Go East - Mit dem Fahrrad zu Ev. Gemeinden in Osteuropa
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77.-79. Tag / 23.-25. Sept.: Auf der Suche nach einem Weg durch das Gebirge

Veröffentlicht: 28.09.2022

Wieder war die Nacht an der Donau recht kalt. Ich zog fast alle meine Sachen an und so war die Kälte am Morgen erträglich. Heute wollte ich endlich in Bulgarien, dem 6. Land auf meiner Radreise, ankommen. Jedoch gibt es in diesem christlich-orthodoxen geprägten Land keine Evangelisch-Lutherische Gemeinden, wie wir sie kennen. Es gibt nur einige evangelisch geprägte Freikirchen, wie Baptisten und Pfingstgemeinden und Kongregationalistische Kirchen. Das sind protestanische Kirchen, welche aber eher amerikanisch geprägt sind.

Überraschend für mich war das rund 11% der Bevölkerung entweder türkische oder bulgarische Muslime sind, die seit Jahrhunderten in dem Land leben.

Auf den letzten 40 Kilometern an der Donau entlang sah ich von Weitem schon die bulgarischen Berge im Hinterland. Die Topographie stellte für mich eine große Herausforderung dar, weil mehrere Gebirgszüge das Land durchziehen. Zwar gibt es Passstraßen, jedoch mit einer großen Höhenunterschieden.

Nur bei der Stadt Giurgiu (Rumänien) gibt es die einzigste Brücke über die Donau zur bulgarischen Großstadt Russe. Ich hatte zwei gegensätzliche Informationen im Internet gefunden, ob diese Brücke mit dem Fahrrad passierbar ist. Eine Information besagte, dass auch für Fußgänger, also auch für Menschen mit Fahrrad, die Brücke passierbar ist, die andere jedoch nicht.  Die einzigste Alternative ist ein Zug, der einmal am Tag beide Städte verbindet. So wagte ich den Versuch und fuhr einfach auf die Brücke zu. Die Straße wurde immer enger, es gab keinen Seitenstreifen und viele LKWS überholten mich. Auf rumänischer Seite wurde ich einfach ohne Passkontrolle durchgelassen. Direkt auf der Brücke mussten etliche LKWs wegen mir langsamer fahren bis sie eine Überholmöglichkeit hatten. Ich musste mich stark konzentrieren. Ein Blick auf die Donau selbst war kaum möglich. Auf bulgarischer Seite reihte ich mich in die Schlange der Autofahrer. Als der Grenzbeamte mich und mein Fahrrad sag und ich meinen Pass ihm geben wollte, machte er nur eine kurze Kopfbewegung, dass ich möglichst rasch weiterfahren solle ohne meinen Pass zu kontrollieren. Dann war ich zum Glück durch.

Ich fuhr die letzten Kilometer in die Großstadt Russe. Eine Stadt mit viel postsozialistischen Charm. Das Zentrum war recht ansprechend. In einem Cafe lud ich mein Handy auf und suchte mir einen Schlafplatz an der Donau. Google Maps zeigte einen schönen Badestrand an. Ich musste mir in einer Western Union Geldwechselstelle mir das gesendete Geld auszahlen, aber überall gab es technische Probleme. Es wurde langsam dunkel und so radelte ich zu dem Schlafplatz am Donaustrand. Nur noch in der Dämmerung konnte ich mein Zelt aufbauen. Ich war froh von der Straße weg zu sein, denn mein Licht am Rand funktionierte seit einigen Tagen nicht mehr. Ich machte kaltes Abendessen und legte mich zeitig schlafen.

Am nächsten Morgen hatte ich erst bei der vierten Western Union Geldwechselstelle in einem Kaufland Einkaufszentrum Erfolg und konnte 90 Lew (50 Euro) abholen. Jetzt hatte ich wieder etwas Geld, bis die Sparkasse mir einen etwas größeren Geldbetrag überwies.

