Don Curry on Tour 2
Don Curry on Tour 2
vakantio.de/doncurryontour2

Don Curry kriecht durch Sankt Petersburg

Veröffentlicht: 16.07.2019

Don Curry hält sich für einen agilen Typ. Er ist nicht hektisch, er mag keinen Stress, aber er verträgt auch kein Herumtrödeln, keine sinnentleerte Zeitvergeudung. Darum setzt er sich klare Ziele und will diese energisch in angemessener Zeit erreichen, auch wenn dazu Hürden zu überwinden sind.

So ging es ihm beispielsweise beim Frühstück im Café des Hotels Atlantik. Es liegt in einem Nebengebäude, so dass Don Curry zunächst aus dem 3. Stock des Lift-losen Hotels hinuntersteigen musste. Mit seinem Zimmerschlüssel wies er sich als Hotelgast aus, doch das reichte nicht. Die freundliche Bedienung wies ihn auf Englisch darauf hin, dass er einen Voucher von der Rezeption brauche. Also stapfte Don Curry zurück in den 1. Stock, um sich den Voucher zu besorgen. Kaum hatte er ihn abgegeben, lieferte die flinke Bedienung das Frühstück aus: ein Glas Orangensaft, ein warmer Buchweizenbrei mit irgendeinem Sirup gesüßt, ein Korb mit Brot, etwas Butter, ein Teller mit Wurst, Käse, Tomaten und Gurken, und schließlich noch ein Teller mit einem großen Stück Omelette und einem fetten Würstchen. Das einzige, was Don Curry erfragen musste: ob er denn auch einen Kaffee bekommen könne? Doch auch das war möglich. Don Curry verfrühstückte nur einen Teil des Überangebots, verließ dann das einfache, aber nette Hotel und auch die Stadt Wyborg, die nach entsprechenden Renovierungsarbeiten ein echtes Schmuckstück an der Ostsee werden konnte.

Wyborg im Morgenlicht

Sein erstes Ziel sollte eine weitere Festungsstadt sein: das von Peter dem Großen gegründete Schlüsselburg. Auf einer kleinen Insel mitten in der Mündung des Flusses Newa in den Ladoga-See bestand schon vorher eine Festungsanlage, die entweder Schweden oder Russen erbaut hatten - beide halten sich für die Gründer. Diese strategisch so wichtige Festung wurde im Laufe der Jahrhunderte immer weiter ausgebaut, mehrfach erobert und zerstört, aber immer wieder neu errichtet. Auch im 2. Weltkrieg hielten hier die Russen den deutschen Invasoren stand, die die ganze Umgebung bereits erobert hatten. 

Mit dem Boot zur Festung

Mittels einer kurzen Bootsfahrt konnte Don Curry die mächtige Festung erreichen, die lange Zeit auch als Gefängnis gedient hatte. Ein Gang durch die Wehrgänge, ein martialisches Denkmal der russischen Verteidiger und wunderbare Ausblicke auf den südlichen Ladoga-See lohnten den Aufwand. 

In der Festung
Denkmal der russischen Verteidiger

Nach langer Zeit nahm Don Curry mal wieder mittags etwas zu sich: ein Hot Dog "mit alles". Immer wenn ihm die Verkäuferin einen Flasche zeigte - Ketchup, Relish, Senf - meinte Don Curry nur "Da - Ja". 

Schlüsselburg

Nach seiner Rückkehr auf's Festland bewunderte er noch das pittoreske Kirchenensemble in der Stadt Schlüsselburg: orthodoxe, katholische und protestantische Kirche einträchtig nebeneinander - und jede Kirche in einer anderen knalligen Farbe.

Pittoreske Kirchen

Eigentlich war Don Currys Tagesprogramm nun beendet, und er hätte gleich zum Hotel fahren können. Doch da es gerade erst kurz nach 14:00 Uhr war, entschied er sich für einen spontanen Besuch beim Katharina-Palast in Puschkin, etwas südlich von Sankt Petersburg. Als er mühelos einen Parkplatz in unmittelbarer Nähe fand, schwante ihm nichts Gutes. Und tatsächlich: der Palast genoss am Dienstag Ruhetag. Doch der ausgedehnte Park war geöffnet und für 150 Rubeln (= 2 €) zu betreten. Da heute ausgiebig die Sonne schien, empfand Don Curry das als durchaus akzeptable Alternative. Er hat es nicht bereut. 

