Veröffentlicht: 23.06.2018
Nordschweden/Lappland: Wir fahren weiter Richtung Norden. Überall wachsen wilde bunte Lupinen am Straßenrand und man sieht kunterbunte Blumenwiesen soweit das Auge reicht. (War das nicht auch mal bei uns so früher?) Und wieder mal gehen grad überall die Blüten auf. Kirschen und Flieder geben alles. Überall wachsen übergroße Schlüsselblumen. Hier ist die Natur noch intakt. Es ist eine Freude das anzusehen. Wir wollen Gas tanken und stellen mit Entsetzen fest, dass wir doch nicht an alles gedacht haben. Einen Adapter für den Gastank (wir haben keine Gasflaschen, sondern einen 60Liter Gastank unterm Auto) fehlt uns!! Also machen wir uns auf die Suche nach so einem "Dish-Adapter". Wird schwerer als gedacht das ganze, weil die Schweden alle Gasflaschen haben, aber es gibt nur ganz wenige Tankstellen für LPG-Autogas, so wir wir es brauchen. Dementsprechend ist es auch nicht so einfach so einen Adapter zu finden. Wir werden ingesamt 3 Tage suchen, und dann immer noch keinen haben (bloß wussten wir das da noch nicht). Also müssen wir einen Adapter über Deutschland bestellen (danke Markus!!) und werden uns den nachschicken lassen. Inzwischen haben wir zum Glück eine Tankstelle gefunden, die so einen Adapter zum Tanken bereitstellt. Also alles wieder im Lot. Nordkap wir kommen (die Heizung kann uns nicht mehr ausgehen).
SCHWEDISCHER NATIONALFEIERTAG: Der 6.6. ist da. Der schwedische Nationalfeiertag. Der Tag der Flagge. In Gammelstad, einem ehemaligen Fischerdorf, das jetzt komplett als Freilichtmuseum umgewandelt wurde, feierm die Sami ihren Feiertag. Tolle Trachten sind zu sehen und die Blaskapelle spielt auf. Die Häuser sind auf und man kann die guten Stuben von früher sehen. Alles ist in Orignialinventar belassen, wie es früher einmal war. Toll anzuschauen. Sogar ein kleines Krämerlädele gibt es. Und hinter dem Wohnhaus ein Klohaus mit einem erhöhten Balken mit drei Sitzlöchern drauf!!. Da kann man selbst auf dem stillen Örtchen noch einen Plausch halten. Im Dorf selber reihen sich die tollen roten Häuserreihen die komplette Strasse entlang. Ein toller Anblick. Bemerkenswert: Es gibt nicht einen Schluck Alkohol auf dem Fest des Jahres. Überall werden Törtchen und Kuchen und Kaffee verkauft. Die Familien kommen zum Picknick in Scharen. Aber Alkohol trinkt hier keiner und es gibt auch nirgends einen zu kaufen was wir sehen. Das wäre in Deutschland undenkbar. Und trotzdem ist hier gute Laune angesagt bei allen (und das bei ca. 10 Grad Aussentemperatur). Uns fällt auch, dass sehr viele Schweden bei diesem Wetter schon in kurzen Hosen und T-Shirts rumlaufen. Und wir verwöhnte Süddeutsche haben Mütze und dicke Jacke an. Wir sind uns einig: Bei den Schweden ist alles über 0 Grad Sommer.
