Veröffentlicht: 09.10.2021
Don Curry nimmt seine Erfahrungserweiterung sehr ernst. Wenn schon All Inclusive, dann auch ganz. Nach dem alten Motto "Lieber den Magen verrenken, als dem Wirt was schenken" wollte er heute das gesamte kulinarische Programm auskosten - und nebenbei auch noch die verschiedenen Attraktionen von Ephesus und Selçuk besichtigen.
Den Anfang machte selbstredend das Frühstück, das ähnlich wie das gestrige Abendessen als Büffet mit Bedienung organisiert war, allerdings ohne das lästige Zurufen aus 2 Meter Entfernung wie in Bursa. Don Curry entschied sich für ein typisch türkisches Frühstück und ließ sich Tomaten, Gurken, Petersilie, ein hartgekochtes Ei und verschiedene Käsesorten auf den Teller geben. Brot und Kaffee holte er sich von jeweils anderen Stationen.
Derart mit ausreichend Energie versorgt, steuerte er kurz vor 10 Uhr die Ausgrabungen von Ephesus an, die zu dieser frühen Zeit noch nicht allzu überlaufen waren. Deutlicher als in Troja und Pergamon setzten die Archäologen (oder Tourismusmanager) auf die Rekonstruktion der Ruinen, solange es die passenden Reste zum Wiederaufbau gab. So gewann Don Curry hier ein plastischeres Bild von einer ausgedehnten Stadt der Griechen- und Römerepoche. Neben der berühmten Celsus-Bibliothek und dem gigantischen Theater beeindruckten ihn zusätzlich die Ruinen der gewaltigen Marienkirche, in der einst das Konzil von Ephesus getagt hatte. Unter einem mächtigen Metalldach hatte man normale Wohnhäuser ausgegraben, durch die man über Treppen und Stege geführt wurde, um verzierte Marmorfußböden, Wandmalereien und sogar antikes Graffiti zu entdecken. Nach über 2 Stunden Fußmarsch durch Ephesus stiegen nicht nur die Außentemperaturen merklich an, sondern auch die Anzahl der Besuchergruppen und der Grad der Eindrucksübersättigung bei Don Curry. So kehrte er zum Parkplatz zurück und entdeckte erst jetzt, dass sein Auto direkt am Grab des Lukas stand, einem Rundbau, der an besonderer Stelle mit einem Kreuz und einem Stier geschmückt ist, den Symbolen des Evangelisten Lukas. Die Wissenschaft hat aber längst bestätigt, dass es sich um einen römischen Brunnen handelt, nicht um ein Grabgebäude.
Biblische Grundlagen zeichneten auch Don Currys nächstes Ziel aus: das Haus Marias. Hier soll Maria ihre letzten Lebensjahre verbracht haben, in der Nähe des Apostels Johannes, dem Don Curry später noch auf die Spur kommen würde. Viele Reisegruppen pilgerten zu diesem Ziel, obwohl es nicht wirklich viel zu sehen gab. Das altertümliche, langgestreckte Haus mit zwei Kuppeln wirkte eher wie eine Kirche, nicht wie ein Wohnhaus. Die Besucher wurden schnell durchgeschleust, durften draußen jeweils nur eine Kerze anzünden (wie ein Schild klar anordnete) und konnten anschließend aus einer Quelle Wasser zapfen. All das erwies sich als bestens organisiert und erinnerte Don Curry an viele Wallfahrtsorte, die er bereits besucht hatte. Auch ein Platz für Freiluftgottesdienste gehörte zum Angebot dazu.
Don Curry sah auf die Uhr: Er musste nach Hause zum Mittagessen. Ein komisches Gefühl, doch all inclusive beinhaltet eben auch Verpflichtungen inklusive. So sauste er schnell die 25 km zu seinem Hotel zurück und stellte sich hinten in der kurzen Schlange zum Mittagessen an. Beim Abendessen gestern hatte er die Salatbar komplett ignoriert, doch gerade sie bot überraschend viel Auswahl: so ließ sich Don Curry seinen Teller mit dem klassisch-türkischen Tomaten-Gurken-Salat und diversen Quarkvarianten füllen, dem bekannten Gurken-Knoblauch-Quark Zaziki, einem Minzquark und einem Rucolaquark (wenn er die Blattform richtig erkannt hat). Ein zweiter Teller barg ein paar Nudeln und eine Art Hühnerfrikassee. All das war schmackhaft zubereitet und gab Kraft für seinen zweiten Trip nach Ephesus.
