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Tag 4, 23. April: 1. Bürotag in Kasese

Veröffentlicht: 26.04.2021

Heute lerne ich das Büro von RWECO-VIDE in Kasese kennen. Es ist noch relativ neu, nachdem das alte Büro im letzten Jahr von den Wassermassen des Nyamwamba Flusses weggerissen wurde.

WIFI gibt es hier nicht, aber ich habe ein paar Sachen mitgebracht, so dass ich auch ohne Internet arbeiten kann. Immer wieder schauen neugierige Kinder vorbei und rufen „Mzungu, Mzungu“, was „hellhäutig“ bedeutet. Nach dem langen Winter in Deutschland bin ich sogar noch weißer als normalerweise 😊

Bwambale und Ndumbuko sind mit mir im Büro; im Laufe des Tages schauen auch Ezekiel mit seinem Schwiergervater, Godfrey und Baluku vorbei. Ich habe viele Fragen und bereits erste Ideen für das Tourismusprojekt, die wir gemeinsam besprechen und diskutieren.

Nach der Mittagspause, die ich im Hotel verbringe, holt mich Bwambale ab und wir schauen kurz bei Baluku im Büro vorbei. Er trägt heute seine Dischdascha (weißes Gewand), da er noch in die Moschee zum Freitagsgebet geht. Er ist vom Christentum zum Islam übergetreten, um seine muslimische Frau heiraten zu können, von der er aber in der Zwischenzeit geschieden ist. Die gemeinsamen Kinder zieht er allein groß.

Ich nutze die Gelegenheit und stelle ihm Fragen, wie er es geschafft hat seine Reiseagentur aufzubauen. Er arbeitet mit einem deutschen und einem norwegischen Reiseveranstalter zusammen. Angefangen hat alles mit seiner Transportfirma. Dadurch, dass er ein guter Fahrer ist und Autos besitzt (was hier nicht die Regel ist), hat sich das Business für ihn ergeben. Außerdem vertreibt er seit einiger Zeit Samsung Smartphones als Vertragshandys, d.h. mit monatlicher Gebühr (so wie wir es auch aus Deutschland kennen). Ich glaube, dass ich bisher nur einen kleinen Teil seines Business kenne. Er ist sehr aktiv und ständig am Organisieren.

Zurück im Büro diskutieren wir noch weiter einige Ideen. Außerdem befrage ich Bwambale und Ndumbuko zu ihrem Schulsystem:

Hier ist allen bewusst wie wichtig Bildung ist. Es gibt staatliche Schulen, die kostenfrei sind (eigentlich, denn auch hier werden allerlei Gebühren erhoben), dafür aber keine gute Bildung garantieren. Eltern, die es sich leisten können, schicken ihre Kinder deshalb auf Privatschulen. Das Schulsystem beginnt mit der „nursery school“ ab 3 Jahren, geht dann weiter mit 7 Jahren „primary school“ (P1 bis P7), an die sich nochmal 6 Jahre „senior school“ (S1 bis S6) anschließen, so dass man mit ca. 19 Jahren das „Uganda Advanced Certificate of Education“ erwirbt. Danach schließen sich College und University an, deren Dauer von der Art des Studiums abhängen.

Nach dem Abschluss von P7 und S4 gibt es ebenfalls Prüfungen und Zertifikate. In diesem Jahr hat die Regierung verpflichtend den Besuch der Schule bis S6 eingeführt. Während man bisher bereits nach S4 auf das College gehen konnte, um sich für Berufe wie Lehrer oder Krankenschwester weiter ausbilden zu lassen, ist das zukünftig erst mit dem Abschluss von S6 möglich. Das wird eher kritisch gesehen, weil es bisher schon mit riesigen Hürden verbunden war, die Schule bis S4 zu absolvieren. Es ist keine Seltenheit, dass man die Schule immer wieder unterbricht, um in den Pausen das Geld für den nächsten Abschnitt zu verdienen.

