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Von Georgien nach Indien - September/Oktober 2023

Veröffentlicht: 26.10.2023

Bevor wir Ende September den Flieger in Tbilisi besteigen um nach Mumbai/Indien zu fliegen, verbringen wir noch einen weiteren Monat in Georgiens Bergen des hohen Kaukasus.

Es macht zu dieser Zeit unglaublich Spaß, laufend bergauf und bergab zu rennen und so lassen wir das Zelt eingepackt und nehmen uns stattdessen ein Zimmer in Stepantsminda. In diesem Dorf, in dem wir schon vor einigen Wochen mit Freundin Julia waren, verbringen wir fast zwei Wochen. Am Fuß des Mount Kazbeg erwachen wir jeden Tag um die Laufschuhe zu schnüren und uns mehr oder weniger hoch hinauf zu begeben. Auch wenn wir täglich die immer gleichen Wege wandern und laufen, wird es nicht langweilig. Das Wolkenspiel, die unterschiedlichen Farben des Himmels, geben der Landschaft mehrmals am Tag einen anderen Ausdruck. Nicht zum Satt-Sehen! Zum Abschluss dieser Tage in Stepantsminda, meldet sich Maik zu einem Berglauf an und gewinnt diesen hochmotiviert als 1. seiner Altersklasse!

Den Herbst begrüßen wir schließlich im Dorf Mestia. Nochmals weiter nördlich in der Region Svanetien. Die Berge des hohen Kaukasus scheinen sich hier in Ausdruck, Erhaben- und Schönheit übertreffen zu wollen. Die Gegend ist rau, die Dorfgemeinschaften klanmässig strukturiert und - wie man hört - auch regiert. Hier bleiben wir fast zwei weitere Wochen und schauen uns die Umgebung während kleiner Lauf- und Wanderausflüge an.

Es tut gut in dieser Abgeschiedenheit nochmal Energie zu tanken. Die Landschaft wirken zu lassen. Den Alltag ruhig und eintönig zu gestalten.

Schließlich geht’s per Mashrutka (Kleinbus) und Zug zurück in die Hauptstadt Tbilisi.

Während einer Woche wird noch so einiges organisiert und geplant und unsere Nervosität darf sich auch nochmal so richtig steigern: Geht das mit dem Fliegen gut? Haben wir auch nicht zu viel Gewicht gepackt? Kommen die Räder (heil) an? Kommen WIR da an wo wir hin wollen?

Ende September verabschieden wir uns endgültig von Georgien und der Kaukasus Region. Fünf Monate verbrachten wir im Sommer 2023 in zwei Ländern, von denen wir zuvor nur wenig wussten.

Danke Georgien! Für deine Vielfältigkeit auf so einem kleinen Flecken Erde.

Danke für deine Schönheit!

Danke für deinen Optimismus trotz dieser schier unaushaltbaren Zukunftsunsicherheit.

Danke für deine Gerührtheit und Herzlichkeit, die du gekonnt hinter groben, ernsthaften und rauen Gesichtern versteckst.

Danke, dass du so vielen Nachbar:innen Zuflucht bietest.

Danke, dass du deinen Menschen Moderne zugestehst ohne die Tradition zu verlieren.

Danke, dass du emanzipatorisch handelst obwohl dein Patriarchat so tief verankert ist.

Danke, dass du uns zeigst, wie wichtig es ist an den Fortschritt zu glauben, sich dafür stark zu machen und dabei beharrlich zu sein!

Danke, dass du so viel Widersprüchliches zu vereinen versuchst.

Danke für deine unkomplizierte Gastfreundschaft!

Am 28.09. besteigen wir den Flieger in Tbilisi um keine 24 Stunden später in Mumbai zu sein. Zumindest glauben wir das, als wir mittags unsere Räder aus dem Lager holen und vom Taxi zum Flughafen gebracht werden.

Einige Stunden später sitzen wir noch immer wartend unter vielen andere Passagier:innen am Flughafen von Tbilisi.

Einige weitere Stunden später sitzen wir in der Lobby eines Luxushotels in Istanbul und warten auf unsere Zimmerschlüssel.

Ein Unwetter um die türkische Hauptstadt hat den Flugverkehr durcheinander gebracht. Den Anschlussflug haben wir verpasst. Der nächste geht erst am folgenden Abend. Auch ok.

Als wir irgendwann am 30.09. frühmorgens ein weiteres Taxi nehmen um vom Internationalen Flughafen Mumbai zu Cousine Deepa zu fahren, wissen wir bereits, dass alles gut gegangen ist. Alle Gepäckstücke sind mit uns angekommen und schauen im Großen und Ganzen heil aus.

Wir verbringen die ersten zwei Oktoberwochen in der Megacity Mumbai. Zwischendurch geht’s per Schlafwagen-Nachtbus für einige Tage ins 1000km südlich gelegene Bengaluru. Gemeinsam mit Deepa und einigen anderen aus der Familie wollen wir einen Strassenmarathon laufen. 