Diesmal steuerte Don Curry zuerst den Artemistempel an, das ursprüngliche Hauptheiligtum der griechischen Stadt. Außer einer aufrechten Säule blieb dem Blick wenig geboten, der Rest war Sache der Imagination. Weiter ging es in die Altstadt von Selçuk, wo Don Curry vor allem die Reste der Johannesbasilika interessierten, einem der größten Kirchbauten der byzantinischen Zeit. Hier konnte zumindest einiges an Wänden und Säulen restauriert werden, auch das ehemalige Baptisterium war klar erkennbar. Direkt im Altarraum war eine marmorbedeckte Fläche beschriftet mit "Tomb of St. John". Ob der Apostel und Evangelist Johannes tatsächlich hier begraben wurde, lässt sich wie so häufig nicht nachweisen.
Auf die Besichtigung der alten Festung über Selçuk verzichtete Don Curry, stattdessen suchte er die alte seldschukische Isa-Bey-Moschee auf, die fast wie eine zweischiffige Kirche wirkt. Da sie jahrhundertelang zerstört blieb, hat sie keine originale Einrichtung mehr zu bieten. Völlig anders verhielt es sich in dieser Hinsicht beim Ephesus-Museum, das in moderner Gestaltung die wichtigsten Funde aus der antiken Stadt vorteilhaft präsentiert. Besonders eindrucksvoll zeigte sich der Raum der Göttin Artemis, in dem 2 überlebensgroße Statuen der Fruchtbarkeitsgöttin, behangen mit zahlreichen Stierhoden, vor völlig dunklem Hintergrund effektvoll beleuchtet wurden. Während das Museum Don Curry mehr als zufriedenstellte, enttäuschte ihn die Grotte der Siebenschläfer völlig. Die dort sichtbaren Ruinen wurden außerdem von einer Gruppe deutscher Archäologiestudenten belagert, deren Professor gerade zu einem ausführlichen Fachvortrag über die wissenschaftliche Rezeption der hiesigen archäologischen Erkenntnisse ansetzte. Dazu hatte Don Curry keine Zeit. Er musste seinen Snack von 15:30 bis 17:00 Uhr einnehmen. Eigentlich hätte er das auch gerade noch geschafft, wenn er nicht mal wieder in einer türkischen Polizeikontrolle zu den Auserwählten gehörte, die rechts ran fahren durften, um Führerschein und Ausweis zu präsentieren. Erst Punkt 17:00 Uhr kehrte er ins Hotel zurück; vom Snack keinerlei Spur mehr. Vermutlich war gerade der Snack das kulinarische Highlight des Tages, befürchtet Don Curry.
Der nächste Verpflegungspunkt "Cookies" konnte dieses Urteil jedenfalls nicht für sich verbuchen. Erst spät entdeckte Don Curry die Schüssel mit trockenem Gebäck direkt bei der Bar, nicht bei der sonstigen Essensausgabe. Mit ausreichend türkischem Tee ließen sich sogar diese Kekse konsumieren.
Nach einem prächtigen Sonnenuntergang über der Ägäis winkte ab 19:30 Uhr das Abendessen. Don Curry besorgte sich zunächst einen üppig gefüllten Salatteller und probierte dazu den AI-Weißwein, was er allerdings nie wieder tun würde. Als sich Don Curry zum Hauptgang wie gewohnt ein Efes besorgte, erklärte ihm der Barmann, dass er sein Freund wäre und gönnte ihm sogar eine Biertulpe statt des bisher kredenzten Saftglases. Der Koch hielt sich mit Freundschaftsbezeugungen noch zurück, klatschte aber auf Don Currys Wunsch 2 Hähnchenschnitzel, Pommes und eine Hack-Tomaten-Masse auf den Teller. Wie immer sah es schlimmer aus, als es schmeckte. Don Curry hatte inzwischen verinnerlicht: All Inclusive heißt auch "Augen zu und rein damit!"
Nach drei klebrigen Kuchenstückchen und einem Cappuccino zum Dessert begann Don Curry zu resümieren: Braucht er All Inclusive? Die vielen Essenszeiten kollidierten im Laufe des Tages immer wieder mit seinem umfangreichen Besichtigungsprogramm. Eigentlich geht nur eins wirklich: All Inclusive oder Sightseeing. Und wenn sich Don Curry entscheiden muss...
Das Schönste am All Inclusive ist sicherlich, dass der Barmann schnell dein Freund wird...
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