Four-on-tour
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244 Tage a 12 Stunden ohne Pause

Veröffentlicht: 11.03.2024

44. Tag: Wir haben in den vergangenen Tagen, Wochen und Monaten viel gesehen. Heute wollten wir einmal ausprobieren, wie es so ist, einen Tag auf dem Stellplatz zu verbringen. Einen Tag das zu tun, was viele Camper hier tun: vor dem Wohnmobil sitzen und sich sonnen, schlafen, lesen, rätseln, Kaffee trinken, essen, austauschen, ratschen oder vielleicht einfach nur aufs Meer hinausschauen und träumen. Wir konnten uns nie vorstellen, was man daran so schön finden kann. Aber wie hat mein Uropa immer gesagt: Bevor du weißt, ob etwas gut oder schlecht ist, musst du es ausprobieren.

Wir wollten es also heute ausprobieren. Ich saß da und schaute aufs Meer. Icke musste zuerst Wäsche waschen und dann probieren. Um an die Waschmaschine zu kommen, braucht man hier einen Termin, weil die Geräte hinter verschlossenen Türen sind. Alte Camper glauben zu wissen, dass für sie nichts unmöglich ist – nur moderne Maschinen sehen das oft anders. So ist es besser, die Waschmaschinen werden von Carmen bedient, der Chefin hier auf dem Platz. Sie holt uns zu unserem Termin ab. Mit einem strahlenden Lächeln über beide Ohren stürmt sie auf uns zu und reißt uns in einer Wortwelle aus Spanisch und Englisch mit, dass uns fast die Luft weg bleibt.

Carmen ist die Seele des San Antonio Camper Parks, ihr Mann Juan das Herz. Vor vier Jahren haben die beiden den Platz von Juans Cousin gepachtet. Dessen Familie hatte schon 1963 hier einen Campingplatz eröffnet und diesen mehr als 30 Jahre lang bewirtschaftet. Dann war erst mal Schluss. 20 Jahre später, 2014 entschloss sich der Cousin zu einem Neustart, aber fünf Jahre später suchte er schon einen Nachfolger. Juan bekam ein Angebot. Er kannte den Platz aus alten Tagen, als er hier fest angestellt war, und Carmen war zu der Zeit auf Jobsuche. Sie nahmen das Angebot an.

Sie haben es bis heute nicht bereut, auch wenn die beiden viel arbeiten müssen. „244 Tage im Jahr von 8 bis 20 Uhr“, sagt Juan. „Jeden Tag ohne Pause.“ Wer noch nie auf einem Stellplatz war, kann sich nicht vorstellen, was das bedeutet. Der San Antonio Camper Park hat 50 Plätze, auf denen etwa 100 Camper ihren Urlaub verbringen. Da gibt es Fragen, Probleme, am Telefon, E-Mails, die beantwortet werden müssen, Anfragen, Buchungen und Umbuchungen und und und. Absagen gibt es kaum. „Wir sind von September bis Mai praktisch immer ausgebucht“, sagt Carmen. Im Juni, Juli und August ist der Platz geschlossen. „Zu heiß“, sagt Carmen. „Da kannst du hier die Luft mit dem Messer schneiden.“

So fährt sie in dieser Zeit mit Juan lieber zu ihrer Familie in ihre Heimatstadt Cadiz an den Atlantik. „Dort ist das Klima besser, zumindest am Meer.“ Aber woanders will sie auch gar nicht hin. Sie ist ein Familienmensch durch und durch. Das ist zu spüren, wenn sie von ihrer Tochter Carla erzählt, die erst 19 Jahre alt ist. Und die soll später einmal den Stellplatz übernehmen, wenn es nach dem Wunsch ihrer Eltern geht. Warum? „Weil es nichts Schöneres gibt“, sagt Carmen. „Du bist dein eigener Chef, arbeitest an der frischen Luft und kannst mit den Menschen sprechen.“ Ja, Carmen kann mit Menschen sprechen … Sie hat diese Mischung aus Herzlichkeit, Empathie und Verbindlichkeit. Aber da ist auch eine Bestimmtheit, ein Grenzen-setzen-Können mit einer natürlichen Autorität, die am deutlichsten wird, wenn sie im Verborgenen bleiben kann. „Ärger? Es gibt keinen Ärger“, sagt die Chefin. „Vielleicht einmal zu laute Musik am späteren Abend. Aber das ist schnell geklärt.“

Und dann ist es wieder da, dieses Lächeln, das wie die Sonne ist, die über der Costa Blanca am Himmel steht. Hell, strahlend, warm, manchmal verdeckt, aber immer da.  

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