Veröffentlicht: 01.02.2024
5.Tag: Das Wichtigste vorweg: Wir sind in Spanien! Ich habe das Gefühl, die französischen Bauern haben alles versucht, das zu verhindern. Alle Anschlüsse zu den Ausfallstraßen von Narbonne waren blockiert. An jeder Ecke stand ein Streifenwagen der Gendarmerie. Wir kämpften uns auf kleinsten Nebenstraßen Kilometer um Kilometer der spanischen Grenze näher. Die letzten paar Meter mussten wir uns steile Serpentinen hinauf quälen, aber dann hatten wir es geschafft. Für die 98 Kilometer hatten wir fast dreieinhalb Stunden benötigt.
Es dauerte nicht lange, da waren wir auch schon auf der AP7, die wir bis nach Peniscola, unserem heutigen Etappenziel, auch nicht mehr verlassen mussten. Das war ganz nach meinem Geschmack. Ich reihte mich in die nächstbeste Lkw-Schlange ein, schaltete den Tempomat ein und genehmigte mir einen kräftigen Schluck Kaffee aus dem Thermobecher und ein großes Stück Marmorkuchen. Ich hatte es mir gerade gemütlich gemacht, als uns eine mächtige Böe Seitenwind beinahe auf den Standstreifen versetzt hätte. Was war das? Die Antwort kam prompt: Ein 40-Tonner rauschte an uns vorbei. Ich schaute auf meinen Tacho: Ich fuhr fast 100! Das Tempolimit für einen Lastwagen über 7,5 Tonnen beträgt auf spanischen Autobahnen 90 km/h. Ich sah den Lastwagen schnell kleiner werden. Ich beschloss, mir den Burschen, der aus Polen kam, genauer anzusehen. Ich gab Gas. Aber so schnell ich auch fuhr, ich kriegte ihn nicht mehr. Kaum zu glauben. Das war zweifellos ein Tausendsassa auf einer Teufelsmaschine.
Die nächsten 100 Kilometer kämpften Wut, Unglaube und Anerkennung um die Oberhand in meiner Gefühlswelt. Das gelbe Lämpchen meiner Tankanzeige riss mich aus meinen Gedanken. Die nächsten Zapfsäulen waren nicht weit. Während ich tankte, drehte Icke mit Emmi und Pipo eine Gassirunde. Ich war gerade fertig, als ein mir unbekannter, aber sehr freundlicher Mann auf mich zukam. Er habe mein Angermünder Kennzeichen gesehen und wolle mich fragen, ob ich einen Michael Meier aus Sternfelde kenne. Sternfelde ist ein kleiner Ort in der Nähe von Angermünde, aber Michael Meier? Keine Ahnung, sagte ich und wir verabschiedeten uns. Ich erzählte Icke davon und die kam ins Grübeln. Eine gute Bekannte von ihr hieß mit Nachnamen Meier und wohnte in Sternfelde, aber wie deren Mann hieß, das wusste sie nicht. Ein paar WhatsApp-Nachrichten später war klar: Der Mann von Ickes Bekannter hieß Michael, und als der von meiner Begegnung hörte, war die Freude groß. Es war tatsächlich ein guter Arbeitskollege von ihm. Was für ein Zufall!
Kurz nach 16 Uhr hatten wir endlich unseren Stellplatz in Peniscola bezogen. Spanien. Geschafft. Nach knapp 2500 Kilometern und 35 Stunden auf der Straße. Morgen sind es nur noch 103 Kilometer bis nach Sagunto, wo wir von unserem letzten Aufenthalt in Spanien einen wunderbaren Campingplatz kennen, auf dem wir uns ein paar Tage erholen wollen. Für Icke hat das Kraft tanken heute schon beim Abendessen begonnen. Bei frischen Muscheln, Sardinen und patata bravas, fritierten Kartoffelstücken, und einem kühlen Glas Bier war alle Anstrengung schnell vergessen.