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Great Walks

Veröffentlicht: 06.03.2019

Während wir sonst von romantisch gluckernden Flüssen, zart blökenden Schafen oder um unseren Bus raschelnden Kiwis aufgewacht sind, hat uns nun die Realität wieder: fette Baustelle neben dem Campingplatz, Rauchschwaden der Fabrik über uns und donnernde Flieger des Nelson Airportes! Willkommen im Norden der Südinsel! Aber zurück in der Zivilisation können wir ja auch frohen Mutes, in der Sonne sitzend deren Errungenschaften nutzen und fein einen Text für den sträflich vernachlässigten Blog ins Netz stellen. Während Helmut die überall ausgewiesene Wasserknappheit noch verstärkt und gerade heiß duscht!
Wir sind also die Westküste hochgefahren, das war Euer Wissensstand. Ich werde den vorherigen Beitrag noch mit ein paar Bildern ausstatten. Ein wirklich schöner Küstenabschnitt. Die Geister streiten sich, ob er schöner ist als der berühmte Highway No 1 in California. Aber der Geist der Maori hat auf jeden Fall dafür gesorgt, dass niemand, ein Mal aus dem Auto ausgestiegen, zu lange verweilt: entweder es regnet in Strömen oder die kleinen bitterbösen Sandflies zerstechen einen sofort! Wenn ihr jemals Eure Selbstbeherrschung/steuerung/Kontrolle trainieren wollt, kommt her und lasst euch beißen. Nicht zu jucken, ist die große Kunst. Schafft man das, bleiben die Stiche klein, schafft man das nicht, entzünden sie sich herrlich und nerven noch länger. Oder aber der Körper gibt irgendwann selbst auf. Nach 5 Stichen in der rechten Hand, wurde mein Handgelenk so dick, dass man keine Ader mehr sah und die Hand nachts einschlief! Auch sollte man vermeiden, zu viel mit seinen Mitreißenden nicht einer Meinung zu sein, der ständige Juckreiz löst eine leicht gereizte Grundstimmung aus. Das ist so ein bisschen, wie hungrig gemeinsam einkaufen gehen!
Aber genug des Leidens, der Beitrag heißt ja schließlich Great Walks und ich wollte vom Wandern hier erzählen.
Die Neuseeländer haben über beide Inseln verteilt sogenannte Great Walks eingerichtet. Zehn insgesamt. Die sind an besonders schönen Naturphänomenen oder tollen landschaftlichen Ecken eingerichtet, zu Fuß oder auch mit Kajak, immer mehrtägig, immer im Vorhinein lange zu buchen. Übernachtet werden kann im Zelt, oft sind es keine Runden, der Rücktransport passiert dann per Wassertaxi, Auto oder auch mal mit Heli. Die Neuseeländer haben überall ein recht ausgebautes Hüttensystem an den Wanderwege. Allerdings sind diese nicht bewirtschaftet, sondern mit einfachen Betten ausgestattet, Holzofen und Wasserstelle in der Nähe. So natürlich auch auf den Great Walks. Für schlappe 48€ bekommt man da einen Platz, Matratze und Schlafsack bringst du natürlich selbst mit. Der aufmerksame Leser erinnert sich an unsere Wanderbeschreibungen von Chile. Der Unterschied jetzt: wir haben sogar ein Zelt dabei. Trotzdem treibt es uns irgendwie nicht mit den Massen auf die Wege. Kepler Treck, Stewart Island, Abel Tasman... Wir lassen alles links liegen, denn die Möglichkeiten sind hier ja einfach andere. Es gibt so viele Wege und so viele Hütten. Im Reiseführer stoßen wir auf einen kleinen Hinweis auf den Weg zu Angelus Hut. 6h hoch, knapp 1000 Meter, schöne Hütte mit See. Und so fahren wir von der Küste aus nach St. Arnaud, wo selbst noch mancher Neuseeländer fragte, wohin!? Der Campingplatz im Wald ist herrlich ausgestorben und am nächsten Tag laufen wir mit max. 10 Leuten den Weg. Es ist ein bisschen wie in den Alpen, man läuft, überholt sich, trifft sich nach der Pause und schließlich an der Hütte wieder. Ein deutsches neuseelanderfahrenes Pärchen bestätigt uns, das hier ist viel schöner als jeder Great Walk. Wir springen in den eiskalten See und schnell wieder raus, wir Deutschen nackt, die Neuseeländer in ihren Stoffunterhosen, die dann bunt in der Sonne am Balkongeländer flattern trocknen. Abends köchelt jeder auf seinem Gasbrenner. Kreativ, was da so alles mitgeschleppt wird. Der junge Hüttenfreiwillige reicht von ihm frisch erlegte Bergantilope.
Der Weg runter am nächsten Tag ist der finnische Expo-Pavillion oder besser: wie für die Bundesgartenschau angelegt: über Wiesen, am Fluss entlang, über ihn hinweg, durch den Dschungel, durch den Wald... Wir sind am Ende Meister im Überqueren von Flüssen auf Steinen, Balancieren auf Baumstämmen, stapfen durch das matschige Quellgebiet, klettern über Felsen oder umgestürzte Bäume. Ok, am Ende ist der Weg durch den Wald wieder zum Parkplatz hoch doch lang und wir echt durch geschwitzt mit den dicken Rücksäcken und erledigt. Aber Great war es! 

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