Ich bin dann mal weg
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Argentinien, der Norden: Von Jujuy bis zu den Wasserfällen von Iguazú

Veröffentlicht: 14.05.2023

Nachdem ich am 14.4. Christoph zum Flughafen gebracht habe, genoss ich meine letzten Stunden in Buenos Aires und aß zu Mittag in den Markthallen von San Telmo. Nachmittags holte ich mein Gepäck aus dem Hostel und fuhr mit dem Bus zum kleineren der beiden Flughäfen von Buenos Aires, von wo aus gegen Abend mein zweistündiger Flug nach Jujuy, in den Nordwesten Argentiniens, gehen sollte. Eine Busfahrt von 25 Stunden wollte ich mir diesmal doch nicht antun. Nach einem nicht besonders komfortablen Flug mit der Billig-Airline Flybondi kam ich um halb zehn in Jujuy an, wo mich der Taxifahrer, den der Besitzer meines Hostels organisiert hatte, erwartete. Im Hostel angekommen bezog ich ein schönes Zimmer mit einem Doppelbett nur für mich und der Besitzer begleitete mich zu einem Minimarkt, der um diese Uhrzeit noch geöffnet war. Jujuy ist der Ausgangspunkt in die Quebrada de Humahuaca, leider musste ich die private Tour dorthin, die von meinem Hostel angeboten wurde, ablehnen, da sie mir zu teuer war. So informierte ich mich am folgenden Tag in der Touristeninformation in Jujuy und stellte fest, dass man die Quebrada de Humahuaca sehr gut auf eigene Faust besuchen kann und dort zumindest einmal übernachten sollte. Jujuy als Stadt hat nicht allzuviel zu bieten, jedoch fiel mir sofort auf, dass der Anteil der indigenen Bevölkerung dort viel höher ist als in anderen Teilen Argentiniens. Ich fragte im Hostel nach, ob ich mein Gepäck dort lassen könnte um nach meiner Rückkehr aus Humahuaca noch eine Nacht dort zu bleiben. Der Besitzer antwortete, ich könnte gerne meinen Rucksack im Hostel lassen, doch mein Zimmer wäre leider belegt, aber ein anderer Raum im ersten Stock zum gleichen Preis wäre frei. So fuhr ich also am 16.4. nur mit meinem kleinen Rucksack in die gebirgige Halbwüste der Quebrada de Humahuaca (eine Quebrada ist eine Art Schlucht), die für ihre farbigen Berge, ihre Kakteen und ihre indigene Bevölkerung mit ihren Traditionen berühmt ist. Bei meinem ersten Stopp in der Quebrada, in Purmamarca, besichtigte ich das sehr touristische Dorf und machte eine kleine Wanderung rund um den "Cerro de los siete colores", den Berg der sieben Farben. Am frühen Nachmittag ging es mit dem Bus weiter bis nach Tilcára, einem weiteren Dorf, wo es etwas ruhiger ist als in Purmamarca. Dort wanderte ich in knapp drei Stunden hin und zurück durch eine atemberaubende Landschaft bis zu einem Wasserfall. Unglaublich, dass es in dieser Halbwüste überhaupt einen Fluss gibt! Im Tilcára übernachtete ich einmal, bevor ich am nächsten Morgen weiter nach Humahuaca fuhr, einem netten Ort mit einem malerischen Platz mit einem sehenswerten Cabildo (Rathaus). Für den Nachmittag buchte ich einen Ausflug mit einem Jeep zur berühmten Serrania de Hornocal, dem beliebtesten Fotomotiv der Quebrada de Humahuaca. Zuvor machte ich noch eine kleine Wanderung in die Umgebung. Dann wurde ich im Ort von meinem Jeep mitgenommen. Insgesamt waren wir zu fünft, drei argentinische Touristen aus Buenos Aires, unser Fahrer und ich. Die Serrania de Hornocal war sicherlich einer meiner landschaftlichen Höhepunkte in Südamerika! Unglaublich, in welchen Farben die Berge leuchten, wenn sie am Spätnachmittag von der Sonne angestrahlt werden. Außerdem hatten wir Glück und sahen einige Vicuñas, die kleinsten Zwergkamele der Anden, recht nahe. Zurück in Humahuaca nahm ich den Bus nach Jujuy, wo ich zurück zu meinem alten Hostel ging, wo ich mein Gepäck zurückgelassen hatte. Dort erwartete mich eine unangenehme Überraschung! Das Zimmer, wo ich die kommende Nacht verbringen sollte, entpuppte sich als furchtbar dreckige Abstellkammer mit mehreren ausrangierten Betten und einem halbwegs normalen Bett, wo ich schlafen sollte. Die Wände und die Decke waren mit Schimmel übersäht! Und dafür sollte ich denselben Preis wie für mein schönes Zimmer im Erdgeschoss bezahlen, wo ich die ersten beiden Nächte in Jujuy verbrachte! Ich übertreibe nicht, wenn ich sage, dass dieser Raum das schlimmste Zimmer meiner gesamten Reise war. Als ich mich darüber beim Besitzer des Hostels beschwerte, der zwei Tagen zuvor noch die Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft in Person war, erhielt ich die Antwort, ich könne ja gehen, wenn mit das Zimmer nicht gefällt (Was abends um 10 auch keine Option für mich war!). Was war geschehen? Warum hat mir der Besitzer zwei Tage vorher nicht gesagt, dass alle "normalen" Zimmer ausgebucht sind? Ich weiß es nicht! Ich kann nur vermuten, dass er es mir übel genommen hat, dass ich seine teure private Tour in die Quebrada de Humahuaca abgelehnt habe und auf eigene Faust dorthin gefahren bin. 

