Geschichten vom roten Rucksack 2.0: Die Krabbencrew
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Neue Unterkunft in Vancouver Downtown, Arbeitserfahrungen und Queen Elizabeth Park

Veröffentlicht: 06.06.2020

Das wichtigste zuerst: Ich habe keinen Waschbären gesehen.

25.05. - 31.05.2020

Ich starte die Woche mit Glenn. Er hat sich in der letzten Woche an der Schulter verletzt und es ist immer noch nicht besser geworden. Daher will er morgen zum Arzt. Ich arbeite mit ihm den ganzen Tag zusammen und so erledigen wir viele verschiedene Aufgaben. Am Ende vom Tag gibt er mir seinen Schlüssel, damit ich am nächsten Morgen in meinen Raum komme. 


Ich bin nervös, weil ich nicht weiß, wie es am Dienstag so ganz alleine werden wird. Ich bekomme am Dienstag meine Aufgaben von meiner deutschen Kollegin mitgeteilt. Daher klappt alles ganz gut und der Tag ist sehr abwechslungsreich. Aber am Ende des Tages bekomme ich von Pristine eine Nachricht, dass ich gut auf der Baustelle gearbeitet habe, man mich dort aber ab dem nächsten Tag nicht mehr brauchen wird. Meine Stimmung ist richtig gedrückt und ich bin enttäuscht, dass mir keiner von den Chefs den Tag über Bescheid gegeben hat. Als ich mit meinen ganzen Sachen, die ich sonst auf der Arbeit gelassen habe, nach oben gehe, will ich Glenns Schlüssel an den Chef Tom abgeben. Ich sage ihm, dass heute mein letzter Arbeitstag gewesen ist und ich noch Glenns Schlüssel habe. Tom weiß jedoch gar nicht, dass ich ab morgen nicht mehr kommen soll! Da kommt sein Mitarbeiter Stefan auf uns zu, bedankt sich, für meine Arbeit und erklärt, dass es nichts mit meiner Arbeit zu tun hat, dass ich nicht mehr gebraucht werde, sondern weil ab morgen ein anderer Mitarbeiter kommen wird. Tom ist sehr überrascht und auch ein bisschen sauer, da Glenn für mindestens diese Woche ausfallen wird und so ein Mitarbeiter fehlt! Nach einer kurzen Diskussion darf ich doch bleiben und bringe mein ganzes Zeug wieder in meinen Raum. Ich bin wirklich froh und erleichtert, weil mir die Arbeit  Spaß macht und ich die Kollegen auch sehr gut leiden kann! Da habe ich Glück im Unglück. Seit diesem Tag habe ich immer ein mulmiges Gefühl, wenn ich außer der Reihe eine Nachricht von Pristine bekomme. 


Am nächsten Tag lerne ich dann den Neuen kennen. Es ist der Bruder von einem Mitarbeiter aus dem Büro und entgegen meiner Erwartungen ist er nicht der Handwerker, für den ich ihn gehalten habe. Ich dachte nämlich, dass ein richtig ausgelernter Handwerker kommt, der mich ersetzen und spezielle Aufgaben erledigen soll. Der Neue weiß leider nicht mal, wie rum man ein Cutter Messer richtig hält. Ich bin froh, dass meine deutsche Kollegin mir eine Aufgabe gibt, die ich alleine erledigen kann und so verbringe ich den Tag damit, einen neu gefliesten Raum vor den Aufzügen erst mit Pappe und dann mit dünnen Holzplatten zu schützen. 

