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Schusterbuben in der Trockenzeit

Veröffentlicht: 13.10.2018

Gastautor (und Mitreisender): Robert Schlesinger

Die Bloggerin ist wegen eines familiären Unglücks vorübergehend verhindert (und hat sogar einen kurzen Abstecher nach Wien unternommen), daher springe ausnahmsweise ich ein...

In der Seychellen-Hauptstadt Victoria wollte die nette Hotelangestellte unsere Verblüffung, dass es zu regnen begann, noch kleinreden: Das ist kein Regen, sagte sie, wir haben Monsun, da gibt es keinen Regen, höchstens einmal einen Schauer. Die ganze darauffolgende Nacht regnete es Schusterbuben (Übersetzung aus dem Deutschen ins Deutsche, für Nicht-Wiener: goss es wie aus Schaffeln/Kübeln/Eimern, je nach Herkunftsregion), und am Vormittag regnete es weiter.

Der Vermieter auf Praslin (der nächsten Seychellen-Insel auf unserem Programm) war nicht zum Kleinreden aufgelegt: Bei Nordwest-Monsun, wie er zur Zeit herrscht, hat Trockenzeit zu sein, Regen hat es von Dezember bis März zu geben, erklärt er kategorisch. Der Regen im Oktober macht ihm sichtlich Sorgen, umgekehrt war heuer der ganze Februar staubtrocken: der Klimawandel. "Und dann noch Trump, der Idiot", bringt er auch die politische Seite der Wettermisere mit einem Satz auf den Punkt: "Und die werden den bestimmt auch noch wiederwählen."

Unser Vermieter spricht fabelhaft Deutsch - vor rund 40 Jahren hat er in Bayern Brauwesen studiert und danach viele Jahre in Westafrika für eine deutsche Brauerei gearbeitet. Er ist sozusagen von altem Seychellen-Adel: Seine Vorfahren sind nur rund zehn Jahre nach den allerersten Siedlern hierhergekommen (die Seychellen waren bis zur europäischen Kolonisation 1770 vollständig unbewohnt), aus Saint-Malo: Das waren alles Bretonen, erklärt er, die das hier besiedelt haben, genauso wie Französisch-Polynesien: Die Bretonen waren die Seefahrer unter den Franzosen. Die Reise auf die Seychellen dauerte mit dem Segelschiff ein ganzes Jahr (wie lang es nach Französisch-Polynesien gedauert hat, will man sich lieber gar nicht ausmalen...).

Bestimmt trübt der viele Regen das Bild, aber auch sonst wollen die Seychellen dem Klischeebild vom Tropenparadies bisher nicht so recht entsprechen: in Victoria, auf der Hauptinsel Mahé, enorm viel Verkehr, schlechte Luft, ein ziemlich industrialisierter Hafen (was deswegen seltsam ist, weil die vorgelagerten Inselchen im Hafenbecken ein, nein: sogar zwei Nationalparks sind, die Korallenriffe befinden sich aber in äußerst traurigem Zustand). Und auf Praslin, wo die Distanzen gerade zu groß sind, um zu Fuß zurückgelegt zu werden, fehlt jede vernünftige Infrastruktur: Die Busse fahren selten und unzuverlässig und sind wirklich arg unbequem; und die Straße (die einzige, die beinahe die ganze Insel umrundet) ist so schmal, dass kaum zwei Busse aneinander vorbeikönnen - für Fußgänger ist daneben nirgends Platz. Leider gibt es aber auch keinen Straßenrand im engeren Sinne (die Stufe zwischen dem Asphaltband und dem Nichts daneben ist zum Teil mehr als einen halben Meter hoch), wer auch nur eine kürzere Strecke zu Fuß gehen oder, horribile dictu, mit dem Rad fahren will, braucht also einiges an Todesverachtung. Fazit: Wenn man nicht bei dem netten Brauereiingenieur wohnt (der seine Gäste überall hin mit dem Auto bringt und sie auch wieder abholt), muss man einen Mietwagen nehmen - vollständig absurd auf einer Insel, auf der es kaum mehr als 30 Kilometer Straßen gibt!

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