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Heimweh

Veröffentlicht: 23.07.2021

Wochenlang haben wir auf den Urlaub hingefiebert, geträumt und geplant. Und so sehr es sich gelohnt hat, so sehr freuen wir uns wieder auf zu Hause. Ida hat als Erste angefangen unter Heimweh zu leiden, und obwohl Lars und ich den Urlaub genossen haben, sind wir froh, dass es morgen zurückgeht.

2900 Km, drei Länder, sechs Städte und Unmengen schöne Landschaften haben wir dieses Mal bereist und dennoch nicht im Ansatz alles ausgeschöpft. Wie auch in Schottland schon mussten wir feststellen, dass 21 Tage bei Weitem nicht ausreichen, um ein Land kennenzulernen. Slowenien mag klein sein, hat aber so immens viel zu bieten. Vieles davon interessiert eine 6Jährige nicht die Bohne. Anderes ist aber genau richtig für Familien. Die Besuche am Meer waren ganz klar Idas Highlight, so dass wir den letzten Tag, bevor wir nach Ljubljana aufgebrochen sind, noch mal dort verbracht haben. 

Wie als Belohnung, dass wir es immer wieder versucht haben, kam auch endlich die Sonne raus, und das Mittelmeer hat sich in seiner ganzen türkiesfarbenen Pracht präsentiert. So richtige Badeurlauber waren wir noch nie, aber der Tag hat unglaublich gut getan und war ein würdiger Abschluss für die Zelt-Zeit.

Den blauen Palast haben wir bis zu seinem nächsten Urlaub wieder gut verstaut. Ich gebe zu, wir werden weder das Geräusch vom Reißverschluss, noch die nächtlichen Wanderungen zur Toilette vermissen. Von den vielen Krabbeltieren ganz zu schweigen (ein Ameisenstaat hatte sich unter unserem Zelt ein Nest gebaut. Es ist leichte Hektik ausgebrochen, als wir die Plane eingerollt haben). Es graut uns davor unsere Kleidung auszupacken, aus Sorge vor der Armee der Ohrenkneifer, die einfach jede noch so kleine Ritze findet.

Entsprechend kontrastreich fallen unsere letzten beiden Tage aus: die Hauptstadt lockt mit weichen Betten, Beauty-Programm und guter Küche. Außerdem haben wir uns vorgenommen, mal als Familie Bummeln zu gehen.

Mit knapp 300.000 Einwohnern ist Ljubljana wirklich nicht sehr groß, aber so unglaublich schön! Wir sind begeistert! Schon von einigen Seiten hatten wir gehört, dass die größte Stadt Sloweniens eine Reise wert sei, und wir können es nur bestätigen: grün, sauber, lebhaft, und sehr individuell. 

Die Innenstadt ist voll von kleinen Boutiquen (nicht nur die üblichen großen Ketten), netten Lokalen (man findet superviele vegane Köstlichkeiten), es gibt Straßenmusiker und einiges an Kunst (unter anderem eine Regenanlage, die insebsondere die Kinder fasziniert). Der gesamte Stadtkern ist autofrei, und für alle, die nicht mehr laufen können, fährt ein kleiner kostenfreier Elektrobus, der ‚Kavalier‘. Grün zieht also doch! 

(50% der Fläche sind Grünanlagen, der Müll wird strikt getrennt, und seit 2008 wurde der Müll um 80% reduziert. Da kann sich Deutschland definitiv ne Scheibe von abschneiden. Es geht nämlich sehr wohl und alle profitieren).

Die Burg darf man natürlich nicht vergessen, auch wenn wir etwas enttäuscht waren. 

Überall wird Ljubljana als ‚Drachenstadt‘ angepriesen. In unserer Vorstellung wimmelt es hier also vor Drachen. In den diversen Souveniershops mag das vielleicht stimmen, aber in der Burg mussten wir sie suchen und haben schlussendlich nur einen einzigen ausfindig gemacht. 

Und das, wo Ida doch gerade erfahren hat, dass sie in die 1d, die ‚Drachenklasse‘ der Frauenhofschule gehen wird.

Egal, zählen wir statt Drachen eben Schnecken. Die gibt es am Burgwall reichlich, dabei wollten wir das ganze Getier doch eigentlich hinter uns lassen.

Um wirklich kein Camping-Feeling mehr mitzuschleppen (irgendwie schwer in knitteriger Kleidung und Birkenstock), suchen wir den nächsten Maniküre-Laden auf. Keine Chance, alles ausgebucht. Auch im nächsten Salon ist kein Termin zu haben und auch beim dritten Anlauf teilt man uns mit, vor August bräuchten wir nicht wiederkommen. Es sei Saison. Aha. Das haben wir noch nie gehört. Also, dass man im Winter die Fußnägel nicht zu Gesicht bekommt ist uns klar, aber dass man im Sommer überhaupt keine Chance auf gepflegte Nägel hat, ist schon absurd. Wer also noch ne Geschäftsidee benötigt, die slowenische Damenwelt braucht dringend Leute, die Pfeile und Lack anwenden können.

