Veröffentlicht: 29.04.2023
Ich gehe los, um 9 Uhr ist Theater angesagt. Da ist nur eine Viertelstunde entfernt ist gehe ich zu Fuß. Gute Entscheidung, es gibt mal wieder eine Menge zu sehen. Als ich durch einen kleinen Park gehe, sehe ich ein Schild, dass dieser Platz als Sammelplatz für Erdbeben fungiert. Wieder diese Präsenz der konstanten Bedrohung, sei es durch die Natur oder den Norden.
Nachdem ich meinen 7/11 Tee genossen habe, gehe ich zum Theater. Die Show fängt um 09:30 an, ich erwarte also keinen großartig vollen Saal. "Warum bieten die eigentlich eine Vorstellung um 09:30 an?", frage ich mich. Das Leben findet hier in Asien sowieso nicht vor 10:00 oder 11:00 statt. Als ich um 09:15 zu meinem Platz gewiesen werde, kann ich mir die Frage noch nicht selbst beantworten. Ich bin weit und breit der einzige, werde genau in die Mitte gesetzt. Bester Platz. Eine Minute später helfen mir die Platzanweiser auf die Sprünge; der Raum flutet sich mit Schulkindern, ich schätze um die 10 Jahre jung. Es dürften über 100 sein.
Was für eine willkommene Abwechslung. Das war nicht nur mein Gedanke, sondern scheinbar auch der der Kinder. Ich freue mich drauf; Kinder bringen ihre eigene, lebhafte Energie mit. Alle Mädchen zwei Reihen vor mir drehen sich neugierig zu mir um, winken und rufen dem Ausländer "Hello!" zu. 👋.
Es wird ein Lied eingespielt, was die Kurzen scheinbar sehr gut kennen. Sie klatschen fröhlich und singen im Rhythmus, es macht auch mir Laune. Diesen Zeitpunkt zu wählen war genau die richtige Wahl.
Nach einer Weile geht die Show los. Und von der ersten Minute an denke ich mir: "Wie geil ist das denn?" Zwei Beatboxer geben eine mega gute Performance ab, die werden später sogar noch "LMFAO - Drink" imitieren.
Neben Beatboxern sind auch Breakdancer dabei. Das gepaart mit Gesang und Illusionen, umschnürrt von einem Story-Korsett, wow! Ich habe die Zeit meines Lebens.
Unerwartet kommt einer der Schausteller, der rote Chefkoch, durch die Zuschauerreihen. Er sucht wohl für die Pizza-Szene einen Freiwilligen. Witzige Idee, sogar mit Einbindung des Publikums. Irgendwann dämmert es mir, dass er keines der Kinder auf die Bühne holen wird, sondern direkt mich ansteuert.
Er nimmt mich mit auf die Bühne, setzt mich zu einer jungen und leider blasiert wirkenden Lehrerin. Sie auf der linken Seite des Tisches, ich auf der rechten Seite. Wir mimen ein Rendezvous. Nun ja, zumindest ich spiele mit. Neben ihr hält einer der Beatboxer ein Schild hoch. "Name"
Der Chef hält mir sein Mikrofon hin, ich nennen meinen Namen, sie nennt anschließend ihren Namen.
Der Beatboxer hält ein weiteres Schild hoch. "Drink"
Sie stößt widerwillig mit mir an, ich nippe am Traubensaft.
Der Beatboxer hat ein drittes Schild parat. "Kiss"
Die Kinder quittieren dies mit einem großen Geschrei, die Lehrerin mit Augenrollen. Ich bin nicht überrascht. Noch nicht...
Das Licht geht aus. Irgendwas passiert. Das Licht geht an, eine der Schauspielerinnen steht vor mir, mit dem Rücken zum Publikum und imitiert einen Kuss mit mir. Großes Kindergeschrei.
Das Licht geht aus. Irgendwas passiert. Das Licht geht an, die selbe Schauspielerin tut so, als würde sie von der Lehrerin gewürgt. 😁
Das Licht geht aus, dann wieder an, die Szene ist beendet.
Der Chef drückt mir eine Tüte mit einem Souvenir in die Hand und schickt mich mit einem "Thank you, handsome guy." von der Bühne. 😅
Als die Show zu Ende ist, bleibe ich sitzen und warte bis sich der Saal geleert hat. Ich habe es nicht eilig. Als die Kinder gehen, verabschieden sich die beiden Reihen vor mir. Die Jungs winken mir, die Mädchen sagen "Bye, handsome Thomas!". Es ist soooo sureal und zugleich verzaubernd. Aber damit nicht genug.
Das letzte Mädchen aus der Reihe hält mir die Hand wie zu einem High-Five hin, ich gebe ihr die Hand, und sie flippt aus als hätte sie ein K-Pop Start berührt. Ach ja, Kinder.
Ich gehe aus dem Theater raus, höre immer noch meinen Namen, selbst als ich um die Ecke gehe. Ich kann auch vom diesem Erlebnis eine Menge mitnehmen.
