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Im Norden Kolumbiens

Veröffentlicht: 28.04.2019

Nachdem ich mich lange genug im Süden des Kontinents aufgehalten habe, geht es jetzt in den hohen Norden. Von Kolumbien habe ich im Vorfeld schon einiges gehört. Dass die Natur sehr abwechslungsreich sein soll, die Menschen super freundlich und natürlich über die noch heute belastenden und nicht so schöne Drogenvergangenheit des Landes.

Cartagena, die Stadt in der ich nach einem ganzen Tag fliegen, ankomme, ist eine Kolonialstadt wie sie im Buche steht. Die Stadt heißt zur Unterscheidung der spanischen Schwester Cartagena de Indias und verweist damit auf die afrikanischen Sklaven, die die Region erst mit aufgebaut und den industriellen An- bzw- Abbau von Zucker, Gold und Edelsteinen ermöglicht haben.

Durch die nördliche Lage wurde diese Region mit als erstes besiedelt, nachdem Kolumbus die Entdeckung Amerikas gemacht hat. Die Hafenstadt Cartagenas lebte vom Handel und wuchs schnell. Der Reichtum hat wiederum Piraten angelockt. Die Folge war die Sicherung der Stadt durch eine riesige Festung bzw mehrere Anlagen, die auch heute noch zu besichtigen sind.

Ich fühle mich hier gleich recht wohl. Die Häuser sind in knalligen Farben angestrichen, es blüht an vielen Ecken und alle 100 m spielt Musik aus einem Radio, hauptsächlich Salsa. Eigentlich, und der Gedanke kam mir in den letzten drei Wochen immer wieder, ist Kolumbien so, wie ich es damals von Kuba erwartet, aber nicht vorgefunden habe. Naja, nur die Oldtimer fehlen.

Die Menschen sprechen ein ordentlich, für mich meist zu verstehendes spanisch und sind sehr zu vorkommend. Ständig wird man willkommen geheißen, mit "amiga" angesprochen oder gefragt, ob man etwas benötigt.

Es gibt viele nette, aber auch vergleichsweise teure Restaurants und Bars. Das bekannte Cafe del Mar hat eine ganz besondere Stimmung beim Sonnenuntergang. Der Cocktail in der Hand, die Musik im Ohr, späte Sonnenstrahlen auf der Haut und eine leichte Brise im Haar, da läßt es sich ganz gut aushalten.

Eine Partynacht bestätigt, dass es viele Touristen auch aus Kolumbien oder anderen südamerikanischen Ländern gibt. Die Tanzfläche ist gerammelt voll, alle tanzen ausgelassen und mit deutlich mehr Körperkontakt, wie ich das von zu Hause gewohnt bin. Es sind zwar immer die gleichen Lieder, dafür kann jeder mitsingen, inkl. mir. Ich hatte ja bereits in den letzten Wochen die lateinamerikanischen Charts verfolgt. Und ratzefatz ist die Party um und wir werden um 3 Uhr aus der Bar geworfen.

Neben dem Stadtleben gibt es hauptsächlich die vorgelagerten Inseln mit entsprechendem karibischen Strand zu besuchen. Ein Schnorchelausflug gehört selbstverständlich auch dazu. Leider geht man mit den Korallen nicht sehr sorgfältig um, so dass hier auch nur noch wenig erhalten ist, auch wenn man bereits ein Naturschutzgebiet eingerichtet hat.

Es folgt ein weiterer Tagesausflug zu einem Vulkan, der zugegebenermaßen ziemlich menschengemacht aussieht. Das Schlammbad soll schön machen und ist eine mords Gaudi, da man mit den Füssen keinen Boden spüren kann und somit keinerlei Kontrolle über seine Bewegungen in der ungewohnten Textur hat. Die "Bademeister" schubsen einen dann einfach wieder zur Ausstiegsleiter, wenn die Zeit um ist.

Im Anschluß besuchen wir noch einen pinken Salzsee, der seine Farbe durch eine spezielle Alge bekommt, die selbst in einem Gewässer mit sehr hohem Salzgehalt leben kann. Den Nachmittag lassen wir in einem schönen Swimmingpool ausgeklingen.

Dann geht es für vier Tage in den Dschungel. Mit nur einem kleinen Rucksack ausgestattet, macht sich unsere 15 Mann starke Truppe auf den Weg zur verlorenen Stadt.

Diese heilige Stätte der Ureinwohner, die seit dem 9. Jahrhundert n. Chr. hier gelebt und ihre Riten durchgeführt haben, musste nach der Ankunft der Spanier verlassen werden, da die eingeschleppten Krankheiten die Naturmenschen dahingerafft und man dem Ganzen ein böses Omen zugesprochen hat. So kam es, dass die Stadt für ca 300 Jahre in Vergessenheit geriet, bis ein Bauer sie wieder eindeckt hat.

Da Gold ein elementarer Bestandteil der Kultur war, entdeckte man unglaubliche Schätze und hat über Jahre hinweg geplündert und die von den Einwohnern kunstvoll gestalteten Gegenstände teuer und illegal auf dem Schwarzmarkt verhöckert. Zu Hochzeiten gab es bis zu 40 Familien, die die Gräber plünderten und den aufwendigen Transport nach Santa Marta durchführten.

Da Reichtum unweigerlich zu Neid führt, kam es zu gegenseitigem Diebstahl der Grabräuber und einem Mord, der zur Folge hatte, dass die Regierung über die Existenz der verlorenen Stadt benachrichtigt wurde und alsbald die offizielle Ausgrabung veranlassen konnte. Zu diesem Zeitpunkt war jedoch nur noch ein Bruchteil der Schätze vorhanden.