Wir sind praktisch veranlagt: im DM ist die Auswahl an Lacken groß und selbstgemacht heißt, wir sparen dabei sicher einen Batzen Geld, was wir beim Abendessen auf den Kopf hauen können. 

Hier zahlt man fürs Ambiente gleich mit: mit Blick auf den Kanal spielen wir Karten, genießen lokales Craft Beer und fantastisches Essen. Ein wunderbarer letzter Abend.

Gerne frage ich Freunde und Familie immer nach den Highlights einer Reise.

Bei Slowenien müssen wir echt überlegen.

1. Vielleicht ist unsere Nummer eins eine kleine Überraschung: der Karst hat uns am besten gefallen. Die wunderschönene Landschaft mit ihrer Weite und Ruhe und den herzlichen Menschen hat uns beeindruckt und irgendwie berührt. Vielleicht gerade weil es nicht so touristisch war, wie das Soča-Tal, das mittlerweile die Massen anlockt. Dazu die zentrale Lage. Von dort kann man alles recht bequem erreichen und nach Lust und Laune spontan entscheiden. Es gibt guten lokalen Wein, leckeres Essen und in der Theorie kann man Braunbären sehen (wir hatten überlegt mit einem Jäger eine Bärentour zu machen. Ist leider daran gescheitert, dass unsere Idakröte keine zwei Stunden still sein kann. Die platzt ja leider, wenn die Worte nicht raus dürfen. Laut unserem Gastgeber haben nur zwei von 200 Touris im vergangenen Jahr keine Bären gesehen). Das Stockbrot gehört auch ganz klar mit zum Highlight. Entschleunigen ist etwas, was wir als Familie bitter nötig haben, und definitiv nicht beherrschen. Es hat gut getan, die Abendsonne zu genießen, das Feuer zu hüten und am Ende so lecker belohnt zu werden. Ach ja, nur am Rande: die perfekten Straßen zum Rennrad fahren gibt es im Karst auch.

2. Die Soča und die diversen Nebenflüsse. Boa, was Farben! Wir sind dankbar, dass wir digitale Kameras nutzen, sonst wären so einige Filmrollen drauf gegangen. Im ganzen Triglav-Nationalpark darf die Seele (abseits der Touri-Hotspots) noch in Ruhe baumeln.

3. Idas Lebensfreude am Wasser. Das ist zwar kein Highlight, das Slowenien-typisch ist, aber es gibt hier so viel Wasser, so dass wir eine Menge Kinderlachen genießen durften.

Nehmen wir uns auch noch Zeit für die Lowlights:

1. die anderen Touristen. Ja, wir sind selbst auch zu Besuch, aber wir bemühen uns um Nachhaltigkeit, Respekt gegenüber den Einheimischen und anderen Urlaubern. Die Art, wie die Motorradfahrer sich auf der Straße verhalten haben, die vielen Camper die Straßen zuparken, und die Kinder bis spät am Abend kreischen und lärmen (niemand hat was gegen Spielen und Lachen, aber was soll das Brüllen um 21:30 Uhr?), hat uns so einige Nerven gekostet. Wir hatten erwartet, dass solche Dinge in einem Nationalpark etwas regulierter sind, scheinen da aber (wie schon auf Usedom) naiv zu sein.

2. Bovec. Dieses Städtchen braucht kein Mensch. Unfassbar teuer, keine Kultur vorhanden (weil als Retortenort Mitte der Siebziger aus dem Boden gestampft), und aufgrund der geringen Größe muss man sich in der Hochsaison auf diverse Kriegsschauplätze einstellen. Angefangen bei der Parkplatzsuche, über den Bäcker, bis hin zur Schlange im Mini-Supermarkt. Das macht echt keinen Spaß.

3. Trieste an einem Samstag. Würden wir nie wieder machen. Die Kreuzfahrtschiffe nehmen dem Hafen jeden Charme, die Stadt ist völlig überrant und die Menschen scheinen gestresst und unfreundlich. Lieber an einem Wochentag anfahren.

Würden wir wiederkommen? Auf jeden Fall!

Würden wir es genauso noch mal machen? Vielleicht nicht ganz. Wir sind erschöpft. Sicher auch Idas Alter geschuldet, aber wir würden versuchen mehr Erholung einzubauen, und die bekannteren Orte (wie Bovec und Umgebung) eher zu meiden. Lieber abseits der Hauptrouten suchen und Perlen wie Na Meji genießen.

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