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Kambodscha

Veröffentlicht: 19.11.2023

Kambodscha und ich, ich weiß auch nicht, glaub wir passen nicht so recht zusammen. Nicht, dass es hier großartig anders als in Laos wäre. Zwar ist alles etwas größer und sauberer, aber auch gleichermaßen auf den größtmögliche Umsatz mit den Touristen ausgelegt. Kaum in Siam Reap angekommen wird man bedrängt von den Tuk-Tuk­-Fahrern und Frauen und Kindern die irgendetwas verkaufen möchten. So aufdringlich war es in Laos nicht. Da konnte man ungestört Marktstände entlang schlendern und sich seinen Fahrer selbst aussuchen. Auch in den Restaurants war es Low-Saison bedingt äußerst ruhig, häufig war man der einzige Gast. Aber neben der Erstbestellung, gab es sonst eigentlich keine Nachfrage, ob man noch was wollte, da muss man sich schon selbst rühren. Herrlich entspannt also.

Gut, jetzt ist Siam Reap der Ausgangspunkt für die Angkor Tempel, anscheinend das Reisemekka Asiens schlecht hin und daher auch entsprechend beschäftigt. Die Tempel befinden sich in einem riesigen Areal, für das man 1­3 Tage zur Besichtigung einplanen soll. Ich entschied mich für die Hardcore­-Tagestour. Nicht nur, weil ich vermutete, dass mich Tempel keine 3 Tage begeistern können, sondern auch weil ich dann in Begleitung einer Italienerin den Tag gemeinsam genießen kann ­ und natürlich jemanden habe, der Fotos von mir vor den Tempeln schießen kann, vice versa.

Es ging also mit dem ultimativen Muss, dem Sonnenaufgang am Angkor Wat Tempel los, unser Tuk-Tuk­-Fahrer holte uns um 4.30 am Hostel ab. Hat was, wirklich! Das Licht mit samt der Kulisse ist phantastisch! Nichts desto trotz war ich ein bisschen enttäuscht von Angkor Wat Tempel selbst. Bin halt manchmal etwas schwer zu beeindrucken. Nach dem Frühstück gings dann weiter zu diversen anderen Tempeln, die wir trotz sengender Sonne (mal wieder), brav erklommen und besichtigt haben. Schon echt krass, welch Unmengen an Energie damals in den Bau der Tempel gesteckt wurde. Die Machtdemonstation in Form von Gebäuden scheint es also überall und nicht nur im guten alten Europa, ich denk da z.B. an Rom, gegeben zu haben. In Summe sind die Tempel schon beeindruckend und definitiv einen Besuch wert!

Am Nachmittag haben wir dann das floating village besucht. Das Dorf ist auf Booten gebaut und schwimmt nahe dem Tonle Sap, größter See Südostasiens, auf einem Kanal. Die Bevölkerung lebt von der Fischerei und muss jedes Jahr wenns Richtung Trockenzeit zugeht das komplette Dorf auf den See hinaus transportieren, der lediglich zur Regenzeit über 12.000 qkm misst. Dabei bietet der Tonle Sap ein einmaliges Naturereignis. Der Tonle Sap­-Fluss, der in Phnom Penh, der Hauptstadt, in den Mekong fließt, dreht zur Regenzeit die Fließrichtung um, da der Mekong so viel Wasser führt und der See somit als Überlaufbecken fungiert und auf das Vierfache anschwillt. Allerdings merkt man, ist der Bootstrip bei Sonnenuntergang schon sehr auf den Tourismus ausgelegt. Die "Krokodilfarm", ein lediglich 5x20 m großer Käfig beherbergt ca. 6 Krokodile. Auf die Frage warum kam die Antwort, wegen der Touristen. Einen schönen Sonnenuntergang gab es aber trotzdem!

Ansonsten hat die Stadt einiges zu bieten. Der Nightmarket und die Pubstreet haben mir außerordentlich gut gefallen. Vor allem als abends dann auf der gesamten Straße alle möglichen Nationalitäten zusammen getanzt haben. Könnte es nicht überall auf der Welt so komplikationsfrei sein?

Viel Spaß hatte ich auch mit meinem Koch Chun, der mir die kambodschanische Küche etwas näher gebracht hat. Nach dem Marktbesuch und vier gemeinsam gekochten Mahlzeiten, war ich mehr als satt und um einige Geschichten und Informationen reicher. So beträgt der Aussteuerbetrag für seine Zukünftige 2.000 US­-Dollar. Dafür kocht er 7 Tage die Woche in dem Restaurant, schläft auch dort (auf dem Billiardtisch) und kann nur an einigen Tagen die 15 km nach Hause fahren bzw., gehen. 

Dass es mir sehr sehr gut geht, wusste ich schon und auch in den vergangenen Wochen hatte ich schon mehr als einmal Tränen in den Augen vor lauter Glück, dass ich dieser Reise und Erfahrungen machen darf. Vor dem Hintergrund der kambodschanischen Vergangenheit, die sich an zwei Plätzen in der Hauptstadt und 20 km außerhalb sehr deutlich präsentiert, wirkt es umso wertvoller in völliger Freiheit das tun zu können, was ich will. 