Am letzten Zipfel vom Bottnischen Meerbusen beschließen wir, uns nochmal 2 Tage auf einem Campingplatz niederzulassen, bevor wir auf das letzte Stück zum Nordkap im Landesinneren starten. 2 Tage faulenzen und nicht Autofahren (so war der Plan). - Aber es kam wiedermal ganz anderst. Abends hat sich nämlich unsere Wasserpumpe im Knut verabschiedet. Das heißt kein fließend Wasser in Küche und Bad. Ziemlich blöd. Also starten wir am nächsten Tag wieder runter in Richtung Süden nach Lulea in einen Campingshop (wieder mal) und kaufen eine neue Wasserpumpe und Dichtungsmittel. Zurück auf dem Campingplatz ist wieder mal "Mann mit Werkzeug" gefragt. Bus ausräumen (wahnsinn was da alles drinn ist unterm Sofa). Wasserpumpe raus. Neue Wasserpumpe rein. Alles abdichten. Schauen, warum es immer noch nicht funktioniert. Ein paar mal laut fluchen... feststellen, es liegt an der Elektrik. Schwupdiwup ist der Tag rum, aber: alles läuft wieder.
Am nächsten Morgen gehts weiter nach Haparanda. Die geteilte Stadt. Halb schwedisch, halb finnisch. Wir machen einen kurzen Abstecher nach Finnland rein (Das wir mal drin waren) und drehen dann aber wieder um. Unser Ziel heißt erstmal Norwegen/Nordkap. Finnland kommt anschließend dran. Wir fahren neben der offiziellen Nordkaproute E8 (denn das ist Autobahn) in Richtung Norden. Am Fluß Torneälv übernachten wir am Sandstrand. Endlich schlägt auch das Anglerglück zu und Kilian fängt einen kleinen Zackenbarsch (den haben wir wieder frei gelassen, der war noch so klein) und anschließend einen recht großen. Ich hatte (optimistisch wie ich bin) schon mal Lagerfeuer gemacht. Uns so gab es endlich superleckeren gegrillten Zackenbarsch (frischer gehts nicht). Am nächsten Morgen werden wir von Stimmengemmurmel geweckt. Zwei Autos voll schwedischer Rentner. Bewaffnet mit Feldstecher und Superkamera. Orniotologen!! Hier ist wohl tolles Vogelbeobachtungsgebiet. Na toll. Und wir stehen mit unserem Knut mittendrin. Also nix wie rein in die Klamotten und weiter gehts. (das war uns doch zuviel Menschlein auf einem Haufen). Man muss dazu sagen, dass nachts auch andere Camper an diesem tollen Platz übernachtet haben. Und in Schweden darf man das halt. Drum gefällt es uns hier so gut.
Wir besuchen den Lippioberget. Hier soll der Weihnachtsmann wohnen. Den haben wir leider nicht gefunden, dafür aber einen tollen Berg mit ungewöhnlichen Felsformationen auf denen man toll rumklettern kann und zudem einen waaaahnsinns Ausblick auf die Tornedalen hat. Endlose Wälder und Flußlandschaften soweit das Auge reicht (und das reicht weit von so weit oben).
Mittags erreichen wir den Polarkreis. Sogleich werden natürlich Kamera und Handy gezückt. Die berühmte Kugel muss natürlich festgehalten und gebührend gefeiert werden. Ab jetzt geht die Sonne gar nicht mehr unter, sondern berührt den Horizont und geht dann gleich wieder auf (na toll!! Wir können so kaum schlafen. Es ist taghell nachts und wir wachen fast jede Nacht zwischen zwölf und drei auf und sind hellwach. ) - Aber das ist halt so an Mittsommer. Dafür ist es ein total schönes Licht in der (eigentlichen) Nacht, dass man mit der Kamera gar nicht festhalten kann. Das muss man mit eigenen Augen gesehen haben. Wir stellen fest, dass die Ortschaften immer unaussprechlicher werden. Hier wird mit Ä´s und Ö´s und K´s nur so um sich geschmissen.