Katharina-Palast

Zwar war der Palast weiträumig abgesperrt, doch zum Fotografieren seiner Fassade gab es ausreichend Möglichkeiten. Im Park fanden sich nicht nur wunderbar gepflegte Blumenrabatten und Bäume vielfältiger Art, Katharina hatte auch diverse exotische Bauten in den Park setzen lassen. So finden sich dort heute Gebäude in norddeutscher Backsteingotik, ägyptische Pyramiden, italienische Renaissance-Brücken à la Palladio, russische Paläste, chinesische Pagoden und ein türkisches Bad in Gestalt einer Moschee samt Minarett. 

Blumenpracht
Venezianische Gondel vor norddeutscher Backsteingotik
Chinesischer Pavillon
Palladio - Brücke
Schloss "Eremitage"
Türkisches Badehaus

Vor allem dies hatte es Don Curry angetan; nicht nur die goldene Kuppel und Minarettspitze, sondern auch das im maurischen Stil gehaltene Innere mit seinen Tränenbrunnen und antiken Möbeln erfreuten ihn zutiefst. Das Innere war erst in den letzten Jahren mit ausländischer Hilfe restauriert worden.

Kuppel des Badehauses
Tränenbrunnen

Nach diesen vielfältig-prächtigen Eindrücken aus der Zarenzeit wollte sich Don Curry nun Sankt Petersburgs Gegenwart widmen und zu seinem Hotel fahren: von dem Katharina-Palast in Puschkin insgesamt 30 km und 45 Minuten. Doch die Wirklichkeit sah anders aus. Die ersten 10 km bis zum Stadtrand von Sankt Petersburg konnte Don Curry noch relativ problemlos bewältigen, doch danach hieß es immer wieder: hinten anstellen!

Schon bei der Fahrt gen Schlüsselburg hatte Don Curry von der Petersburger Ringautobahn die nördliche und östliche Stadtgrenze der Millionenstadt gesehen, von Süden machte es den gleichen Eindruck: wie eine moderne Stadtmauer reckte sich ein ausgedehnter Ring von Hochhäusern rund um Sankt Petersburg; zahllose Baukräne verrieten, dass dieser Ring noch wachsen würde. Durch diesen Ring führt die breite Moskowskoye Straße, bis sie in den noch breiteren Moskowskij Prospekt mündet, der schnurgerade nach Norden führt. Pro Richtung stehen hier 4 bis 6 Fahrspuren zur Verfügung, dennoch staute sich der dichte Verkehr zunehmend. Don Curry teilte bald die Vorliebe der Einheimischen für filigranes Fahrspurwechseln, weil es auf der linken oder rechten Nachbarspur vielleicht ein klein wenig schneller vorangehen könnte.

Bei all diesem recht chaotischen und höchst unberechenbaren Fahrverhalten empfand Don Curry dennoch hohe Bewunderung für die gegenseitige Fairness. Gehupt wurde fast nie, und fast jeder Spurwechsel wurde von den Fahrenden der Nebenspur geduldig durch kurzes Abbremsen ermöglicht. Dass dennoch die Mehrzahl der Fahrzeuge über kräftige Dellen und Beulen verfügten, zeigte Don Curry, dass es eben nicht immer gut ging. An mehreren Auffahrunfällen kam er auch vorbei - auch sie waren Grund für die ständig notwendigen Spurwechsel. 

Bei Sankt Petersburgs riesiger Universität verließ Don Curry kurz den Moskauer Prospekt, um in einer Parallelstraße noch ein Zwischenziel anzusteuern: die Tschesmensker Kirche, eine Art Sahnetorte der Kirchenarchitektur. Das Bauwerk lässt sich keiner üblichen Stilepoche zuordnen, es ist einfach ein Traum in weiß und hellem rot, elegant gestreift und fantastisch vor dem strahlend blauen Himmel kontrastierend. Das Innere konnte leider nicht mithalten, es erwies sich als eher nüchterne Ausgabe einer typisch orthodoxen Kirche.

Tschesmensker Kirche
Architektonische "Sahnetorte"

Nach diesem letzten Abstecher stellte sich Don Curry nun wieder hinten an und kroch weiter seinem Hotel in der Innenstadt zu. Zwischendurch tauchte plötzlich das Brandenburger Tor vor ihm auf, doch es war kein dem allmählichen Eindösen geschuldetes Traumgespinst, sondern das Moskauer Triumphtor, das in den Maßen dem Berliner Pendant ähnelt, aber keine krönende Quadriga besitzt.