Bwambale ist ein gutes Beispiel dafür, wie lange es dauern kann, bis man im studierten Beruf arbeiten darf. Er hat sein Abitur mit Mitte 30 nachgeholt, dann nochmal mehrere Jahre gespart, um studieren zu können. Erst kürzlich, mit 45 Jahren, hat er seinen Abschluss als Anwalt gemacht. Allerdings darf er noch nicht in diesem Beruf arbeiten, da ihm noch ein Jahr Referendariat fehlt, das mit einem offiziellen Abschluss endet und wieder mit sehr hohen Gebühren verbunden ist. In der Zwischenzeit arbeitet er als Berater für eine Anwaltskanzlei, um praktisches Training zu bekommen. Allerdings wird dies nicht als Referendariat anerkannt. Außerdem hat er in der einige Seminare in Projektmanagement und Führung absolviert, die nicht so teuer sind.

Seine Familie ernährt er durch seine eigene Landwirtschaft und spart, um sein Referendariat und später noch seinen Master machen zu können. Für so einen Werdegang braucht es eine unglaubliche Willenskraft und Durchhaltevermögen. Ich ziehe den Hut!

Am Vormittag hatte ich vorgeschlagen, dass wir uns Anfang der nächsten Woche zu einem Workshop bei mir im Hotel treffen, da es dort auch WIFI gibt. Das haben wir in der Mittagspause mit dem Hotelmanager besprochen und legen zum Abschluss des Arbeitstages noch kurz die Dauer und Inhalte für den Workshop fest, bevor wir um 17 Uhr Schluss machen.

Gestern bin ich in ein anderes Zimmer umgezogen. Das Hotel liegt direkt an der Hauptmoschee von Kasese und mein Zimmer war in direkter Luftlinie zur Lautsprecheranlage, wo der Muezzin jetzt im Ramadan offensichtlich besonders aktiv ist. Tja, das neue Zimmer geht zur selben Seite raus, ist aber ein paar Meter weiter von den Lautsprechern entfernt, was jedoch keinen Unterschied macht. Na ja, ich habe mich mittlerweile daran gewöhnt mit Ohrstöpseln zu schlafen. Von den Gebetsrufen wache ich zwar noch immer auf, dafür höre ich den Verkehr vor meinem Zimmer aber nicht mehr, der hier so gegen 5:30 Uhr wieder einsetzt. Vermutlich gewöhne ich mich bald so sehr an den Muezzin, dass ich seine Gebetsrufe vermissen werde, wenn ich abreise.

Ansonsten fühle ich mich recht wohl in meinem Zimmer, nachdem ich ein paar Reparaturen selbst durchgeführt habe. Glücklicherweise habe ich auf dieser Reise allen möglichen Kram dabei, den ich in einen Urlaub niemals mitschleppen würde. So auch doppelseitiges Klebeband, das mir schon gute Dienste geleistet hat. Damit konnte ich bereits die Löcher im Moskitonetz kleben und Alufolie über dem Badezimmerfenster anbringen, das sich nicht schließen lässt. Nur bei der Reparatur des Ventilators bin ich gescheitert, der hängt weiter auf der Stelle. Mal sehen, ob ich den Manager davon überzeugen kann, das Problem zu lösen.

Das TJ Global Hotel ist eines der am besten bewerteten in Kasese. Nach deutschem Standard würde ich 2 Sterne geben. Fairerweise muss ich aber dazu sagen, dass ich für eine Entwicklungshelferin im „puren Luxus“ lebe, in einem Hotel mit eigenem Bad. In der Regel sind während solcher Einsätze wesentlich einfachere Unterkünfte zu erwarten. In diesem Fall ist mir „Covid“ zu Gute gekommen, denn Sicherheit geht trotz allem vor. Und das Wichtigste: Alles ist sauber, ich habe Elektrizität (bisher ohne Unterbrechung) und warmes Wasser und die Mitarbeiter sind alle sehr freundlich und hilfsbereit, was die kleineren Mängel mehr als ausgleicht.

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