Wanderrucksack zu meinen Füßen) wurde nicht reklamiert. Damit hatte ich so nicht gerechnet und noch einen kleineren zum Umpacken eingesteckt. Aber meine Ängste und Sorgen waren überflüssig! Auch beim Securitycheck verlief alles ohne Probleme! Dabei hatten wir drei PCs und eine Lautsprecherbox, neben dem Fotoapparat, dem Tablet und unseren Ebooks, mit dabei. Wieder unnötige Schweißperlen, uff! So sind wir dann rein in den Flieger (Airbus 321) und konnten alles gut unter den Klappen verstauen, denn wir gehörten mit zur ersten Boardingzone! Die Maschine war sehr gut gefüllt und landete pünktlich in Paris. Hier mussten wir dann lange Fußwege zurücklegen und stauten uns beim Übergang zum Terminal mit den internatinalen Flügen. Da war gut was los! Die Wartezeit vor dem Passschalter, mit 10 Minuten digital angezeigt, wurde real zu 40 Minuten und viele Passagiere hatten schnell Hummeln im Hintern, denn die Anschlussflüge konnten kaum noch erreicht werden. Uns ficht das nicht so sehr an, denn bis zu unserem Abflug waren es noch 3,5 Stunden. Die verbringen wir gerade im Abflugbereich K 30 und beobachten die Geschehnisse. Dabei wird uns klar, dass auch die Engländer hier alle durch müssen, denn sie gehören ja nicht mehr zum Schengener Bereich. Viele von ihnen rannten im Sprint zu ihren Maschinen nach Birmingham bzw. Manchester, weil der final countdown schon wiederholt angesagt wurde. Einer brach beim Rennen direkt neben uns zusammen und rief nach Wasser! Ein Kumpel half ihm auf und das Personal am Gate hatte ein Einsehen! Irre!
Dann haben wir überpünktlich eingecheckt, aber der Zugang zum Flieger verzögerte sich zuerst durch zwei unbegleitete Kleinkinder, die als Erste reingingen und dann noch durch mehrere Rollstuhlfahrer*innen, die natürlich auch der intensiven Betreuung bedurften. Unsere gebuchte Economy Premium Klasse gab es zwar, aber wir hatten beim Onlinecheckin ganz andere Sitzplätze gebucht. Die Nummern stimmten, nur die Anordnung nicht. So saßen wir vor der Wand zur Businessclasse, hatten dafür aber sehr viel Beinfreiheit. Ob diese Mehrausgabe sich gelohnt hat, können wir erst nach dem Rückflug sagen, wenn wir "normal" sitzen. Oder auch nicht? Was wir so sehen konnten, war der etwas größere Abstand zu den Vordersitzen. Die Toilette direkt hinter der Wand durften wir nicht nutzen, reserviert für die Busines!? Ich glaube, dass wir eine Ersatzmaschine (Airbus 350) bekommen haben, sonst ließen sich die ganzen Abweichungen nicht erklären. Bis nun alle Passagiere in dem voll besetzten Flieger saßen verging einige Zeit. Aber bei so einem langen Flug kommt es auf 15 Minuten nicht an, so dachten wir!? Beim Ablegen überzeugte uns noch die Außenkamera, die hinten am Leitwerk sitzen musste und die Maschine bei Nacht von oben zeigte. Bald fuhren immer mehr andere Flieger an uns vorbei zur Startbahn und wir standen und standen und... "Technische Probleme verhindern unseren sofortigen Start. Es müssen noch ein paar Tests durchgeführt werden!", war die neueste Ansage und wir standen und standen ...."Die Maschine muss zurück zu ihrem Garagenplatz!", war die nächste Mitteilung. Nun hatten wir schon eine Stunde Verspätung und wir glaubten, eine Nacht in Paris verbringen zu müssen. So, nach dem Motto, alles wieder einpacken, wieder anziehen und aussteigen. Koffergedanken und Klamottenwechsel lassen sich bestimmt noch lösen. Über die Kamera konnten wir das Aufgebot an Menschen und Autos sehen, das sich um unseren Flieger scharte und von außen bearbeitete. Irgendwann meldete sich der Kapitän und erklärte, dass wir jetzt fliegen würden. Über die Gedanken zur Sicherheit und einen unfallfreien 14 Stundenflug brauchen wir hier nichts schreiben. Hätten wir nicht das Aussteigen erzwingen müssen? So ging es mit 1,5 Stunden Verspätung los! Jedes Motorengeräusch war für mich verdächtig und kleinere Unruhen bei Turbulenzen sorgten für totale Verunsicherung. Aber der Flug verging ohne weitere besondere Vorkommnisse und wir kamen mit 30 Minuten Verspätung an. Geschafft und müde!
Auch die letzten Hürden, Passkontrolle mit Stempel, evtl. Überprüfung auf die Einfuhr von Lebensmitteln (hier ist absolut nichts erlaubt und es drohen hohe Geldstrafen) für die wir eine schriftliche Erklärung ausfüllen mussten, das von Franzi vorbestellte Shuttletaxi (musste intensiv nach der Adresse suchen) und die Concierge im Haus mit dem Wohnungsschlüssel, schafften wir noch sehr relaxt. Perfekt wurde unsere Ankunft in Chile, als wir in der Küche auf eine Flasche Rotwein mit zwei Gläsern stießen.
In der 29. Etage auf einem Balkon mit Blick auf die Stadt und 25 Grad Außentemperatur genossen wir den roten Saft. Endlich in Chile angekommen!