Im Kojteich
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Nagano - Japanische Affenbande

Veröffentlicht: 11.04.2023

Affenbande 🐒🐒🐒

Wir sind nur für eine Nacht in unserer Unterkunft. Die Unterkunft hat einen Onsen. Ergo, warum nicht den Onsen mehr als nur einmal nutzen? Damian und ich hatten uns für 06:45 für das heiße Bad verabredet, da sitzen wir nun also und lassen es uns gut gehen. Was für ein Affenleben.

Nachdem wir uns frisch gemacht haben, geht es für uns erst mal mit dem Bus Richtung Affenpark. Auch hier wieder eine Neuheit für uns. Wir steigen hinten ein und müssen ein Ticket ziehen. Dort steht eine Nummer drauf. Jede Station hat seine eigene Nummer. Vorne hängt ein Bildschirm mit allen Nummern. Je länger du fährst, umso größer wird der Yen-Preis auf deiner gezogenen Nummer. Beim Verlassen zeigst du dem Busfahrer dein Ticket, und dann schmeißt du deine Münzen abgezählt in einen Einwurf. Komplettes Vertrauen. Du könntest auch random anderes Geld reinschmeißen, im Stress würde der Fahrer es nicht merken. Aber es funktioniert.

Nach einer Weile erreichen wir den Park. Dieser Affenpark ist bekannt seine heiße Quelle, welche als heißes Bad für die Affenbewohner der Gegend dient. Wenn ihr einmal ein Foto im Schnee mit Affen im dampfenden Wasser gesehen habt, dann ist die Chance sehr groß, dass es genau dort geschossen wurde. Wir gehen die Zeit bevor wir in die nächste Stadt ziehen, nach Kanazawa an die Westküste.

Bevor es aber mit der Bahn zurückgehen komme ich nicht um einen Besuch einer schönen Tempelanlage drumherum. Der Ausblick ist so befriedigend, vor allem weil wir die schneebedeckten Gipfel der umliegenden Berge über den Torii sehen können. Zwischendurch erklärt Mark mir, was ist mit den steinernen Hütern auf sich hat, die links und rechts am Eingang zu sehen sind. Die Komainu genannten Löwenhunde haben jeweils ein Maul geöffnet und eines geschlossen. Wenn du die Anlage betrittst, dann nimmst du die Seite des Tori, auf welcher der Komainu eine geöffnetes Maul hat. Er lädt dich quasi zum Reinkommen ein. Wenn du die Anlage verlässt, dann nimmst du die andere Seite, nämlich die Seite, auf welcher der Löwenhund sein Maul geschlossen hat. Ob es beim Reinkommen die linke oder rechte Seite ist, kann von Tempel zu Tempel variieren.

Nach dieser kleinen Wissenseinlage geht's zum Hotel, danach zum Bahnhof. Und wir erleben wieder die Klappe neben dem Automaten. Mark macht mich darauf aufmerksam, dass die Geldscheinausgabe des Automaten nur eine Blende ist. Wenn du Geldscheine zurückbekommst, dann ist dass ein Mensch, der hinterm Automaten sitzt. 🤣 Alle Leute quetschen sich in die mittleren Wagons. "Pah, Anfänger!" Wir machen das, was wir auf der Hinfahrt schon machen wollten, setzen uns auf die letzten Plätze im hinteren, komplett leeren Wagon. Aussicht auf die Berge, eine Stunde lang.

Nach einer Busfahrt mit erneuter Vertrauensbezahlung komme ich in meinem Capsule Hotel an. Noch habe ich die Superior Version genommen, ein Raum. Aber die Tage werde ich mich weiterhin verkleinern. Bis zum Minimum. Für seine Größe ist es das wahrscheinlich Hotel, was ich je vorgefunden habe. Es ist hier nicht erlaubt zu telefonieren oder sich in den Pod Areas zu unterhalten. TV kannst du nur über die bereitgestellten Kopfhörer hören. Auf die Ebene kommst du nur mit die Karte, die Räume selbst sind nicht abschließbar. Es gibt aber unter dem Bett ein Security-Bereich. Für meinen Backpack definitiv zu klein, mein Rucksack passt nach ein bisschen umräumen rein. Aber das ist kein Problem, denn ich mache mir um meine Sachen keine Sorgen. Im Backpack sind sowieso eine Klamotten drin, und wir sind hier ja auch in Japan. 😅

Nach einer kleinen Pause geht's wieder auf die Piste, zur Burg Kanazawa. Eins fällt mir schnell auf. Die Leute tragen viel weniger Maske als woanders. Es wirkt hier viel entspannter. Aber es ist auch die wohl japanischste Großstadt, die mir unterkommen wird. Denn hier gibt es fast nur Schriftzeichen, noch weitaus mehr als sonst.