Als ich Julian abends im Hostel voller Begeisterung meine neue Aufgabe erläutet, spricht uns ein Hostelbewohner an, der erst seit Montag im Hostel wohnt: "Ach, ihr seid auch Deutsche!" Er setzt sich zu uns und erzählt von seinen Erfahrungen, die er in Kanada gemacht hat. Da er Bekannte im Yukon hat, konnte er trotz Corona-Beschränkungen einreisen und bei ihnen seine Quarantäne absitzen. Er zeigt uns viele Fotos von der Natur und den Tieren, die er dort gesehen hat. Weil er gar nicht mehr aufhören will vom Yukon zu erzählen, nennen wir ihn ab diesen Tag den "Yukon Guy"


Am Freitag ist ein ganz besonderer Tag, da sehr viele Bars wieder eröffnet sind. Wir nutzen direkt unseren Feierabend, um das erste Mal seit langer Zeit in einer Bar zu sitzen. Das Wetter ist so gut, dass wir draußen sitzen können und so wird aus der "gruseligen" Straße vor dem Hostel ein Barviertel, in dem nicht nur unheimliche Gestalten unterwegs sind. Abends packe ich meinen Rucksack, weil wir am nächsten Tag aus dem Hostel ausziehen.

Erster Barbesuch seit Corona-Schließung
Unsere ersten Getränke in der Bar.


Am nächsten Tag ziehen wir in ein Apartment, das nur zwei Straßen weiter liegt. Hier wohnen noch zwei Mitbewohner: ein Student und eine Nanny, die aber schon zwei Tage später auszieht. 

Das Apartment ist wirklich sehr schön und ruhig. Leider ist der Vermieter nur total verwirrt. Er vergisst einen Mietvertrag mit uns aufzunehmen. Die Mietverträge hier sehen nur aus, wie aus einem Quittungsblock. Wir denken leider auch nicht daran, weil wir den letzten Monat im Hostel gewohnt haben und da von Woche zu Woche die Miete bezahlt haben. Der Student erzählt uns, dass einige Vormieter Probleme mit unserem Mieter hatten, weil sie die Kaution nicht wieder bekommen haben. Wir machen uns den ganzen Samstag richtig einen Kopf deswegen und weil wir keinen Mietvertrag haben! Julian schreibt ihn direkt an und er verspricht am Sonntag zu kommen, weil er eh noch die Schlüssel tauschen will. 


Er kommt natürlich am Sonntag nicht vorbei und so werden unsere Bauchschmerzen immer größer. Unser Mitbewohner erzählt, dass unser Zimmer illegal ist, weil es ursprünglich ein Wohnzimmer war, das einfach zu einem Zimmer umfunktioniert wurde. Die Wand zur Küche besteht aus zusammengestellten Regalen und ein paar Pressspanplatten. Die Türe ist eine IKEA Schranktür, die an eine Regalseite festgeschraubt ist. Trotz allem ist das Zimmer besser als im Hostel, da es einerseits günstiger ist und wir andererseits ein großes Bett und großes Zimmer mit Couch und zwei Balkonen und einem eigenen Badezimmer haben. Die Küche müssen wir uns auch nur mit unserem Mitbewohner teilen. Unser Apartment liegt auf der sechsten Etage. Auf der 12. Etage gibt es eine Terrasse, die jeder im Haus nutzen kann.

Wegen dem fehlenden Mietvertrag machen wir uns richtige Sorgen und die Stimmung ist gedrückt.


Unser Zimmer
Unser Ausblick
Auf dem Balkon
Die Küche
Unsere Terrasse auf dem 12. Stock



01.06. - 06.06.2020

Am Montag ist Glenn immer noch zu Hause wegen seiner Schulter. Ein anderer Kollege nutzt die Gunst der Stunde und fragt, ob ich ihm heute helfen kann. Nur ein paar Müllbeutel in eine Box packen, die er dann mit dem Gabelstapler zum Container fahren kann. Na klar. Warum nicht? Der ganze Müll der Baustelle wird auf einem Parkdeck gelagert und dann regelmäßig in den Container, der draußen steht, geladen. Da jedoch die Fahrbahn gesperrt war, hat sich der Müll von einer ganzen Woche angesammelt und es sind nicht nur ein paar Müllbeutel. Ich arbeite den ganzen Tag auf dem Parkdeck und am Ende des Tages ist der Müllberg maximal halbiert. Von Stunde zu Stunde sinkt meine Laune weiter in den Keller, weil es sich wie eine Never-Ending-Story anfühlt. Etwas gutes hat der Tag aber doch: Am Abend kommt der Vermieter endlich mit dem Mietvertrag