Am Morgen des 18.4. fuhr ich schließlich in zwei Stunden mit dem Bus nach Salta, wo ich ein sehr schönes Zimmer bezog. Anschließend ging ich in die Stadt und war begeistert. Salta ist sicherlich eine der schönsten Kolonialstädte in ganz Südamerika. An diesem und am folgenden Tag war ich zu Fuß in der Stadt unterwegs, wo ich mehrere Kirchen, die Kathedrale, das Museo Histórico del Norte, das sich im Cabildo befindet und den Convento de San Bernardo besichtigte. Besonders beeindruckend war das Museo de Arqueología de Alta Montaña, wo es um die Kinderopfer der Inkas geht. Drei Kinderleichen aus der Inka-Zeit wurden in den 60er Jahren in der Gipfelregion des über 6700m hohen Llullaillaco gefunden, die dort vor 500 Jahren den Göttern geopfert wurden. Das Museum handelt von der Geschichte ihrer Entdeckung und den Hintergründen ihres Todes. Die mumifizierte Leiche eines der Kinder (alle sechs Monate wird ein anderes Kind gezeigt) ist auch zu sehen, was sehr umstritten ist! Selbstverständlich darf man dort nicht fotografieren. Am zweiten Tag wanderte ich außerdem auf den Cerro de San Bernardo, von wo aus man eine grandiose Aussicht über die Stadt hat. Am 20. und am 21.4. machte ich von Salta aus zwei Ausflüge mit einem Kleinbus, am 20.4. nach Cafayate, ins berühmteste Weinbaugebiet Nordargentiniens und am 21.4. in das Städtchen Cachi, das für seine Kolonialbauten bekannt ist. Auf dem Weg nach Cafayate stoppten wir mehrmals in der Quebrada de Cafayate an spektakulären Stellen wie der Garganta del Diablo, dem Anfiteatro mit einer grandiosen Akustik und einem riesigen roten Felsen, wo mehrere Kondore ihre Kreise zogen. In Cafayate besichtigten wir ein Weingut, wo wir unter anderem den Torrontes, einen hervorragenden fruchtigen Weißwein, probieren konnten. Auf dem Weg nach Cachi ging es am nächsten Tag durch die imposanten, zerklüfteten Landschaften des Valle Calchaquíes, wo man immer wieder schneebedeckte 6000er erblicken kann. Außerdem kann man Käse und Lama-Salami probieren und selbstverständlich auch kaufen. Schließlich durchquerten wir den Nationalpark Los Cardones, der nach der dort vorherrschenden Pflanzenart, dem Cardón-Kaktus benannt ist. Cachi selbst ist ein nettes kleines Städtchen mit Kolonialbauten, einem hübschen Platz mit Kirche und Museum. Am 22.4., meinem letzten Tag in Salta, besichtigte ich erst das antropologische Museum und verbrachte die restliche Zeit entspannt in der Stadt. Ein letztes Mal war ich in meinem Lieblingsrestaurant (ich war insgesamt 3mal dort!) und schaute mir noch ein paar Gebäude aus der Kolonialzeit an, bevor ich dann gegen Abend zum Busbahnhof aufbrechen musste.

