Tag 112 - Jim's Steckenpferd

Ich quäle mich durch den Tag. Die Halsschmerzen sind ganz unangenehm, Fieber habe ich allerdings keines, obwohl es sich so anfühlt. Ich fürchte immer gleich, mir eine tropische Krankheit eingefangen zu haben, aber wahrscheinlich sind einfach nur die allgegenwärtigen Ventilatoren schuld. 

Heute morgen war ich bei der wöchentlichen Besprechung im Projekt. Jim ist noch in den USA und Monica taucht ja selten zu diesen Treffen auf. Keeley hatte nicht viel zu berichten und ersparte uns wie immer, wenn Jim nicht da ist, den “moment of the week“. Das ist so ein richtiges Steckenpferd von ihm. Er hat uns sogar aufgefordert, ihm unsere schönsten Augenblicke per Mail zu schicken. Er war sehr enttäuscht, dass niemand davon Gebrauch gemacht hat. Er selbst hat jedes mal etwas zu berichten, was ihn auf die eine oder andere Art besonders berührt hat. Nach mehr als fünf Jahren kann er sich immer noch oder wieder über dieselben Kleinigkeiten freuen. Wir Volontäre mühen uns sehr ab, uns an eine bemerkenswerte Situation zu erinnern und einige geben unter der Hand zu, eine echte Begebenheit etwas aufzuhübschen, damit sie erzählenswert erscheint. Man kommt sich ein wenig blöd vor, weil die Geschichten sich meistens sehr ähneln. Ab und zu kann man zugeben keinen besonderen Moment gehabt zu haben, aber Jim merkt sich das. Zweimal hintereinander lässt er nicht durchgehen. 

Das Wetter ist heiß, wolkenlos, mit böigem Wind, wahrscheinlich aus Ost. Die nächsten Tage soll es noch heißer werden.