Ich fand die Stadt sehr laut und nicht schön und wollte nur noch raus. Auf der Autokarte fand ich eine grobe Route Richtung Süden. Erst einmal ging es kilometerweit nur bergauf, dafür konnte ich auf einer ruhigen Landstraße in Richtung Razgrad fahren. Einer Zwischenstation in Richtung Süden. Jetzt musste ich eine Lücke bzw. nicht zu hohen Pass durch die quer im Land liegenden Gebirgszüge finden.

Sehr lange studierte ich die Autokarte. Ich orientierte mich an den Flussverläufen und Eisenbahnlinien und überprüfte die Höhenunterschiede. Ich fand einen niedrigen Pass bei Aytos fast bei Burgas wo ich nur ca. 400 Höhenmeter zu überwinden hatte. Diese Passstraße lag aber zwei Fahrradtage entfernt und auch bis dahin ging es immer wieder bergauf und bergab. Ja, ich war im Balkan unterwegs, der von Gebirgen und Bergketten geprägt ist.

Unterwegs kam ich durch Targovihste und bei Shumen vorbei, wo die Bevölkerung rund 50% Muslime sind und sah immer wieder Moscheen. Insbesondere auf dem Land.

Am zweiten Abend zeltete ich in der Nähe eines Dorfes und am Abend und am Morgen hörte ich den Ruf des Muhezzins. Wie ich feststellte lebten orthodoxe Christen und Muslime friedlich zusammen und das seit Jahrhunderten.

An meinem 79. Tag erreichte ich die Passstraße bei Aytos. Rund 400 Höhenmeter hatte ich vor mir und langsam quälte mich mich die Straße hinauf. Zig mal musste ich pausieren. Nach rund 2,5 Stunden hatte ich die Passhöhe erreicht und hatte einen herrlichen Ausblick auf das Tal und die Tiefebene bei Aytos. Die Badestadt Burgas war jetzt nur noch 35 Kilomter entfernt. Aber da wolle ich nicht hin, weil es von dort keine Straße in Richtung Türkei gibt. Auf rund 8 Kilometern hatte ich eine rasante Abfahrt in die Kleinstadt Aytos. Zeitweise fuhren die Autos mir hinterher, weil ich aus Sicherheitsgründen wegen des schlechten Straßenrandes die Mitte der Fahrbahn nutze.

Schnell erreicht ich das Zentrum. Wieder ging ich in ein Cafe, um mein Handy und Laptop aufzuladen. Nun hatte ich den großen Gebirgszug hinter mir gelassen und suchte meinen Fahrweg zur türkischen Grenze.

Wie ich bei der Internetrecherche im Cafe feststelle gibt es im Nahbereich zwei Grenzübergänge zur Türkei auf meinen Weg nach Istanbul. Einer befindet sich rund 120 Kilometer entfernt bei Malko Tarnowo, aber mit über 2000 Meter Höhenunterschied auf der Gesamtstrecke und ein zweiter Übergang, rund 170km entfernt, aber mit "nur" rund 900 Höhenmetern.  So entschied ich mich für Variante 2 für zwei Tagesreisen und radelte gegen Mittag auf der Schnellstraße nach Sofia los. Mühsam ging es die ersten 150 Höhenmeter hoch.

Als ich rund 8km unterwegs war und den ersten Berg erklommen hatte, schoß es mir durch den Kopf, dass ich meine Powerbank für das Handy im Cafe hatte liegengelassen. Auf der Stelle machte ich kert und radelte rasand zurück zu dem Cafe und konnte an den Tresen die Powerbank - inzwischen voll geladen - in Empfang nehmen. So quälte ich mich anschließend ein zweites Mal den ersten Berg hoch und kam am Abend, nach rund 100km Gesamtstrecke für den Tag, völlig erschöpft in der Kleinstadt Straldascha an. Von unterwegs hatte ich eine preiswerte Unterkunft gebucht. Ich duschte und machte mir auf dem Boden der Unterkunft mein Abendessen zurecht und schlief bald ein. Nur noch einen Tag liegt die Türkei, mit meinem Endziel Istanbul, entfernt.

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