Am Morgen des 23.4. erreichte ich die Stadt Corrientes am Rio Paraná eineinhalb Stunden früher als geplant. Die folgenden beiden Tage verbrachte ich in der Stadt, die völlig untouristisch ist. Ich hörte an beiden Tagen niemals eine andere Sprache als Spanisch. In Corrientes gibt es zwar keine herausragenden Sehenswürdigkeiten, jedoch einige sehenswerte Gebäude und Museen. Am 25.4. fuhr ich weiter in die Stadt Posadas, ebenfalls am Rio Paraná gelegen, gegenüber der Stadt Encarnacion in Paraguay, wo ich eine Woche später sein sollte. Auch in Posadas gibt es nicht allzuviel zu sehen, die Stadt liegt jedoch günstig um mehrere berühmte Jesuitenmissionen der Guaraní zu besuchen, die zu den größten Sehenswürdigkeiten Nordargentiniens gehören. Hierbei handelt es sich um von den Jesuiten im 17. Jahrhundert geschaffene Siedlungen für die indigene Bevölkerung der Guaraní in Argentinien, Brasilien und Paraguay. Die Ziele waren die Missionierung der Guararaní sowie deren Schutz vor Ausbeutung und Versklavung durch die Spanier und die Portugiesen. Nach der Vertreibung der Jesuiten aus Südamerika im 18. Jahrhundert wurden diese Siedlungen zerstört und heute sind nur mehr Ruinen zu sehen. Zunächst fuhr ich am 26.4. mit dem Bus zur Mission Santa Ana, wo man schon viel Vorstellungskraft braucht um zu erkennen, wie das wohl ursprünglich ausgesehen haben muss. Trotzdem war ich sehr beeindruckt von den von Pflanzen überwucherten Ruinen. Die Natur holt sich dort alles zurück. Fast wie in den unbekannteren Teilen von Angkor Wat in Kambodscha, nur mit dem Unterschied, dass es sich hier um christliche Ruinen handelt. Deutlich besser erhalten ist die Mission von San Ignacio Mini, dort sind jedoch auch mehr Touristen unterwegs. Ich war sehr beeindruckt! Am 27.4. machte ich einen Ausflug in den Nationalpark Esteros del Iberá vom Ort Ituzaingó aus, was bedeutete, dass ich morgens wieder eine Stunde in Richtung Corrientes mit dem Bus  zurückfahren musste. Da keine organisierte Tour mit einer Gruppe möglich war, musste ich leider eine relativ teure Privattour mit Jeep und Guide buchen. Doch das Geld war es wert. Ich bekam außer vielen Vögeln eine Hirschkuh, Kaimane und Capybaras (Wasserschweine) aus nächster Nähe zu sehen. 