Am nächsten Tag bin ich unendlich froh, als meine deutsche Kollegin eine andere Aufgabe gibt und ich mich nicht mehr um den Müll kümmern muss. Außerdem will sie mit Glenn sprechen, als ich ihr erzähle, dass ich letzte Woche fast raus geflogen bin. Sie meint, dass Glenn richtig sauer wäre, wenn er wieder zur Arbeit kommt und ich nicht mehr da bin. Da sie in 14 Tagen mit dem Job aufhört und einen Roadtrip macht, wird die Baustelle eh Verstärkung brauchen. 


Die Woche über bekomme ich viele verschiedene Aufgaben und muss nicht mehr nur fegen, wie auf der letzten Baustelle. Ich habe mir immer mehr Equipment zusammen geschnorrt, das ich für die Aufgaben brauche. Die Arbeit macht mir wirklich Spaß, auch wenn mein ganzer Körper schmerzt. Besonders am Morgen schmerzen meine Finger. Als ich Stefan frage, ob ich eine richtige Atemmaske fürs Fegen bekomme, erklärt er mir, dass er keine mehr hat und somit nicht mehr fegen brauche und wenn doch, soll ich mir jemanden suchen, der das Fegen übernimmt. 😃


Diese Woche arbeite ich auch am Samstag. Es ist ganz entspannt, weil nicht so viele Arbeiter auf der Baustelle sind. Laut einer Kollegin wird die Baustelle wohl im September fertig, sodass nach und nach immer mehr Räume und Materialien ausgeräumt werden. 

Der Chef spricht mich an, wie lange ich bleiben werde, da meine deutsche Kollegin bald weg ist. Daher habe ich ein gutes Gefühl, dass ich bis Ende Juli dort bleiben kann. Ich erzähle ihm, dass ich sehr gerne Waschbären sehen würde und er gibt mir den Tipp, dass ich zur Simon Fraser University gehen soll. Sie liegt auf einem Hügel und ist von einem riesigen Park umgeben. Die Waschbären sollen keine Angst vor Menschen haben und sich sogar füttern lassen. Sie sind wohl aber sehr frech und aggressiv. Er erzählt von einer Begegnung bei einem Spaziergang, bei dem er nur wenige Meter entfernt an einem fressenden Waschbären vorbei gegangen ist und von ihm angefaucht wurde, bevor er weiter gefressen hat. Vielleicht ist das der Grund, dass ich die Tiere so mag: Ich teile mein Essen auch höchst ungerne... 🤔


Heute am Sonntag besuchen wir erst den Kitsilano Beach Park und dann den Queen Elizabeth Park. Es ist sehr schönes Wetter! Die Sonne scheint und ich creme mich mit Sonnencreme ein, bevor wir losgehen. Draußen ist es dann aber ziemlich windig, sodass wir erstmal frieren, bis wir uns warm gelaufen haben. Zum Kitsilano Beach Park laufen wir in einer halben Stunde von unserem Apartment über die Burrard Street Brücke. Dort angekommen essen unser Mittagessen auf der Wiese und laufen dann weiter zur West 4th Avenue - einer Shoppingstraße. 

Burrard Street Brücke
Kitsilano Beach
Kitsilano Beach
Auf dem Weg zur West 4th Avenue


Auch den Weg zum Queen Elizabeth Park wollen wir zu Fuß bestreiten. Wir merken aber schnell, dass wir über eine Stunde bis dort brauchen werden. Daher entscheiden wir uns doch für eine Busfahrt. Seit dem 01.06. muss man für die Busfahrten wieder bezahlen. Davor kann das ganze Busnetz kostenlos wegen Corona genutzt werden. Beim Einsteigen fragen wir, ob wir mit der Bankkarte zahlen können. Der Busfahrer erklärt uns, dass man nur passend mit Bargeld oder mit der Kreditkarte bezahlen kann. Da wir beides nicht dabei haben, nimmt er uns kostenlos mit. Da freuen wir uns richtig! Und bei der halbstündigen Busfahrt merke ich, wie froh ich bin, dass wir nicht zu Fuß gehen müssen. Es geht nämlich eine ganze Zeit stetig bergauf... Und wer die vorherigen Berichte gelesen hat, weiß, was das bedeutet... 