Unser Schlafplatz heute ist was ganz berühmtes. Eine Bifurkation nämlich. Hä? Ja genau!! Eine Bifurkation. was ist dass denn? Das haben wir uns auch gedacht und uns mal schlau gemacht. Eine Bifurkation ist ein Zusammenschluß von zwei parall- fließenden Flüssen. So wie hier der Holmen und der Tärendöälv. Aus zwei wird eins. Na? Da haben wir aber mal was dazu gelernt gell?! Gibt's so nur noch einmal auf der Welt in Südamerika . Und in der Mitte von dem ganzen Spektakel ist eine kleine Insel. Die schauen wir uns genauer an und kriegen ein bisschen das gruseln. Hier könnte man, ohne was zu Verändern, einen Horrofilm von Stephen King drehen. Ein verlasssenes kleines Dorf auf dieser Insel zwischen den zwei Flüssen mitten im Wald. Hier wurde früher getanzt und gegrillt, ein Aussichtsturm steht in der Mitte (inzwischen zugewachsen von Fichten) und es gibt einen riesen Tanzsaal und einen riesengroßen Speisesaal. Alles steht leer und vergammelt. Ein Kinderspielplatz mit rostigen Schaukeln und Rutsche.Und überall kann man reingehen. Hier kann man sich echt gruseln. Wir gehen zurück über die Brücke die auch schon bessere Zeiten gesehen hat und übernachten an dem Zusammenschluß beider Flüsse sicher in unserem Knut. Entfernung zum Nordap: Noch 620 km. Bisher gefahrene Kilometer: 5500.
Wir cruisen weiter Richtung Norwegen. Es zeigen sich immer mehr Moore und Sümpfe. Die Fichtenwälder werden lichter. Man sieht vermehrt Felsen, Steine, Moose und Flechten. Rentierherden (inzwischen völlig normal für uns) kreuzen den Weg. Die Straße geht kerzengerade aus Richtung Norden und wir sind komplett alleine auf der Strasse. Nur selten kommt ein Auto entgegen oder man fährt an ein paar einsamen Häusern vorbei. In Abisko, DER Travellertreffpunkt (hier beginnt der berühmte Kungsleden - Königsweg 459km runter nach Mittelschweden) im Norden besuchen wir den Abisko-Nationalpark. Wir sind schon sehr hoch in den Bergen, es ist kalt. Wir wollen den Canyon bewandern und ein bisschen hoch in die Berge gehen. Das Wetter ist nicht ideal. wir haben 6 Grad und Nieselregen. Unsere grichische Fellnase bekommt ihren Pulli an (ja!! wär hätte das gedacht, dass wir mal einen Hund haben, der einen Pullover braucht - aber leider friert sie so - das können wir nicht ignorieren). Also wackeln wir trotz schlechtem Wetter frohgemut und gutgelaunt los... - und: es hat sich gelohnt. Eine tolle Gegend. Oberhalb der Baumgrenze. Es wächst nicht mehr viel ausser Heidelbeeren, Moltebeeren, Birken und Heidekraut. Schneereste liegen herum. Was für eine grandiose Gegend mit tollen Aublicken auf die anderen hohen schneebedeckten Berge, davor der klare Bergsee und unzählige Wasserfälle, die hineinfließen. Riesige Rentierherden mit vielen Jungen kreuzen unseren Weg. Amy winselt an der Leine. Das Jagdfieber wäre geweckt... wenn wir sie loslassen würden. Auch der Weg runter in den Canyon ist toll. Wiedermal ist fast nix gesichert (nicht so wie in Deutschland), man muss selber auf sich aufpassen. Toll anzusehen mit was für einer Gewalt die Wassermassen hier runterdonnern. Nordschweden zeigt sich (trotz schlechtem Wetter) nochmals von seiner schönsten Seite.
Mit argem Schwermut im Herzen begeben wir uns auf die letzen paar Kilometer Richtung Norwegen. Bald ist Schweden zu Ende und es hat uns wiedermal völlig in seinen Bann gezogen. Dieses einzigartige Land mit seiner grandiosen, immer wechselnden Landschaft und seinen netten Einwohnern haben wir extrem in unser Herz geschlossen. Wir sind uns einig: Schweden - wir kommen wieder. SCHWEDEN - OPEN YOUR MIND :)