In „Marahau“ startet einer der neun neuseeländischen „Great Walks“. Der „Abel Tasman Coast Track“ hat eine Gesamtlänge von 60 Kilometern. Möchte man die komplette Distanz gehen, so empfiehlt das DOC (Department of Conservation) drei bis fünf Tage dafür einzuplanen. Im Vergleich zu vielen anderen Great Walks ist dieser Küstenwanderweg ganzjährig zugängig.
Da wir weder über ein Zelt noch Schlafsäcke
verfügen, entschieden wir uns für eine Tageswanderung. Unser Ziel war die knapp
13 Kilometer entfernte „Anchorage Hut“. Die Wettervorhersage für den heutigen
Tag fiel gemischt aus. Es könnte regnen oder nicht. Bewölkt war es bereits, doch davon ließen wir uns nicht einschüchtern. Um 09:00 Uhr machten wir den
ersten Schritt. Der Beginn war nicht groß herausfordernd. Lediglich
kleinere Baustellen mussten überquert werden. Der National Park wurde nämlich im vergangenen
März von zwei Zyklonen schwer getroffen. Als wir die Passage und ersten Brücken
hinter uns brachten, gesellten sich schnell mehrere Vögel zu uns. Immer
wieder blieben wir stehen, um die munteren Flugkünstler zu beobachten. Vor allem
der „Fantail“ (= Fächerschwanz) ist ein neugieriges Wesen und fliegt waghalsige
Manöver in der Luft.
Zu unserer Begeisterung war der Track, genau wie die bereits gegangen Great
Walks, sehr gut ausgebaut. Nur selten mussten wir über schlammige oder
rutschige Streckenabschnitte gehen. Daher verblüfft es nicht, dass der Coastal Track
die beliebteste Mehrtageswanderung von ganz
Neuseeland ist. Aus Erzählungen
wissen wir, dass die Wege ziemlich überrannt sein sollen. Davon bekamen wir
glücklicherweise wenig zu spüren. Selbiges galt für die vielen, kleinen Buchten,
die man während dem Wandern passiert. Nur ganz vereinzelt sahen wir
aufgeschlagene Zelte.
Auf dem Hinweg besuchten wir jede noch so kleine Bucht, die fußläufig zu erreichen
war. Hiervon gab es relativ viele. Den erstgrößeren Halt legten wir in der
„Apple Tree Bay“ ein. Neben zwei Toiletten gab es eine lange und schöne Bucht. Ein zauberhafter Ort, an dem man es bestimmt länger aushalten kann. Jedoch war der erhoffte Apfelbaum weit und breit nicht
zu sehen. Als wir uns gerade zurück auf den offiziellen Wanderweg begaben,
entdeckten wir mehrere Kajakfahrer auf dem Wasser. Auch dies ist eine
Besonderheit der Küstenwanderung. Sie kann nicht nur über Land, sondern auch per Wasserweg, absolviert werden. Es besteht die Möglichkeit, die gesamte Strecke oder
eben nur kürzere Passagen mit dem Kajak zu paddeln. (Das Gleiche gilt für das Wassertaxi.
Diese setzen die Besucher an einem beliebigen Punkt der Wanderung aus. Von dort könnte man beispielsweise zurück nach Marahau spazieren.) All dies kam für
uns nicht in Frage - wir wollten die Strecke hin und zurück wandern.
Groß aufregend war die Wanderung nicht. Es ging ab und an bergauf bzw. -ab. Die
Vegetation war nicht sonderlich wechselhaft und von großen Farnen und
Nikau-Palmen geprägt. Immer wieder legten wir eine kleine Rast ein, um Küste
und Aussicht mit Hilfe von Bildern oder Videos festzuhalten.
Nach vier Stunden war das Ziel noch immer nicht erreicht. Obwohl die Wanderung
nicht sonderlich anspruchsvoll war, kamen wir wegen der vielen Zwischenhalte nur stückweise voran. Am „Observation Beach“ nahmen wir Platz und aßen unseren
vorgekochten Couscous. Nach kurzer Besprechung gestanden wir uns ein, dass
unser Ziel, die Anchorage Hut, etwas zu hochgesteckt war. Planmäßig läuft man
von Marahau aus bis zur besagten Hütte vier Stunden (reine Laufzeit). Da wir am
selben Tag den gleichen Weg noch zurücklaufen mussten/wollten, rutschte die
Hütte wegen der vorherigen Stopps an den vielen Buchten außer
Reichweite. Also traten wir nach der längeren Mittagspause den Rückweg an. Neben den vielen bekannten Orten stießen wir auf
außergewöhnliche Naturspielereien am Wegesrand. Junge Silberfarn-Äste ringeln
sich vor dem Öffnen. Wieder und wieder sahen wir die Spiralen, welche für die
Maori eine große Bedeutung haben. Sie verwenden die Form für Kunst, Schmuck und
Tattoos. Das sogenannte „Koru“ symbolisiert den Beginn eines neuen Lebens. Das
Zeichen befindet sich auch auf vielen Markenlogos. So kommt es zum
Beispiel im Logo der neuseeländischen Fluglinie „Air New Zealand“ vor.
Nach drei Stunden Dauermarsch erreichten wir erschöpft das Auto. Die vergangenen sieben Stunden waren nun deutlich zu spüren. Füße und Beine verdienten eine Pause. Passenderweise schmiss der Eigentümer des Campingplatzes den sich in der Gemeinschaftsküche befindenden Kamin an und schenkte uns einen
herrlichen Abend mit Streuselkuchen vor dem Lagerfeuer.