Veröffentlicht: 09.05.2023
Dada, Tata, Papa. Egal wo du auf der Erde auch bist, das versteht jeder. Und Tränen. Tränen sprechen ihre eigene Sprache.
Es ist Sonntag, Abreisetag. Ich stehe um 6 Uhr auf, packe die restlichen Sachen und gehe duschen. Als ich mit Duschen fertig bin, höre ich die junge Tochter des Gastgebers nach ihrem Vater rufen. Nope, ich bin es, der hier duscht, nicht dort Papa. Denke ich mir, denn sie spricht mit ihre vermutlich 10 Jahren max. natürlich kein Englisch. Ich gehe in mein Zimmer, treffe die letzten Vorbereitungen. "Tata? Tata!". Es hört nicht auf. Die Kleine kommt in mein Zimmer, sucht ihn hier. Nope.
Ich gehe mit ihr in den Flur, sie setzt sich heulend mit ihrem Handy auf den Boden. Also setze ich mich dazu. Mit meinem Handy. Nicht heulend, sondern die Nummer des Vaters wählend halte ich ihr meine Hand hin. Sie nimmt sie, was sie beruhigt. Auf Lautsprecher gestellt höre ich eine japanische automatische Ansage. Ich kann mir denken, was es heißt.
Also versuche ich es noch mal. Und noch mal. Und noch mal.
Beim vierten Mal ertönt ein "Moshi, moshi?" aus dem Lautsprecher, ich reiche ihr das Handy. Situation geklärt, ich darf doch noch zum Flughafen. Öfter mal was Neues.
Im Flughafen buche ich ein Ticket für ein Baseballspiel. Mit 44 € scheint es mir angemessen.
Ich hatte mich vor meiner Ankunft in Japan über die Ticketkäufe informiert. Hatte mir schon die größte Odyssee ausgemalt. Tja, veraltete Anleitungen. Von der Eingabe des Suchbegriffs bis zur Abbuchung sind gerade mal 5 Minuten vergangen. Ich muss mich nicht großartig irgendwo an einen Ticketschalter anstellen. Ich kann mein Ticket ab morgen in jedem 7-11 abholen. In der E-Mail steht genau drin, was ich dem Mitarbeiter sagen und vorzeigen soll. Einfacher geht's nicht.
Danach greife ich noch mal zu. Bevor ich nach Südkorea gegangen bin, hatte ich mich drüber geärgert, dass ich zu der Zeit in Japan kein Sumokampf besuchen konnte. Nun ist alles anders. Genau in dem Zeitraum, in welchem ich Tokio besuchen werde, findet "zufällig" das große Mai Turnier statt. 🔮
30 € klingt anfangs viel. Stellte sich heraus: Einlass 08³⁰, es geht bis 18⁰⁰, und du kannst zwischendurch genau einmal raus und wieder rein. 9,5 Stunden Sumo für 30 €, das erhält das höchste Deutsche Lob: "Da kann man nicht meckern." 😂
Beim Check-In für den Domestic Flight sehe ich rechts von mir den Schalter für den Taiwan-Flug. Das wäre mein ursprüngliches Ziel gewesen. Zwei Wochen Taiwan statt Wunscherfüllung in Kyoto und Tokio. Und alles nur, dann der miesen Zeit in Busan. Alles richtig gemacht. Das Schlechte ist dafür da, uns das Gute aufzuzeigen.
Ich komme in Osakas Flughafen an. Was mir auffällt, sind die Durchsagen in nicht nur Japan und Englisch sondern auch koreanisch und chinesisch. Ich organisiere mir ein Ticket für die einstündige Fahrt ins Hotel. In Tokio, bei meiner ersten Ankunft kam ich hierbei im wahrsten Sinne des Wortes ins Schwitzen, ganz so alleine, ohne Erfahrung. Diesmal habe ich mein 6 Wochen erfahreneres Ich dabei, es geht Recht zackig. Aber ich kann nach wie vor gut verstehen, dass es sehr leicht überfordernd ist. Und das hier ist noch nicht mal Tokio.
Ich checke kurz ein und esse eine Portion Cup Noodles. Das Original. Und was soll ich sagen, die sind verdammt gut. Danach wieder das Übliche, shoppen. Ich merke, wie schön ruhig es auf Okinawa war, aber das hier liegt gerade mehr in meine Energie.