Über einen extrem komplizierten Kreisel erreichte Don Curry schließlich den Newskij Prospekt, die berühmteste aller Straßen Sankt Petersburgs. Hier traten nicht nur - wie bisher - Autos massenweise auf, sondern auch Fußgänger. Auf beiden Seiten der Fahrspuren schoben sich Menschenmassen den Newskij rauf und runter, und das an einem normalen Dienstagabend! 

Newskij Prospekt

Bei der Weiterfahrt entfuhr Don Curry Kehle plötzlich ein schmerzvoller Laut des Grauens. Er hatte gerade den ersten Blick auf die berühmte Auferstehungskirche in unmittelbarer Nähe seines Hotel werfen können - berühmt vor allem für ihren altrussischen Stil und ihre zahllosen farbenfrohen Zwiebeltürme. Don Curry sah, dass irgendjemand die oberste Zwiebel entfernt hatte und der verbliebene Stumpf dick mit Plastikfolien umwickelt war. Es wirkte wie ein abgebrochener Bleistift, der keinerlei Sinn mehr machte. Schon im Augenblick des Aufstöhnens war Don Curry klar, dass er nach Sankt Petersburg zurückkehren müsse - irgendwann, wenn dieses fotogenste aller hiesigen Bauwerke wieder vollständig sein würde.

Endlich, nach fast 2 Stunden Fahrt durch diese riesige Stadt kam Don Currys Auto wohlbehalten am Hotel "3MostA" an, er fand sofort einen Parkplatz vor dem Hotel und konnte dann sein bisher kleinstes Hotelzimmer während dieser Reise beziehen. Ein schlauchförmiger Raum von gut 2 Metern Breite. Doch er war komfortabel eingerichtet, verfügte sogar über einen Kühlschrank.

Don Curry nutzte die abendlichen Sonnenstunden noch zu einem ausgiebigen Spaziergang zur Ostsee und ins absolute Zentrum der Stadt, den Schlossplatz mit dem Winterpalast und dem Generalstabsgebäude. Überall tobte das Leben, flanierten Touristen und Einheimische, lief Peter der Große oder Zarin Katharina durch die Gegend, um sich gegen ein paar Rubel fotografieren zu lassen, und spielten Musiker verschiedenster Ausdrucksstile auf Plätzen und an Straßen. Alle wirkte irgendwie mediterran, la dolce vita auf russisch. Kein Wunder, dass Sankt Petersburg als die weltoffenste Stadt Russlands gilt.

Abends auf dem Schlossplatz

Don Curry vertraute sich bei der Restaurantwahl zum Abendessen wieder einmal dem "Lonely Planet" an. Der hatte im Zentrum der Stadt vor allem das "Yat'" favorisiert, ideal gelegen auf halbem Wege zwischen Schlossplatz und Don Currys Hotel. Dieses urige Kellerlokal bietet modernisierte russische Küche, eigenes Bier und eine Vielzahl selbstgemachter Wodkas mit exotischen Aromen. Als verantwortungsbewusster Forscher bestellte sich Don Curry gleich ein Tasting Set, bestehend aus 3 Wodkas seiner Wahl, kombiniert mit 3 russischen Snacks. Don Curry ließ sich Apfelbeeren-Wodka, Sanddorn-Wodka und Nuss-Wodka bringen, dazu gab es Hering auf Brot, eingelegte Milchpilze auf Brot und saure Gurken. Die Wodkas erwiesen sich eher als ziemlich süße Liköre auf Wodkabasis, mit viel Fruchtsaft oder ähnlichem versetzt. Nicht unangenehm, aber nicht Don Currys Geschmack. Die Snacks waren durchaus leckerer.

Wodka Tasting im Yat'

Zur Hauptspeise hatte er sich Schweinemedaillons in Pflaumensauce bestellt, dazu mit Käse überbackene Paprikafilets mit geröstetem Buchweizen, alles begleitet von einem - süffigen - Yat'-Lager und dann einem - süßlich belanglosem - Honigbier aus der Flasche. Auf jeden Fall ein nettes Lokal für den ersten Abend in Sankt Petersburg. Ganz gemütlich schlenderte der satte Don Curry in sein Hotel zurück - immer entlang des Moika-Kanals; er kroch durch Sankt Petersburg...

Antworten

Russland
Reiseberichte Russland
#wyborg#schlüsselburg#pushkin#katharina-palast#sank-petersburg

Weitere Reiseberichte