Die vier Naturvölker leben auch heute noch sehr autark und naturverbunden in der Region der Sierra Nevada de Santa Marta. Das Leben ist recht einfach. Die Frauen ernten in einem speziellem Ritual die heiligen Cocablätter, die allerdings nur von den Männern konsumiert werden dürfen. Die Mädchen werden ab 15 Jahren vom Schamanen mit einem passenden Jungen vermählt und erhalten als Aussteuer und gleichzeitig als Persönlichkeitsidentifikation ein Instrument zum Spinnen von Baumwolle, da es keine kultivierte Schrift gibt.

Die Männer erhalten zur Hochzeit auch einen Gegenstand, den sie fortan immer bei sich tragen. Der getrocknete Kürbis wird in einer Art Meditation mit einem Stempel, der mit gekauten Cocablättern und gemahlenen Muschelkalk ummantelt ist, umschmiert. Im Laufe der Zeit wächst dort eine harte Schicht. Sollte der Gegenstand durch den steinartigen Kranz zu unpraktisch zum transportieren werden, erhält ihn der Schamane, der das Gewächs begutachtet und die Gedanken, die während der Prozedur eingeflossen sind, analysiert. Der Mann fängt dann einen neuen Kürbis an.

Beide Geschlechter tragen die gleichen Gewänder. Ein weißes Hemd bzw Tuch. Für die Unterscheidung der Geschlechter, da beide sich die Haare nicht schneiden (ist Ausdruck der göttlichen Natur), tragen die Mädels Ketten und die Jungs oder Männer eine Umhängetasche.

Die Aufgaben sind sehr streng aufgeteilt. Die Frau spinnt, kocht (stirbt aufgrund der ständigen Präsenz am offenen Feuer schneller und überwiegend an Lungenkrebs), webt, kümmert sich um die bis zu 15 Kinder (keinerlei Eingriff in die Natur, das Kind als Geschenk der Götter) und näht die häufig anzutreffenden Umhängetaschen. Der Mann beackert das Feld, kümmert sich um die Tiere und macht eben das mit dem Kürbis.

Das, was als heiliger Akt beschrieben wird, ist für den westlichen Zivilisationsmensch irgendwie ein wenig ekelig. Der im Mund vermatschte Brei wird wie in der oralen Phase eines Kleinkindes auf den Kürbis geschmiert. Die Cocablätter sind selbstverständlich heilig, weil sie einen näher an die Götter der Natur bringen und sie dem Mann Kraft geben. Ja klar, wenn man immer ein wenig high ist, gibt das schon ein gutes Gefühl. Die Geschichten, die uns aus erster Hand erzählt werden, klingen irgendwie logisch aber gleichzeitig auch wirklich sehr weit weg von unserer Kultur. Schön, finde ich jedoch, dass sich diese Kultur noch das bewahrt hat, was bei vielen anderen indigenen Völkern schon lange nicht mehr vorhanden ist.

Als sehr kritisch sieht der eine Vertreter der Gemeinschaft, der uns für Fragen zur Verfügung stand, die Entwicklung der Handies, da die Kinder ihres Stammes nun auch damit in Kontakt gekommen sind. Und die steigende Umweltverschmutzung, deren Einflüsse sich auch in der Sierra Nevada bemerkbar machen.

Wenn man nach dem anstrengenden Marsch zur verlorenen Stadt, der deshalb so kräftezehrend ist, weil man mit der sehr hohen Luftfeuchtigkeit zu kämpfen hat, endlich ankommt und die Geschichten erzählt bekommt, kann man es sich bildlich vorstellen, wie zum einen die Ureinwohner hier früher gelebt haben, zum anderen aber auch wie die Grabräuber wie Indiana Jones auf Schatzsuche gegangen sind.

Nach den intensiven Wandertagen geht es im Anschluß weiter in den östlichen Norden, bis an den nördlichsten Punkt Kolumbiens und gleichzeitig auch Südamerikas. Von der letzten größeren Stadt geht es zwei Stunden mit einem Jeep über staubige und löchrige Straßen, um dann in einem verschlafenen Dorf, das unter Kitesurferanfängern ein Paradies sein muß, anzukommen.

Süßwasser gibt es hier nicht, nur Salzwasser. Daher wird das kostbare Gut mit einem Tanklastwagen ebenfalls zwei Stunden über die abgelegene Strasse gebracht. Dort angekommen, wird das Wasser in einen Tank gefüllt, der sich in einem abschließbaren Raum befindet. Möchte man sich als Hotelgast duschen, so muß man das dem Personal mitteilen und man bekommt einen einzelnen Eimer mit kalten Wasser, den man sich dann mit einer Tasse mit Bedacht über den Kopf tröpfeln kann. Das schöne daran, es reicht zum duschen wirklich ein Eimer voll Wasser und die Temperatur ist für die trockene Hitze hier auch mehr als angenehm.

Die Natur ist hier wirklich sehr unterschiedlich im Vergleich zu Santa Marta. Die Wüste, die direkt ins Meer mündet bringt viele Farbtöne hervor, die Vegetation ist überschaubar. Kakteen wachsen dafür recht gut und die Ziegen scheinen auch wo auch immer etwas essbares zu finden.

Die Nacht in einer Hängematte wird mir noch lange in Erinnerung bleiben. Das Schaukeln ist zwar sehr entspannend, dafür ist es für Seitenschläfer doch ein wenig unbequem.

Nach über drei Wochen Kolumbien mache ich eine kleine Pause und fliege für zwei Wochen nach Florida.

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