Veröffentlicht: 31.08.2018
Noch bis vor einigen Jahren war die Region Ober-Swanetien im Großen Kaukasus an der Grenze zu Russland unter Reisenden verpönt. Die Swanen gelten als sehr regionalpatriotisch und traditionsbewusst, was Familienfehden und Banditentum einschließt. Der vorherige Präsident Saakaschwili räumte mit den räuberischen Machenschaften einiger Familienklans auf, erneuerte die Straße und ließ eine Skiliftanlage bauen. Ist man einmal hier, verwundert es kaum, dass die grandiose Landschaft schnell Touristen anzog. Mittlerweile gibt es eine touristische Infrastruktur, die stellenweise an Schweizer Alpendomizile erinnert – aber nur stellenweise. Spätestens, wenn die verbeulten im Stau stehenden Geländewagen auf der Hauptstraße von Mestia von einem wild daher galoppierenden Kerl überholt werden, weiß man wo man ist.
Unter den mittlerweile sehr angenehmen und gastfreundlichen Bedingungen zog es auch uns hier her. Die mehrstündige Maschrutkafahrt (Kleinbus-Sammeltaxi) überstanden wir ganz gut. Auch wenn sich die Abfahrt aufgrund mangelnder Fahrgäste um eineinhalb Stunden verzögerte und unsere Nerven schon strapaziert wurden, bevor es losging.
Seit zwei Wochen sind wir nun hier. Und schnell stand fest: Wilde Kerle wohnen hier nicht! Einen ersten Stop legten wir im Dorf Mazeri ein. In der Familienpension dort ging es etwas ruhiger zu als in unserer vorherigen Unterkunft - manchmal ein bisschen zu ruhig für unseren Geschmack. Am ersten Morgen sind wir um 6 Uhr aus den Federn gesprungen, um die beste Tageszeit fürs Wandern und Fotografieren nicht zu verpassen. Mit geschnürten Wanderstiefeln haben wir um 7 Uhr unser Frühstück erwartet – und durften mal wieder eineinhalb Stunden warten, bis unsere Gastgeber anfingen, unseren Tisch zu decken. Die Georgier sind Langschläfer! Ihr Gesichtsausdruck als wir für den nächsten Tag um ein Frühstück um 7:30 Uhr baten, sprach Bände. Nur mit viel Überredungskünsten konnten wir uns auf 8 Uhr einigen. Ein paar Tage später werden wir feststellen, dass es sogar schwierig ist eine Bäckerei zu finden, die vor 8 Uhr öffnet.
Unsere zwei Tageswanderungen mit Blick auf den imposanten Doppelgipfel des Mount Ushba haben wir natürlich trotz des späten Starts genossen.