Veröffentlicht: 22.10.2017
Den letzten Tag in Sao Paulo verbrachte ich noch ein bisschen mit Sightseeing. Um einen möglichst umfassenden Blick auf diese Megastadt zu bekommen, gibt es mehrere Möglichkeiten. Zum einen ist da der 161 Meter hohe Banespa Tower, welcher aber leider seit Jahren nicht mehr für Besucher zu betreten ist. Dann gibt es das Martinelli Building, 1922 gebaut von Guiseppe Martinelli mit dem Ziel, das höchet Gebäude Sao Paulos zu errichten. Als das Wolkenkratzer 1934 endlich fertig war, sollte es sogar das höchste Gebäude Lateinamerikas sein. Leider ging er kurz nach Fertigstellung pleite und musste das Gebäude an die Stadt verkaufen.
Unglücklicherweise ereignette sich, wie im letzten Bericht schon erwähnt, vor einigen Wochen ein Unfall mit tödlichen Folgen, sodass auch das Martinelli Building nicht betretbar ist.
Zu guter letzt blieb das nur noch das Copan Building. Ein 140 Meter hohes Wohnhaus inmitten der Stadt, welches jeden Tag um 10:30 in Block F für Besucher geöffnet ist. Von oben hat man dann für circa 10 Minuten einen wunderbaren Blick auf die Wolkenkratzerlandschaft Sao Paulos, bis man dann wieder freundlich aber bestimmend nach unten geleitet wird.
Später überwand ich mich dann noch zu einem Spaziergang in den Ibirapuera Park, welcher angeblich nur 15 Gehminuten von meinem Hostel entfernt ist. Dieser künstliche Versuch ein bisschen Grün in der von Wolkenkratzern und achtspurigen Straßen vollgebauten Stadt unterzubringen, misslang in meinen Augen ziemlich. Zum einen gibt es selbst im Park breite, asphaltierte Wege, auf denen sogar Autos fahren, und zum anderen, erzeugt die riesige Autobahn um den Park, nicht gerade das Gefühl, dass man für kurze Zeit mal dem Großstadtstress entkommen kann.
Von daher war ich am Ende auch ganz froh, am nächsten Tag weiterfahren zu können.
Mit überraschendem Luxus, in Form eines modernen Reisebusses, ging es dann in die ehemalige Kolonialstadt Paraty. Die siebenstündige Fahrt war auf Grund der gemütlichen Sitze und ungewohnt großer Beinfreiheit, sehr gut zu bewältigen und angekommen in Paraty ging´s dann in´s Che Lagarto Hostel in der Innenstadt. Ein sehr gemütliches Hostel, welches, bis auf die Badezimmer, wirklich zu empfehlen ist.
Ich nahm am nächsten Tag mal wieder an einer Walking Tour teil und lernte durch einen Mexikaner, der mit dem Fahrrad von Mexiko nach Brasilien gefahren ist, die Geschichte und Besonderheiten Paraty´s kennen.
Paraty erlangte nämlich im 17. Jahrhundert durch den "Caminho de ouro" (Goldweg) ungewohnten Reichtum. Als im Nachbarstaat Minas Geiras Gold und Edelsteine gefunden wurden, war ein von Indianern errichteter Indianerpfad, der schnellste Weg von den Minen zum Hafen Paraty´s und dann mit dem Schiff nach Rio de Janeiro. Von dort aus wurde das Gold dann weiter nach Portugal verschifft. Die reich gewordenen Abenteurer fuhren zurück nach Portugal und deren Verwandten kamen neu an um auf den Erfolgszug aufzuspringen. Paraty´s Goldrausch hielt so lange an, bis die Gold- und Edelsteinvorräte langsam zu schrumpfen begannen. Die Familien, die sich die Rückkehr
nach Portgal nicht leisten konnten, blieben und begannen in der Nähe der Minen etwas
neues anzubauen: Kaffee und Tabak, womit der zweite Hype um
Paraty ausgelöst.
So langsam reichten die einstöckigen Häuser für die wachsende Bevölkerung nicht mehr aus und es wurde expandiert. Als Baumeister boten sich die Freimaurer an, welche in Europa von der katholischen Kirche verfolgt wurden. So gibt es auch heute noch Freimaurer in Paraty und in der historischen Altstadt sind noch viele versteckte Andeutungen auf die Freimaurer zu finden.
Die beinahe ganz in weiß gehaltene, historische Altstadt ist wirklich sehenswert und man fühlt sich ein bisschen so, als wäre die Zeit zurückgedreht worden. Weniger schön ist der Strand Paraty´s aber um entspannt etwas zu essen und auf´s Wasser zu gucken, reicht es. Für Strandausflüge wird beispielsweise der 40 Busminuten entfernte Trinidade Beach empfohlen. Oder die Insel Ilha Grande, auf die es für mich in ein paar Tagen geht.
Tags darauf wollte ich eigentlich an einer Bootstour zu den umliegenden Stränden und Inseln machen aber auf Grund von Starkregen am Morgen änderte ich kurzfristig meinen Plan. Mit vier Brasilianern, einem Portugisen und einer Schweizerin ging es auf eine Tour zu den Wasserfällen und einer Calchaca Distillerie. Da ich der einzige war, der kein Portugisisch sprach, gestaltete sich die Fahrt für mich, auf Grund der Sprachbarriere, ziemlich langweilig. Leider sprachen unsere Guides die meiste Zeit portugisisch und nur gelegentlich erbarmte man sich und übersetzte.
Trotz bewölktem Wetter, war es angenehm warm und wir konnten entspannt in den Wasserfällen baden gehen. Spannend wurde es am Tobago Wasserfall, einer langen Felswand, wo das Wasser runterrann. Dort konnte man ungefähr 10-20 Meter lang den Wasserfall runterrutschen. Wir Touristen ganz entspannt im sitzen und die Einheimischen todesmutig im stehen.
Weiter ging es dann in eine Cachaca Distillerie, wo aus Zuckerrohr der bekannte Alkohol hergestellt wird, den man gewöhnlich für Caipirinha verwendet. Umgangssprachlich wird Cachaca auch "Aguardente" (Feuerwasser) oder "Pinga" (Fusel) bezeichnet. Wenn man Cachaca mal pur probiert, versteht man auch warum. Allerdings gibt es auch gemischten Cachaca und bespielsweise der Banana Cachaca oder Cachaca Gabriella, für den die Gegend hier bekannt ist, schmecken wirklich gut. Wenn ich nicht noch länger reisen würde, hätte ich mir eine Flasche mitgenommen.