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Tag 74 bis 76 Goricë e Vogël, Nordmazedonien, Abschied, Birdringing ... und viele Esel

Veröffentlicht: 11.12.2022

4.10. Teil 2

Im Abendlicht sieht das kleine Dorf am See malerisch aus. Im Dorf treffen wir zunächst nur Esel, Kühe und Heerscharen von Hühnern, die begleitet von ihren Hähnen durch die unbefestigten Gassen Gackern. Alle beäugen uns skeptisch. Mit etwas Mühe finden wir das Guesthouse. Doch es gibt keine Telefonnummer, keine Klingel, keinen Nachbarn ( eine Nachbarin kann uns überhaupt nicht weiterhelfen, dabei ist doch offensichtlich, was wir wollen - oh man, langsam regt mich dieses Land auf), einfach nichts! Etwas ratlos stehen wir vor dem Haus. Doch dann kommt Zana, eine freundliche ältere, taffe Frau, die das Guesthouse betreibt und ein wenig Englisch spricht doch zufällig vorbei. Nach einigem Hin und Her telefonieren mit Zanas Tochter Sveta, die sich um die Buchungen kümmert können wir bleiben. Wir haben das ganze Haus für uns (das Dorf ist stark überaltert und alle jungen Menschen sind weg - dadurch stehen viele Häuser leer) und vereinbaren ein Abendessen bei Zara zu Hause. Benjamin fällt auf, dass wir kein Wasser haben. Sveta versichert mir am Telefon, dass das ein bekanntes Problem ist und dass sich ihre Mama darum kümmert. Zana kommt zurück und beginnt zunächst mit unserer "fachmännischer" Hilfe und dann mit dem Nachbarn zusammen, die Anschlüsse der Pumpe, die das Wasser aus dem Brunnen in das Haus pumpt, neu abzudichten. Das dauert eine Weile. Willkommen in Albanien 😁
Nachdem dies erledigt ist, bereitet Zana uns ein üppiges Festessen zu mit Karpfen aus dem Prespasee, sowie Käse von ihrer Kuh und Gemüse aus ihrem Garten. Superlecker! Ein toller Abschluss für den Tag. Auf dem Weg zurück durch das Dorf blockieren zwei kläffende Hunde unseren Weg. Wir wollen schon underchen und einen anderen Weg suchen, da kommen zwei Frauen aus einem Gartentor, die Hunde gehen auf Abstand und wir hängen uns zügig an die beiden dran und kommen so sicher nach Hause.


Randnotiz: Wir finden mit viel Wasser und Seife endlich das Loch bzw. die Löcher in der Matte von Benjamin. Bisher schläft er nach kurzer Zeit immer auf dem Boden. Die Story ist aber noch nicht zu Ende. Ein Flicken hält nicht richtig dicht... Ihr werdet später noch davon lesen.