Am Morgen des 28.4. verließ ich Posadas um mit dem Bus nach Puerto Iguazú, meiner letzten Station in Argentinien, zu gelangen. Für die Besichtigung der berühmten Wasserfälle von Iguazú hatte ich zweieinhalb Tage eingeplant, zwei Tage für die argentinische Seite der Wasserfälle, die die besseren Wander-Möglichkeiten bietet und einen halben Tag für die brasilianische Seite. Die Wasserfälle liegen genau an der Grenze von Argentinien und Brasilien, von der argentinischen Seite aus sieht man die Wasserfälle von oben und man kommt ihnen sehr nahe, während man sie von Brasilien aus von unten sieht und einen besseren Überblick hat. Beide Teile liegen in einem Nationalpark. Unweit der Wasserfälle liegt außerdem die Grenze zu Paraguay. Man kann die Wasserfälle also von den Städten Puerto Iguazú (Argentinien), Foz Iguazú (Brasilien) und Ciudad del Este (Paraguay) erreichen. Ich übernachtete erstmal zwei Nächte in Puerto Iguazu, für die Besichtigung der argentinischen Seite der beste Ausgangspunkt. Sowohl den 29.4. als auch den 30.4. verbrachte ich überwiegend im Nationalpark, wo verschiedene Wanderwege immer wieder fantastische Ausblicke auf die Wasserfälle bieten. Die Wasserfälle ergießen sich auf einer Breite von über zwei Kilometern in die Tiefe. Immer wieder unterbrochen und umgeben von der Pflanzenwelt des Dschungels. Die spektakulärste Stelle wird "Garganta del Diablo", also Schlund des Teufels genannt, wo eine gigantische Menge Wasser mit riesigem Lärm in die Tiefe stürzt. Wer einmal dort gewesen ist, wird das nie mehr vergessen. Auch die Tierwelt des Nationalparks ist sehr interessant. Besonders hervorzuheben sind die unzähligen bunten Schmetterlinge, die Nasenbären und die Tukane. Affen konnte ich leider keine sehen. Am Nachmittag des 30.4. verließ ich schließlich Argentinien mit einem Linienbus über die brasilianische Grenze, wo ich zusammen mit ein paar anderen Reisenden nach der Passkontrolle auf den nächsten Bus warten musste. In Foz Iguazú angekommen hob ich Geld ab und checkte in meinem Hotel ein. Dort konnte ich am nächsten Morgen mein Gepäck zurücklassen, als ich die brasilianische Seite der Wasserfälle besuchte. Auch hier war ich sehr begeistert, auch wenn man nicht so nahe an den Wasserfällen ist. Die Dimensionen dieses Naturspektakels  kommen hier noch besser zum Ausdruck und man bekommt einen besseren Überblick. Vielleicht wäre es besser gewesen die brasilianische Seite zuerst anzuschauen. Anschließend fuhr ich mit dem Bus zurück nach Foz Iguazú, holte mein Gepäck aus dem Hotel und fuhr mit einem Linienbus zur Grenze von Paraguay. 

Insgesamt war ich knapp 7 Wochen in Argentinien und damit so lange, wie in keinem anderen Land meiner Reise. Trotz der Größe des Landes denke ich, dass ich einen recht guten Eindruck bekommen konnte. Lediglich das Seengebiet nördlich von Bariloche fehlte in meinem Programm, ansonsten war ich eigentlich in den wichtigsten Teilen des Landes. Ich konnte ein unheimlich faszinierendes Land entdecken mit sehr gastfreundlichen Menschen, das eine recht gute touristische Infrastruktur hat, jedoch nur an wenigen Orten sehr touristisch ist. Man kann in Argentinien hervorragend essen und der Wein ist Weltklasse! Ich bin mir sicher, dass ich irgendwann nochmal dorthin reisen werde. Das Land ist relativ gut entwickelt, wenngleich die Inflation ein riesiges Problem darstellt. Als ich das erste Mal Geld wechselte, bekam ich für einen Dollar 360 Pesos, 9 Wochen später waren es schon 460 Pesos! Vor den Geldautomaten sieht man oftmals riesige Menschenmengen, da jeder sein Geld abheben möchte um es auszugeben oder in Dollar oder Euro  umzuwechseln. Die Menschen taten mir leid. Man kann diesem großartigen Land nur wünschen, seine wirtschaftlichen Probleme in den Griff zu bekommen.

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