Die Roten Khmer, allem voran der Anführer Pol Pot, haben 1975 das Land gewaltsam in das eigens ausgerufene Jahr 0 befördert, in dem die Macht übernommen wurde, Geld abgeschafft wurde, sämtliche Intellektuelle und Gegner des Regimes in Gefangenenlager gesteckt und die Städte aufs Land zwangsevakuiert wurden, so dass die (teilweise Millionen­) Städte innerhalb von 5 Tagen (!) verwaist waren. Die städtische Bevölkerung musste zusammen mit den Bauern auf dem Land 12­16 h pro Tag schuften, um den Agrarkommunismus zu unterstützen. Zu Essen gab es zweimal täglich eine halbe Schale voll Reissuppe mit ein paar Körnern Reis darin. Wer sich widersetzte oder aufgrund  von Bildung (das Tragen einer Brille reichte bereits aus um als intelligent zu gelten) nicht in das Bild passte wurde z.B. im S21, ein Gefängnis, dass ich in Phnom Penh besuchte, und was ironischerweise vor der Umfunktionalisierung eine Schule gewesen war, gefangen gehalten, misshandelt, gefoltert (Fingernägel rausgerissen, Brustwarzen abgeschnitten, Schläge, Elektroschocks, etc.) im Laufe der 4 jährigen Schreckensherrschaft war es aus Sicht der Machthaber notwendig immer mehr Regimegegner zu eliminieren, so dass ein vormals existierender chinesischer Friedhof vor der Stadt in die Killing Fields, deren einziger Zweck es war, die Menschen auf die barbarischste Art und Weise umzubringen, umgewandelt wurde. Um wertvolle Pistolenkugeln zu sparen wurden die Menschen im Dunkeln vor den ausgehobenen Massengräbern mit sämtlich erdenklichen Geräten aus der Landwirtschaft zu Tode geprügelt und in das Grab gestoßen. Die Schreie wurden mit Musik, die aus einem Laufsprecher kam, mit samt dem aufdringlichen und hämmernden Geräusch des Stromgenerators übertönt.

Die heutige Gedenkstätte, die gleichzeitig stellvertretend für die über 150 Killing Fields, die nach der Befreiung im Land gefunden wurden, ist ein unwirklich schöner Park mit See und Obstbäumen. Unfassbar, welch Völkermord am eigenen Volk hier und überall im Land vollzogen wurde! In der kurzen Zeit der Macht der Roten Khmer wurden ca.1,7­2,2 Mio. Menschen, also ein Viertel der Bevölkerung ermordet oder ist an den Folgen (Hunger, Hygiene, etc.) gestorben.

Der Audioguide berichtet von einzelnen Schicksalen, die mir bereits jetzt einen riesigen Klos im Hals bescheren. Die Massengräber, die sukzessiv ausgehoben und die Leichname untersucht und für die Aufbewahrung in der Stupa vorbereitet wurden, zählen in Summe rund 20.000 Menschen. Nach etwa der Hälfte der Leichname hat man entschieden die Toten an diesem Ort ruhen zu lassen. Immer wieder kommen Knochen und Kleidungsstücke durch den Regen an die Oberfläche, die von den Angestellten eingesammelt und aufbewahrt werden. Den grausigen Höhepunkt des Rundgangs bildet mit Abstand ein riesiger Baum, an dem Babys und Kleinkinder zerschmettert wurden. In der Stupa befinden sich wie gesagt Knochen von rund 10.000 Menschen.

Nach der Befreiung durch die Vietnamesen, die eigentlich das Land für sich selbst beanspruchen wollten, flohen die Anführer der Roten Khmer in Exil, um sich dort neu zu formieren. Unvorstellbar ist dabei, dass die Vereinten Nationen, also u.a. auch USA und Deutschland, die Regierung und den Roten Khmer bis in die 90er Jahre anerkannt hat!

Unsere deutsche Geschichte ist gefühlt so häufig in der Schule durchgekaut worden und nach wie vor präsent in den Köpfen, weil so etwas nicht ein nochmal passieren darf. Gleichzeitig war es für unsere Generation immer schon so lange her. Diese Brutalität in Kambodscha ist noch keine 40 Jahre her und es gibt noch jüngere Beispiele von Genoziden wie Ruanda oder Bosnien. Die Erlebnisse sind den Kambodschanern noch sehr präsent und es wird sicherlich noch lange Zeit brauchen, bis dieser Teil der Geschichte aufgearbeitet ist.

Sehr schön war ein spontaner Moment als ich einer Zeremonie zum Feiertag bewohnen durfte. Besonders beeindruckend fand ich, dass hier wirklich an jeder Ecke gutes Englisch gesprochen wird. Ich bezweifle stark, dass Touristen in der Mainzer Innenstadt solche klaren Antworten bekommen würden! Auch wenn die Leute hier (sei es im Bus mit dem Handy oder mit dem zarten Hintergedanken mehr Geschäft zu machen) ganz schöne Quasselstrippen sind, meistens aber nett, offen und neugierig sind, muss ich doch gestehen, dass ich aufgrund meines Eindrucks der wenigen Tage hier nicht zwangsläufig wieder kommen muss. 

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