05.10.
Frühstück gibt es wieder bei Zana zu Hause. Wieder fast ausschließlich Produkte aus ihrem Garten und von ihrer Kuh und ihren Hühnern.
Dann begleite ich Benjamin über die nordmazedonische Grenze bis in den nächsten Ort, wo wir uns dann auch verabschieden. Dabei machen wir noch drei Grenzpolizisten nervös, die Autos von Mazedonien nach Albanien kontrollieren. Wir sollen nicht in ihrer Nähe stehen bleiben... Na gut, dann fahren wir eben um die Ecke. Nachdem Benjamin nach Norden weiter gefahren ist, erkunde ich noch einen Teil von Nordmazedonien, esse in einem kleinen Restaurant einen Pfannkuchen und fahre zurück nach Goricë e Vogël, wobei ich überall vergebens nach Pelikanen Ausschau halte. Der See ist trotzdem schön! Abends eine ich wieder bei Zana, diesmal habe ich mir ein kleineres Mahl ohne Fisch gewünscht - ich kann nicht jeden Tag so ein Festessen futtern. Eigentlich wollte ich nur eine weitere Nacht bleiben, doch Zanas Tochter arbeitet in einem Naturschutzprojekt mit und vermittelt mir den Kontakt zu den Rangern, die hier aktuell mit Birdringing beschäftigt sind. Was sich dahinter verbirgt, erfahre ich erst so richtig am nächsten Tag. An diesem Abend kommen Dea, Miran und ein alter Mann vorbei um den morgigen Tag mit mir zu besprechen. Und schon sitze ich mit vier Albanern Raki trinkend in Zanas Wohnzimmer zusammen. Es wird viel albanische gesprochen aber Dea und Miran, beide etwa so alt wie ich, übersetzen immer wieder Teile der Unterhaltung für mich. Zana und Miran streiten sich zunächst um die richtige Zubereitung von getrocknetem Fisch. Dea wirft ein, dass Miran seinen nicht einmal selbst gegessen hat. Miran wechselt das Thema 😁. Dann geht es wieder zwischen Zana und Miran darum, welches ihrer Dörfer weiter zurück ist. Sehr lustig, da ich dieses Dorf hier bereits als sehr rückständig empfinde (das häufigste Transportmittel ist der Buckel von alten Frauen für Reisig oder Esel für alles Mögliche. Doch es geht Zana darum, was sich insbesondere die Frauen selbst zutrauen. Stimmt, Zara hat ein Smartphone und kann die Wasserversorgung ihres Hauses reparieren. Ich verstehe, was sie meint. Am Ende des weiter amüsant verlaufenden Abend verabschieden wir uns, nachdem wir uns für morgen früh um 8 Uhr verabredet haben. Ich soll mein Fernglas mitbringen. Ich bin gespannt.

06.10.
Nach einem wieder sehr leckeren Frühstück mache ich mich auf zu dem Infozentrum, wo wir dann auch bald in einem geländegängigen Fahrzeug losfahren. Birdringing bedeutet, das Vögel z.B. wie hier mit aufgestellten Netzen gefangen werden, vermessen werden und dies zusammen mit der Ringnummer dokumentiert wird. Hat ein Vogel keinen Ring, bekommt er einen. Die Daten werden einerseits lokal ausgewertet und zusätzlich an eine zentrale Datenbank weitergegeben, um insbesondere Zugvogelbestände zu untersuchen.
Am Vormittag warten wir nach dem Aufstellen des Netzes in einer Schneise im Röhricht lange ohne Erfolg. Beinahe hätten wir einen Eisvogel mit einem zweiten Netz an einem Bootsanleger gefangen, doch das Netz hatte zu viele Löcher (... ich weiß, ein Netz hat viele Löcher... ihr wisst schon, was ich meine...). Als wir schon wieder zusammen packen, verirrt sich doch noch eine Mönchsgrasmücke ins Netz. Sie wird vermessen und dann wieder freigelassen. Wir wechseln den Standort. Bei einer weiten Wiesen stellen wir das Netz zwischen Hecken auf. Hier ist viel mehr los. Die Ranger kommen irgendwann fast nicht mehr mit dem Dokumentieren hinterher. Viele Mönchsgrasmücken, einige Amseln, ein oder zwei Rotkehlchen. Beim Vermessen der Körperlänge bricht eine Diskussion zwischen Miran und dem alten Mann aus. Nachdem Miran ihm die Körperlänge durchgibt, protestiert er. Die Länge kann nicht stimmen. Die Messmethoden wird kritisiert. Miran würde den Vogel in die Länge ziehen. Ich kann bestätigen, dass er dies nicht tat! Anscheinend hatten wir es mit sehr schlaksigen Mönchsgrasmücken zu tun. Insgesamt war es ein für mich sehr spannender Tag. Abends gab es ein letztes Mal bei Zana ein leckeres Abendessen und am nächsten Tag verabschiedete ich mich von diesem schönen - für mich völlig aus der Zeit gefallenen Dorf, in dessen Gassen man anstatt Menschen mit größter Selbstverständlichkeit alleine und zielstrebig herumlaufenden Esel und Kühe traf. Ciao Goricë e Vogël! 

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