Diese Stadt ist der wahr gewordene Entertainment-Distrikt. Ich gehe auf meinen Weg zum Elektronikhandel den direktesten Weg und schlendere dabei eine Marktstraße entlang. Irgendwann merke ich, dass es die ganze Zeit regnet; aber das stört mich nicht, denn es ist die ganze Zeit überdacht. An einer großen Kreuzung gehe ich einfach die U-Bahn runter auch hier geht's einfach nur weiter in die nächste Einkaufsstraße, diesmal unter der Erde.
Ich lande im BicCamera, und gehe zuerst in die Elektronikabteilung. Ich kaufe etwas, was ich hätte schon am Anfang kaufen sollen. Ein 3-poliges Kabel für mein Laptop-Ladegerät. Kein nerviger Stromadapter mehr, der nach vorne überkippt. So befreiend. 🤗
Dann ab in die Nintendo-Abteilung, hole mir ein paar Accessoires für meine Switch. Ich sehe ein Schlagring für Joy Cons und denke mir: "Haha, wer kauft denn sowas Bescheuertes?" Dann überlege ich ein zweites Mal und denken mir: "Hey, ich will doch Boxen, das ist ideal!" Für 7 € ist's gekauft.
Mit meinen Einkäufen gehe ich noch ein wenig durch die Spielzeugabteilung und staune nicht schlecht. Power Rangers gibt's immer noch?! Ein wenig moderner als damals, aber die Machart ist so, als wäre die Zeit stehengeblieben.
Auf dem Weg zum Aeon, dem Food Market, sehe ich den Eingang zu einer kleinen Spielehalle. Die üblichen Greiferautomaten. "Na ja", denke ich, gehe ich Mal rein.
Im ersten Stockwerk sieht es aus wie gewohnt. Greiferautomaten, so weit das Auge reich. Doch ich stelle fest, dass dies nicht die einzige Etage ist. Vor mir öffnet sich der Himmel. Oder die Hölle. Je nachdem.
13 Etagen Amusement. Das ist Französisch für "auf die Kacke hauen". Es gibt hier alles. Ballern, Boxen, Züge fahren, Angeln, Rennen fahren, Tanzen auf Matten, Tanzen vor bewegungserfassenden Kameras, Schlagen mit Drum Sticks, Schlagen auf Kreise, Berühren des Bildschirms, Taktisches Gespiele, Gundam, Ziehen-Drücken-Drehen. Und ich bin gerade mal durch zwei Stockwerke durch.
Dazu gibt's dann noch mehrere Ebenen Spo-Cha, Sport Challenge genannt. Daten, Bowling, Tischtennis. Ein Stockwerk Karaoke. Die Automaten, wo du Münzen reinschmeißt und hoffst, dass genau deine Münze eine Kettenreaktion auslöst. 30 Plätze für Pferderennen. Und dann noch ein Dutzend Dinge, mit denen ich nichts anfangen kann.
Ich überlege, wann ich hier hingehen soll. Die Öffnungszeiten sind nicht das Problem, 24 Stunden offen. Ein ATM steht hier auch bereit. Ich wollte sowieso noch Geld abheben, 30 € sollten mehr als genug sein. Der Automat gibt nur 70€ raus, als Vorgabe. Auch kein Problem. Ich kann alles auf die Pendlercard Sucia laden, damit kann ich auch in Läden zahlen. So kriege ich das Geld auch durch, habe ja noch über 2 Wochen hier.
Nach über einer halbe Stunde ziehe ich dann doch endlich weiter, obwohl ich nicht eine Münze eingeschmissen habe. Es gab einfach zu viel zu sehen. Innerhalb eines Umkreises von 100m sehe ich noch zwei weitere Läden ähnlicher Größe. Dazu noch unzählige Läden und Restaurants, teilweise 24/7. Willkommen in Dotonbori. Wer sein Gehalt durchkriegen will, sollte das hier innerhalb kürzester Zeit problemlos schaffen.
Auf dem Weg zum Eon gehe ich wieder durch das Rotlichtviertel, durch das ich auf dem Hinweg schon gekommen bin. Zumindest habe ich das starke Gefühl, dass es das ist. Noch weiß ich nicht, dass ich morgen um die gleiche Zeit Gewissheit haben werde. Hier laufen die weiblichen Nepper, Schlepper Bauerfänger in sexy Schuluniform herum. Ein falscher Blick und du sie hängen an dir ran. Schnell zurück ins Hotel.