Veröffentlicht: 18.11.2017
Und genau deshalb sind wir nach Wellington zurück gekommen. Das waren wir dieser Stadt einfach schuldig, nachdem sie uns bei unserem ersten Besuch so liebevoll empfangen hat. Ich weiß immer noch nicht genau, was es ist, aber diese Stadt hat es. Schon als ich den ersten Fuß von der Fähre auf Wellingtons Straßen setzte, durchströmte mich eine Art Glücksgefühl. Es war schön, endlich wieder hier zu sein.
Nachdem wir bei unserem letzten Stop in Wellington bereits den Mount Victoria erklommen hatten, entschieden wir uns nun dazu, eine andere Route der sogenannten „Wellington Walks“ einzuschlagen – auf zum Botanischen Garten. Immerhin waren wir nach Christchurch ja richtige Profis auf diesem Gebiet. Zunächst schien uns der Garten in Wellington auch tatsächlich besser strukturiert zu sein, aber als wir in Richtung Rosengarten liefen und uns plötzlich am Cable Car Museum wiederfanden, wussten wir, das etwas nicht ganz stimmte. Sind die Wegweiser halt verkehrt herum, na mein Gott, wen kümmert das schon. Schließlich wollten wir ja eh irgendwie so alles ein bisschen auskundschaften und wer braucht da schon Schilder. Oh, eine Karte. Nehmen wir mit. Ob das mit der Orientierung in diesem riesigen Konstrukt aus Wald, Busch, Pflanzen und falschen Wegweisern dann besser geklappt hat, lasse ich mal so dahingestellt. Rein pflanzlich gefiel mir der Wellingtoner Garten auf jeden Fall trotzdem wesentlich besser. Mehr Abwechslung, mehr Information, mehr Struktur. Jedenfalls habe ich keine Pflanze doppelt gesehen, obwohl einige wirklich so farbenfroh blühten, dass ich hätte stundenlang davorstehen können. Dabei bin ich gar nicht so ein großer Blumenliebhaber wie manch anderer, und doch war ich mehrfach überwältigt. Nach einigen Stunden des Herumirrens… äh ich meine natürlich des systematischen Abwanderns entschlossen wir uns für einen Abstecher zum Teil der Stadt, den wir bei unserem letzten Besuch nicht ansehen konnten. Plötzlich fanden wir uns gefühlt in einer anderen Stadt wieder. Ein Wolkenkratzer überragte den nächsten, eilige Geschäftsmänner rannten an uns vorbei und Baustelle reihte sich an Baustelle. Hauptstadtfeeling eben. Kennt man ja. Aber zum Glück dauerte es nicht lange und wir bogen in eine Straße mit dem altbekannten Wellington-Flair ein. Hach, diese Stadt hat es mir echt angetan mit ihrer Kombination aus Kultur, Kunst und Moderne. Am Hafen sitzend ließen wir den Tag entspannt ausklingen und beobachteten die auf- und absteigenden Flugzeuge. Auch aus dieser Höhe muss Wellington einfach nur beeindruckend aussehen.
Am nächsten Morgen entschieden wir uns mal wieder für etwas Bildung. Nicht, dass wir noch als Wilde zurückkommen, wenn wir die ganze Zeit nur in der Natur umherirren… äh, wandern. Man merkt, mit der Sprache geht es schon bergab. Also ab ins Wellington Te Papa National Museum. Anders als in Deutschland gibt es in Neuseeland bemerkenswert viele Ausstellungen kostenlos anzusehen. Und die sind dann auch tatsächlich noch sehr gut! Nachdem wir uns in allen Einzelheiten über die Plattentektonik, das Klima und die Dinosauriergeschichte Neuseelands informiert und uns außerdem mit einem Erdbebensimulator der Stärke 5 vertraut gemacht hatten, fanden wir schließlich noch heraus, dass ein Blauwalherz größer ist als ich. Ich könnte da ganz gemütlich drin stehen. Ulli hätte sich ducken müssen. Man, bin ich ein Zwerg.
Nach dieser beeindruckenden Portion Naturkunde gingen wir noch in die aktuelle Kriegsausstellung. Obwohl sie sich wirklich in die Länge zog, waren die Eindrücke unbeschreiblich. Die Nachbildung von Kriegsszenen durch Wachsfiguren ließen die Geschichte nahezu lebendig werden. Jeder Saal konfrontierte die Besucher mit dem Schicksal eines Mannes, der sein Leben für Großbritannien opferte oder zumindest aufs Spiel setzte. Bereits mit 12 Jahren begann für die Jungen die Kriegsausbildung, mit 18 wurden sie eingezogen. Die einzelnen Schicksale wurden durch Zitate unterstrichen und gingen mir wirklich nah. Bisher war mir ehrlich gesagt nicht mal bewusst gewesen, dass Neuseeland in solchen Ausmaßen in den Ersten Weltkrieg verflochten war. Ich schämte mich etwas für meine Unwissenheit, aber ich vermute, dass es vielen Menschen am anderen Ende der Welt genau so geht. Denn Teil des Geschichtsunterrichts war es (zumindest bei mir) nicht. Sollte man vielleicht mal drüber nachdenken.
Jedem, der mal zu Besuch in Wellington ist, lege ich das Te Papa wärmstens ans Herz. Die Ausstellungen sind emotional, verständlich und interaktiv. Langeweile kam absolut nicht auf. Ich musste mir eher Mühe geben, meine Kinnlade vor Staunen auch mal zwischenzeitlich zuzumachen. Kein Wunder, dass neben zahlreichen Erwachsenen auch Kinder den Informationsfluss genossen. In Deutschland ist Museum für viele Kinder ja eher eine Horrorvorstellung, hier ist es Teil des Unterhaltungsprogramms. Und ich kann sagen, dass ich wirklich gut unterhalten wurde. Nebenbei habe ich viel neues Wissen aufgesogen. Also wenn sich das nicht gelohnt hat, weiß ich auch nicht. Cheers!