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Tiblisi – wo die Mutter Georgiens wacht

Veröffentlicht: 18.10.2023

Wer in die Hauptstadt kommt sieht zwei Dinge: die in den 2000er Jahren gebaute Sameba Kathedrale und die Mutter Georgiens „Kartlis Deda“. Die Stadt wirkt jung, europäisch und bezaubert mit dem morbiden Charm alter Häuser, Streetart und dem Chic europäischer Großstädte. Es lohnt in Ruhe durch die Gassen zu schlendern und sich darüber Gedanken zu machen, warum es hier gelingt das Gentrifizierung kaum eine Rolle spielt und Wohnhaus, Touristen- Highlight und Tante-Emma-Laden eben auch so gut miteinander harmonieren.

Die Mutter Georgiens

In der Stadt wird viel russisch gesprochen, die „alten“ Georgier:innen können die Sprache durch ihre Zeit in der UdSSR und die „neuen“ sind Russen, die sich hierher geflüchtet haben, um sich dem Wehrdienst und der Diktatur Putins zu entziehen. Georgien ist so groß wie Bayern und hat 3,7 Mio. Einwohner:innen und jetzt noch 100.000 russische Migranten. Bauboom und Wirtschaftsaufschwung werden hier als Folgen dieser Migration als erstes genannt, so ein anderer Blick auf Menschen, die einen Neustart wagen müssen.

Straßenkunst trifft politische Bildung

Wer nah an den Menschen sein will, sollte sich ins öffentliche Schwefelbad begeben. Eine Kuppelhalle, vielleicht 15 Duschen mit wirklichem heißem Wasser und auf zwei Marmorblöcken wird geschruppt, massiert und anschließend bei Tee und Kippe in der Umkleide geschwatzt. Wenn man alleine dort hinkommt, ist man schnell teil der Frauenrunde und kann mit Händen und Füßen mitreden. Ich habe mich in dieser Frauenschar so wohl gefühlt und das positive Körpergefühl auch mit mehr als einer XS auf den Rippen hat mich begeistert.

Festung Nariqala

Georgien ist auch 1990 seinen Weg in die Selbständigkeit gegangen und hat die UdSSR hinter sich gelassen, deshalb konnten auch Religion wieder eine Rolle spielen und die riesige Kathedrale wurde gebaut. Der Weg vom real existierenden Sozialismus in eine soziale Marktwirtschaft und Demokratie ist aber mehr als Religionsfreiheit und die jungen Georgier:innen wissen das. Ihr Streben in die EU ist an vielen Stellen spürbar, ihre geografische Lage macht dies sehr nachvollziehbar und das kleine, tapfere Land hat es verdient, dass nicht nur die Mutter Georgiens es behütet.

Kathleen

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