Der Beginn vom Queen Elizabeth Park ist nicht so spektakulär. Das liegt vielleicht daran, dass wir eine Haltestelle zu früh aus dem Bus ausgestiegen sind. So laufen wir erstmal über eine Wiese, um zu einem Spazierweg zu kommen. Doch plötzlich sind wir Mitten im Grünen: Ein richtiges Blumenparadies tut sich auf und wir erkunden die vielen verschlungenen Wege. Unerwartet verliere ich Julian, weil ich einen anderen Weg eingeschlagen habe. Aber ich finde ihn schnell wieder und er erzählt mir, dass er beim Vorbeigehen ein Gespräch mitbekommen hat, dass hier ein Waschbär gesehen wurde. Wir laufen weiter durch den Park und laufen über eine Brücke, die uns dann zu einem Aussichtspunkt führt, der uns einen Blick auf Vancouver schenkt. Hier sind viele Fotografen unterwegs, die persönliche Fotoshootings machen. Wir sehen ein Paar, das mit ihrem Hund ein Fotoshooting hat und ein Brautpaar, das heute geheiratet hat. Als wir dann weiter bis zu einem Rosengarten laufen, finden wir den Rest der Hochzeitsgesellschaft. Der Rosengarten ist nicht eingezäunt, sodass wir durch die Beete mit den unterschiedlichsten Rosenarten laufen. Da es warm ist, duften die Rosen. Der Queen Elizabeth Park ist auf jeden Fall den Besuch wert gewesen! Auf dem Rückweg zum Apartment holen wir uns einen Tim Horten´s Kaffee und laufen den kompletten Weg zu Fuß zurück. Dabei laufen wir über die Cambie Brücke. Somit haben wir jetzt alle drei Brücken nach Downtown benutzt. 

Unscheinbarer Start in den Queen Elizabeth Park
und plötzliches Blumenparadies
Alles ist grün...
und blüht.
Im Hintergrund die Brücke
Ich habe Julian wieder gefunden.
Blick auf die verschlungenen Pfade.
Ausblick auf Vancouver
Julian geniest die Aussicht
Ich habe ein Ahornblatt entdeckt.
Der Rosengarten
Der Rosengarten
Viele verschiedene Rosen in gemeinsamen Beeten
Sie duften in der Sonne.
Es gibt so viele unterschiedliche Farben.
Die Beete sind nicht eingezäunt.
Der Rosengarten
Ich klettere auf einen Baumstumpf.
So sieht es aus, wie ein Thron.



Zum Schluss will ich euch noch aufzählen, welche Tiere ich bis jetzt gesehen habe:

* Kanadische Wildgänse auf der Wiese vor der Arbeit, die den Fußgängerübergang benutzt haben, um die Straßenseite zu wechseln

* Kolibris: ich war erst total verwundert, weil ich sie nicht in Kanada, sondern eher in tropischen Gegenden erwartet hätte

* einen Weißkopfseeadler, der von vielen Möwen gejagt wurde, als er im Möwen-Territorium (=Hafen) unterwegs war

*eine Taube in einem der Penthouse-Wohnungen, die durch die offene Balkontür hereingekommen ist

*ein Baby-Rabe, der von einem Obdachlosen adoptiert wurde, in dem er ihn auf die Schulter nahm und mit ihm durch die Straße gelaufen ist

*eine Raben-"Schlägerei" in einer Straße, wobei sich die Rufe der Raben wie eine Schweine-Horde angehört haben


Ich finde, dass ist eine beachtliche Liste! 

Antworten

Kanada
Reiseberichte Kanada
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