Als wir nach einem kurzen Spaziergang eine Anhöhe erreichen und die Burg erblicken, sind wir alle drei gleichermaßen enttäuscht. Die komplette Anlage ist zwar gepflegt und schön, aber irgendwie fehlt hier diese Energie. Es ist wirkt alles so steril. Dann suchen wir halt eine weitere Location auf, den "Garten".

Nachdem wir durch die Gegend gezogen sind, wird es Zeit für Dinner. Rauchen ist in Japan ja komplett eingeschränkt. In der Öffentlichkeit gibt es nur sehr wenige Bereiche, wo es speziell erlaubt ist. Auch in einigen Lokalitäten. Und in genau so einem Restaurant landen wir. Einem, wo das Rauchen erlaubt ist. Und in der Tat, irgendwann fängt jemand vom Nachbartisch an zu rauchen. Dass ich das so mal erlebe.

Zwischendurch greife ich mit einer sehr guten Freundin noch mal das Thema Spirit Animal auf. Aus Gründen der Privatsphäre nenne ich sie mal "Caaaaaarl" 🦙. Die Anzahl der "a" ist hierbei variabel. 😁 Wir gehen ein paar Vorschläge von Caaarl durch, ich nenne Caaaaaarl ein paar Vorschläge in ihre Richtung. Caarl sagt, Wassertier sei ja wohl klar. Ein Koi natürlich. Ein Vogel? Vielleicht ein Falke? Was das Landtier angeht, so landen wir nonfinal bei "Weißer Pavian" und "Schlange". Irgendwo dazwischen und überall sonste wo liegt die Wahrheit.

Nach dem Essen wird es Zeit die Gegend zu erkunden und Minimart-Hopping zu betreiben. Dosengetränke, auf die "Ja, ich bin 20 Jahre alt" klicken, zischen und zum Ziel spazieren. Oder beim nächsten Minimart die gleiche Prozedur wiederholen.

In einem 7-Eleven macht mit Damian auf die Zeitschriften aufmerksam. Wenn ich schon mal hier bin, kann ich ja die komplette Kultur mitnehmen. Also schaue ich mir an, was die japanischen Männer so anturnt. Ein wenig nackte Haut, okay. Weit aus weniger freizügig, okay. Aber... Häää? Was ist das? Ein Druckfehler? Ich blättere weiter. Da, schon wieder. Auch dort. Bei der Hälfte der Frauen ist die Augenpartie stark verpixelt. Ich gucke mir das fasziniert und irritiert an. Ich stelle für mich fest, dass das voll an mir vorüber geht. Mir geht es nicht in den Kopf, wie man sich darauf einen von der Palme wedeln kann.
Das war wohl der abschließende Beweis, was mir vorher schon mehrfach aufgezeigt wurde, vor allem innerhalb der letzten 12 Monate. Die Augen sind mitunter das Intimste, was jemand dir schenken kann. Die Sprüche sind ja alle bekannt. "Spiegel der Seele", und so weiter.
Vor einem Jahr hatte ich eine Situation, in welcher ich mit jemandem über 15 Minuten lang wortlos den Augenkontakt gehalten hatte. Danach kam dann die Frage: "Wie fühlst du dich wirklich?" Das hat mich emotional fast gebrochen, wenn's um den Trauerdamm geht.
Auch Verabschiedungen sind etwas komplett anderes, wenn wortlos einfach nur der Augenkontakt gehalten und genossen wird.

Ja, Sex ist geil, keine Frage. Aber ohne Intimität ist es auch nur Fast Food. Befriedigt auf die Schnelle, hinterlässt dich aber hungrig nach das Gutem und hat dabei noch einen faden Beigeschmack.

Aber vielleicht ist es genau deshalb, warum die Augen hier bei manchen verpixelt werden. Es macht erkennbar, verletzlich, angreifbar.

Nach einem Ausflug durch drei Dosen und einem antiken Viertel trennen sich unsere Wege, ich gehe zurück ins Hotel. Ich träume viel, wild, verschieden, oftmals mit Gruppen. Ich verarbeite, habe sehr viel nachzuholen. Der Schlaf ist die Müllabfuhr der Gedanken. Wache jede Stunde auf. Durchschlafen wäre auch schon sexy.


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