Veröffentlicht: 10.03.2019
Wir sind zurück in Indonesien und plötzlich auch zurück in der Regenzeit. Yogyakarta empfängt uns mit wolkenverhangenem Himmel und viel Regen, mal schauerartig, mal Nieselregen, aber irgendwie regnet es immer ein bisschen. Nachdem wir in den letzten zwei Monaten fast nur blauen Himmel und die Sonne gesehen haben, zieht uns das ziemlich runter und wir bekommen tatsächlich etwas Heimweh! Aber die gute Nachricht ist, dass Elena wieder gesund ist, endlich! Auf Yogyakarta haben wir uns gefreut, denn wir lesen im Reiseführer, dass dies hier die kulturelle Hauptstadt Javas sein soll, mit viel Kunst und schönen kleinen Cafés, eine Universitätsstadt mit vielen jungen Leuten. Doch als wir in der Stadt nach diesem Flair suchen, finden wir nichts besonders ansprechendes. Sehen wir es einfach nicht? Haben wir einen Reisekoller? Das scheinbare Fehlen jeglicher interessanter Orte und touristischer Infrastruktur strengt uns an. Manchmal ist es schwierig, die richtige Balance zu finden zwischen „echtem Leben der Einheimischen“ und „touristischer Infrastruktur“ - gibt es zu viel Tourismus, fühlt man sich leicht wie in einer Art Disneyland, gibt es zu wenig, fühlt man sich vielleicht manchmal verloren fremd. Von Yogyakarta machen wir zwei Ausfüge zu alten Tempeln, nämlich nach „Borobudur“ und nach „Prambanan“. Der Borobudur-Tempel ist bekannt und soll sehr sehenswert sein, doch im Vergleich mit dem, was wir in Angkor Wat gesehen haben, kann uns dieser Tempel nicht vom Hocker hauen. Natürlich muss man auch dazu sagen, dass es stark bewölkt ist und wir die erhöhte Lage des Tempels, von der aus man die schöne Natur und, bei gutem Wetter, den Merapi-Vulkan sehen könnte, nicht so recht geniessen können. Was wir am Tempel dann vor allen Dingen machen: unzählige Fotos mit Einheimischen!
Der Prambanan-Tempel gefällt uns besser, obwohl im Reiseführer als viel weniger spektakulär angekündigt (verkehrte Welt...wer schreibt Reiseführer?). Mit Elenas neuem rot-weiss-gestreiften T-shirt machen wir lustige „Wo ist Walter“-Fotos und geniessen die tollen Tempel.
Als wir am gleichen Tag noch die Weiterreise zum Bromo-Vulkan organisieren wollen, bekommen wir einen Schreck, als uns ein Hotel am Vukan in der Antwort-Mail auf unsere Reservierungsanfrage folgendes schreibt: „We are sorry in inform you that Bromo-area will be closed for Nyepi-day from 7th-8th march.“ - was? Nyepi ist der höchste balinesische hinduistische Feiertag, sozusagen das balinesische Neujahr. An diesem Tag, dem „Tag der Stille“ liegt über Bali der absolute Stillstand, inklusive Schliessung des Flughafens und Ausgangssperre für alle Menschen. Aber wir sind nicht auf Bali! Dass es in Ost-Java Gegenden gibt, in denen hinduistische Minderheiten leben, war uns nicht bekannt. Selbst das Hotelpersonal in Yogyakarta zeigt sich überrascht und ungläubig, als wir bei ihnen nachfragen, doch es stimmt. Also warten wir einen weiteren Tag. Am Abend besuchen wir eine Wayang-Kulit-Vostellung, ein javanisches Schattentheater, das Geschichten aus der hinduistischen Mythologie erzählt, dargestellt durch wunderschöne, detailliert gearbeitete Schattenspielfiguren aus Leder. Wir kommen viel zu früh zur Vorstellung, werden aber schon hereingelassen und zahlen den sehr niedrigen Eintrittspreis von umgerechnet 1,50 Franken und nehmen Platz vor der Bühne, auf der sehr viele Instrumente und die Leinwand, mit zwei Lampen davor, aufgebaut sind. So sitzen wir dort und warten, bis uns plötzlich aufgeht, dass wir auf der falschen Seite der Bühne sitzen, und wechseln dann die Seite, auf der man natürlich nur noch die Leinwand sieht.
Nach und nach kommen die Musiker und Puppenspieler, insgesamt 18 (!) Menschen und beginnen mit ihrere „Gamelan“-Musik. Naja, wie soll man das beschreiben...es klingt im ersten Moment so, als würden alle ihre Instrumente testen, oder als hätte man einer Grundschulklasse einige Xylophone, Gongs und Trommeln in die Hand gedrückt, und alle spielen etwas durcheinander. Das ist Gamelan-Musik - wenn man sich darauf einlassen kann, ist die Musik vielschichtig, fast hypnotisierend und interessant. Elena kann sich mehr darauf einlassen als Claudio, sagen wir mal so. Auf unserem Programmzettel steht die Geschichte, die gespielt wird, beschrieben, aber leider gibt es schon in der ersten halben Stunde so viel javanischen Text (wir verstehen natürlich nichts), ohne dass sich die Figuren bewegen oder dass die Musik dazu spielt, dass wir uns mit jeder Minute immer mehr fragende Blicke zuwerfen. Aber wir sind die einzigen Zuhörer! Als dann noch vier weitere Menschen, mitten in der Vorstellung, kommen und sich setzen, ergreifen wir die Chance, und es tut mir so wahnsinnig leid für die Musiker, und verlassen durch die Neben-/Hintertür den Raum. Sind wir Kulturbanausen (die Vorstellung hätte zwei Stunden gedauert)? Am nächsten Tag fragen wir uns, ob wenigstens die anderen Zuschauer bis zum Ende geblieben sind (hoffentlich).