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Buenos Aires

Veröffentlicht: 25.12.2024

Wir sind in Argentinien und haben unsere erste Woche in Buenos Aires verbracht. Eine wunderschöne Stadt voller Widersprüche. Auch wenn viel vor Kriminalität gewarnt wurde haben wir uns nie unsicher gefühlt, und das Wetter war auch durchgehend fantastisch.

Natürlich haben wir uns viele der Sehenswürdigkeiten reingezogen, wie den Plaza de Mayo, Casa Rosada, Tetatro Colon und wir waren auch in ein paar Museen (Museo de Arte Latinoamericano und Museo Nacional de Bellas Artes sind zu empfehlen).

Aber man kann sich auch einfach treiben lassen, durch die Straßen wandern und wunderschöne Gebäude aus Ende des 19./Anfang des 20. Jahrhunderts (in sehr unterschiedlichen Renovierungszuständen), moderne Hochhäuser oder billig hochgezogene Wohnblöcke bewundern. Aber nicht zu verträumt nach oben blicken, denn die Bürgersteige sind an sehr vielen Stellen übel abgesackt und mit unzähligen Hundehaufen-Tretminen gespickt. Überall wird gebaut, verladen und gewuselt. Es gibt ein Meer von Geschäften und scheinbar sind alle im Kaufrausch. Es gibt viele Parks, in denen die Leute entspannen und Matetee süppeln.

Besonders war für uns der Besuch des Cementerio de la Chacarita, des größten aktiven Friedhofs von Buenos Aires. Bei uns undenkbar, gibt es parkhausähnliche Gebäude für Tote, in denen du mit Aufzügen in unterschiedlichen Etagen fahren kannst, wo wiederum unzählige Reihen  mit Grabfächern zu finden sind (wohl die Low-Budget-Version). Die stattlichen Mausoleen der Reichen hingegen waren über die Jahrzehnte nicht sicher vor Verfall, Plünderung und Zerstörung. Da findet sich schon der ein oder andere geöffnete Sarg - zusammen mit dem süßlichen Leichengeruch, der aus den Lüftungsschächten empor steigt und die Nase über Stunden nicht verlassen will, echt morbide!

Im Vorfeld haben wir die Politik Argentiniens ein wenig verfolgt und hatten uns dementsprechend auf höhrere Preise eingestellt. Trotzdem waren wir erschreckt WIE teuer alles ist, die Preisstruktur ist ähnlich oder teurer als in europäischen Städten. Und wir dachten, überall ist es billig wenn man aus München kommt...

Auch das in Reiseberichten viel gerühmte Essen kann man leider komplett vergessen. Zumindest wenn man als verwöhnter Europäer weiß wie Pizza und Eiscreme in Italien schmecken und dass Kulinarik aus mehr besteht als aus Grillgut und fettigen Sandwiches. Wir haben also meist selber gekocht, auch nicht immer einfach! In Deutschland können wir dankbar sein wie günstig, vielfältig und gut unser Warenangebot ist. Die Lebensmittelqualität hier ist größtenteils erschreckend schlecht, gerade was frisches Gemüse und Obst angeht.

Nun kann es uns als Touris, die jederzeit weiterziehen können, am Ende des Tages egal sein. Aber man denkt die ganze Zeit darüber nach, wie das die Argeninier verkraften können - die Armutsquote bei über 50%. Diese Armut ist nicht sofort offensichtlich. Zum einen scheint es sehr viele wohlhabende Menschen zu geben, die den hohen Preisen zum Trotz non-stop am Konsumieren sind. Gebettelt wird wesentlich weniger als in deutschen Städten. Vielleicht hat das aber auch nur mit der hohen Polizeipräsenz zu tun? Auf den zweiten Blick entdeckt man in den Seitenstraßen einige Obdachlose, andere sammeln Pappe, Aluminiumdosen oder durchsuchen Müllcontainer. In den Vororten werden Verhältnisse und Bausubstanz deutlich einfacher. Manchmal öffnet sich in einer Seitengasse ein Fenster und es scheint eine Art Armenspeisung zu geben.

Wenn man sich das Ausmaß der Preissteigerungen, dem Streichen von Subventionen (die Unis wissen zB noch gar nicht ob sie im nächsten Semester überhaupt Geld kriegen) auf der Zunge zergehen lässt und was das für die Menschen bedeutet, wundern wir uns dass nicht alle auf die Barikaden gehen und die Stadt in Schutt und Asche versetzen. Die Argentinier scheinen sehr leidensfähig zu sein! Richtig ist wohl, dass sich was im Land ändern musste und die Wirschaft scheint sich mit Mileis extremen Maßnahmen leicht zu erholen, aber das voll und ganz auf dem Rücken der einfachen Leute. Und ob die Situation für die eines Tages dann besser wird, ist schwer vorzustellen. Hoffentlich!

Was haben wir sonst noch so beobachtet und gelernt: Tango ist wohl nicht so unser Ding, und wir hatten einfach keine Lust auf so ne komische Show. Man kann mit Argentiniern über alles reden, aber man sollte das Thema Falklandinseln meiden. Das Bussystem entlang der gr0ßen Straßen mit extra Busspuren ist hervorragend und toll getaktet - aber brav in die Schlange stellen wenn man einsteigen will und nicht drängeln! Es ist schade, dass die indigenen Wurzeln scheinbar vollständig ausgelöscht sind und negiert werden. Hundesitter scheint ein verbreiteter Job zu sein. Die Kriminalität der Stadt scheint in manchen Teilen etwas hochgespielt zu werden und Teil einer Folklore zu sein, wie man zum Beispiel in La Boca (Vorsicht, supergefährlich!) beobachten konnte. Alle Touris haben brav für eine Bustour oder einen Fremdenführer bezahlt, um lebend wieder nach Hause zu kommen. Diego lebt und steht auf einer Stufe mit dem Papst und Messi. Und unser Spanisch muss besser werden, meine Güte stöpseln wir uns einen Scheiß zusammen!

Schön war, weiter gehts! Frohe Weihnachten!



Antworten (1)

Nils
Schön zu lesen hier :) Photos sehen toll aus! Liebe Grüße!

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