Auch wenn Bengaluru auf 900 müM liegt, ist es in diesen Tagen sehr heiss. Doch zumindest die Luftfeuchtigkeit hält sich in jener Stadt in Grenzen. Dennoch ist der Start des Laufs auf 04.00 Uhr Früh gesetzt. Unterschiedlich erfolgreich und zufrieden beenden Maik und ich unsere ersten 42,19km auf Asphalt. Ganz schön anstrengend aber eine wunderbare Erfahrung, mit einigen 1000 anderen durch eine Großstadt zu laufen.

Zurück in Mumbai genieße vor allem ich, Sita, Zeit mit einigen meiner Familie, die hier leben. Die gemeinsamen Tage mit Cousine Deepa bedeuten mir viel und sind sehr intensiv und herzlich. Maik plagt sich währenddessen mit der einen und anderen Krankheit herum.

Schließlich ist es soweit und wir bauen unsere Räder zusammen. Relativ unkompliziert findet alles seinen Platz. Kein Schräubchen zu viel und keines bleibt übrig. Nur unsere Schutzbleche haben eine andere Form als sie sollten. Daher geht’s in die nächstgelegene Radwerkstatt um die hiesigen Mechaniker um Hilfe zu bitten. Nach einigem Hin und Her ist eine Lösung gefunden und nach 15 Minuten verlassen wir mit schön ausgebeulten, neu lackierten Kotflügel die Werkstatt. Ohne dafür bezahlt zu haben. Sameer, der Besitzer der Werkstatt lädt uns als seine Gäste zur Reparatur ein. Wenn das nicht ein guter Start unserer Radreise durch Indien ist!

Am folgenden Tag bitten wir Schwager Ujjwal uns mit seinem Pickup zum Fährhafen zu bringen. Wir haben keine Lust, uns in den unglaublich heftigen Verkehr Mumbais einzureihen und so steigen wir erst in Mandwa auf unsere Räder. Mandwa ist der Fährhafen von Alibaug, das wiederum ein Städchen 40km südlich von Mumbai ist. Sobald wir die Fähre verlassen, ist die kochende, pulsierende, laute, übergehende Stadt Mumbai vergessen. Das ländliche Indien mit seinen Küsten- und Junglestrassen, mit seinen Siedlungen, Dörfern und Städten liegt vor uns.

Im kommenden Monat wollen wir ca. 500 km an der Konkan Küste gen Süden fahren. Das erste große Ziel unserer Reise liegt nun nur noch kurz vor uns: das Dorf Redi, an der Grenze Maharashtras zu Goa, mit seinem kleinen Tempel der Hindugöttin Durga. Der Tempel unserer indischen Familie, der immer aufgesucht wird, sobald wir uns im Land befinden.

Die ersten Kilometer im Sattel fühlen sich gut an. Doch immer stärker werdende Kopfschmerzen meinerseits und starke Schweißausbrüche gefolgt von Übelkeit bei Maik, lassen uns nach nur zwei Stunden ein Zimmer suchen und eine Woche bleiben. Bei uns beiden stellt sich eine massive Erkältung mit Fieber und schmerzlich entzündeten Lungen ein. An eine Weiterfahrt ist vorerst nicht zu denken. Wir finden Unterkunft bei einer lieben Familie, die uns nicht nur ein Zimmer vermietet, sondern uns mit zurückhaltender Fürsorge aufpäppelt.

Nach einer Woche verabschieden wir uns. Jetzt sind wir gesund, fit und hochmotiviert endlich, endlich loszuradeln.

Oh wie wunderbar diese Radeltage sind! Die Landschaft ist so schön. Die Straßen nahezu perfekt. Der Verkehr ist durchaus annehmbar. Die Menschen begegnen uns mit Neugier, Wohlwollen und Zurückhaltung. Einzig die feuchte Hitze macht uns etwas zu schaffen. So viel lässt sich kaum trinken, wie wir schwitzen.

Nach wenigen Tagen haben wir zu einem Rhythmus gefunden, der uns um 07.00 Uhr den Radltag starten lässt, am Vormittag so viel wie möglich fahren (ca. 40km) und nach einer langen Mittagspause nochmal 10 - 15km treten lässt. In diesen Tagen bleiben Zelt und Kocher meist in den Taschen. Geschlafen und GEDUSCHT wird in günstigen Unterkünften. Gegessen wird opulent in sogenannten Family Restaurants. Hier bekommen wir für weniger als €5,- Mittagessen für uns zwei aus verschiedenen Subji (Gemüse), Dahl (Linsen), Chapati (Fladenbrot), Reis, Salat und im Anschluss auch noch Chai (Tee).

Der Weg führt uns an diesen Tagen hügelauf und hügelab auf kleinen Junglestrassen nahe der Küste des Arabischen Meeres. Frühmorgens ist die üppig grüne Landschaft von leichten Nebelschwaden umhüllt und wir können uns einreden es sei etwas kühl.

Wir passieren Städtchen, Siedlungen und kleine Fischerdörfer, in denen in geschäftigem Treiben der Fang des Tages gehandelt, die Netze geflickt, die Fische getrocknet werden. In denen die Wäsche gewaschen, Laub gekehrt, Feuer geheizt wird und bunte Fischerboote vertäut am Ufer schaukeln.

Wir bekommen im Vorbeifahren Einblicke in Leben, die uns einmal mehr mit Demut auf unser eigenes unbeschwert freudiges schauen lassen. 

Antworten

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