Diese Kinder haben mir mal wieder vor Augen geführt, wie schön es sein kann, einfach mal das zu tun, wonach einem ist. Ich habe mich in den letzten Wochen hier und da dabei erwischt, wie ich gerne etwas Spaßiges mit anderen, fremden Menschen machen wollte. Aber ein Teil von mir hat mich dann letztendlich zurückgehalten.
"Das macht man doch nicht." "Was wäre, wenn..."
Dabei sollte, wenn überhaupt, der eigentlich Gedanke sein: "Werde ich es in 5 Jahren bereuen?"
Auch das Thema mit der Neugier. Es gibt einen Grund, warum es Neugier oder Neugierde heißt. Weil du gierst nach Neuem. Gier steuert dich, oder du lässt dich Gier treiben und steuern. So oder so ist es etwas starkes, die Kontrolle übernehmendes. Du willst es einfach.
Ich wandere durch die Straßen und durch die Malls, alle relativ leer. Mir fällt aber nach wie vor die Sauberkeit auf. Ich werde zwar kein Fan von CCTV und der ständigen Überwachung, aber solche Vorteile sind unübersehbar. Abgesehen vom Thema Sicherheit.
Nachdem ich eine echt leckere Bowl gegessen habe, will ich auch hier noch mal am Flussufer spazieren gehen. Aber warum gehen, wenn man doch Fahrradfahren kann. 0,70 € für eine Stunde Leihfahrrad? Günstig. 3,5 € für 24 Stunden? Noch günstiger.
Das zumindest in der Theorie. In der Praxis bekomme ich ständig koreanische Fehlermeldungen ausgespuckt. Fehler bei der Kreditkarten-Zahlung. Na danke für nichts. Das fällt auf: Auch wenn hier Seiten oder oder Apps auch English angeboten werden, so sind sie im besten Fall halbwegs übersetzt. Spätestens bei den Fehlermeldungen muss ich einen Screenshot machen und durch den Übersetzer jagen Nun gut, dann halt zu Fuß im Sonnenschein.
Ich habe noch einen Punkt, den ich hier von meiner Liste abhaken möchte. Das Erdmännchen-Café.
Bisher hatte ich ein Katzen-Café und ein Papageien-Café besucht. Vor Jahren. Da ich mein Leben lang nie Haustiere hatte, war es für mich immer etwas Besonders und Aufregendes. Ich könnte ja was kaputt machen.
Hier habe ich bereits mehrere Papageien-Cafés gesehen, da hat mich aber diesmal nichts reingezogen.
Ja, ich habe das Schaf-Café besucht, dann aber festgestellt, dass ich mittlerweile eine andere Beziehung zu so etwas entwickele. Oder vielleicht ist es auch ein anderes Gespür dazu.
Im Erdmännchen-Café zahle ich erst mal Eintritt, 20 €. Ooouufff, aber gut. Ich rede es mir schön. Das Café ist über zwei Etagen verteilt, es ist schön hell. Es hat verschiedene Bereiche, manche durch Glas eingezäunt. Wie z.B. zwei Füchse, was mich erschreckt. Mein Wohnzimmer ist größer als das Gehege.
Ich gehe in den zweiten Stock, wo auch weitere Erdmännchen warten. Aber nicht nur das, sondern auch Katzen, Waschbären und drei Wallabys.
Ich beginne mich hier mehr und mehr unwohl zu fühlen. Das hier ist doch keine Umgebung für ein Känguru. Der Gedanke verstärkt sich Minuten später dank der gelben Lache auf dem Boden.
Nach einiger Zeit werde ich und noch eine andere Touristin mit zum Erdmännchengehege genommen. Wir bekommen eine deutliche Einweisung und mehrfach die Warnung, dass wir bei Verstoß sofort rausfliegen. Immerhin scheinen sie diesen Aspekt ernst zu nehmen.
Im Gehe müssen wir uns hinsetzen und eine Decke drüber unseren Schoß legen. Die Tiere würden nämlich auch buddeln. Als wir Platz genommen haben, werden wir dort 10 Minuten sitzen. Ein Teil von mir hat bereits nach 1 Minute genug gesehen.
Zwei der Tiere liegen in ihrem Körbchen, verbringen die meiste Zeit mit schlafen. Das dritte Tier hetzt immer wieder durch das Gehege, wirkt gestresst. Es fühlt sich sichtlich unwohl.
Es kommt mir so rüber, als hätten die zwei bereits mit ihrem Schicksal vorlieb genommen, während das dritte Tier einen Ausweg aus der Gefangenschaft sucht.
Ich denke, mittlerweile habe ich genug von Tier-Cafés. Es mag welche geben, bei denen das mit bestimmten Tieren funktioniert, wie z.B. Hauskatzen. Aber alles andere?
Ich verlasse den Laden mit einem komischen Gefühl, ziehe weiter, um meinen letzten Arbeitstag in Seoul zu absolvieren.