diane-in-hawaii
diane-in-hawaii
vakantio.de/diane-in-hawaii

Freifall

Veröffentlicht: 04.05.2021

Liebes Reisetagebuch

Montag, 3. Mai 2021

Normalerweise klingelt der Wecker erst um 7:00 Uhr am Montag, da die Schule später beginnt. Heute jedoch klingelte er trotzdem bereits um 6:15 Uhr. Es geht nämlich auch nicht zur Schule, sondern auf eine kleine Wanderung. Somit schwänze ich heute das erste Mal in meinem Leben die Schule und fühle mich nicht einmal schlecht dafür, weil der Montag jeweils absolut gar nichts bringt in der Schule. 

Eigentlich wäre heute ein anderer Hike auf dem Programm gestanden, welchen wir jedoch wegen dem ungewissen Wetter verschoben. Wir machten uns also mit dem Bus auf den Weg zum Start des Trails. 

Der Kuli‘ou‘ou Ridge Trail befindet sich nur einige Bushaltestellen von uns entfernt und so wären wir ziemlich schnell dort gewesen, wenn wir nicht die richtige Bushaltestelle verpasst hätten... Glücklicherweise kam auf der anderen Seite gleich wieder ein Bus, welcher uns wieder etwas zurück chauffierte. 

Von der Bushaltestelle her sind es nochmals ca. 30min Fussmarsch bis zum tatsächlichen Start. Der Himmel war bewölkt und die Temperaturen dadurch angenehm, um durch die naheliegende Siedlung zu marschieren. 

Beim Start angekommen, befanden wir uns allmählich im Dschungel. Dunkles Grün und verwurzelte Bäume zierten den Weg (Welt Nr. 1). Plötzlich änderte sich die Vegetation und wir befanden uns im Märchenwald mit lauter Nadelbäumen (Welt Nr. 2). Nachdem wir die sieben Zwerge vergebens gesucht haben, landeten wir auf rotem Gestein, welches wir als Vulkanlandschaft bezeichneten (Welt Nr. 3). Die Vulkanwelt passiert, befanden wir uns umgeben von lauter Tannenähnlichen Bäume, welche ringweise lustige Pickel an der Rinde hatten (Welt Nr. 4). Anschliessend gelangten wir zu den Eukalyptusbäumen (Welt Nr. 5) und weiter zur Hexenlandschaft (Welt Nr. 6). Diese bestand aus einem reinen Wuezelwirrwarr aus unzähligen Verwurzelungen an den Bäumen und auf dem Boden. Nun kamen wir wieder etwas ans Licht und landeten fast in der Masoala-Halle. Nicht nur die plötzliche Temperatur- und Feuchtigkeitsänderung, sondern auch die erneute Änderung der Vegetation erinnerte uns daran (Welt Nr. 7). Kein Wunder also, nannten wir den Weg bereits in der Mitte den 7-Welten-Weg, ohne zu Wissen, dass es tatsächlich sieben Welten werden. 

Wir waren überwältigt und begeistert von diesem Aufstieg und liessen unseren Fantasien bei jeder neuen Welt freien Lauf. Oben angekommen wurden wir dann auch von der Aussicht verzaubert. Durch den bewölkten Himmel und die Nebelschwaden über den grünen Bergen nebenan, wurde es richtig mystisch. Auf den Fotos leider nur halb so schön, wie in echt. 

Unten wieder angekommen, warfen wir noch einen kurzen Blick auf das Haus, in welchem Obama seine Kindheit verbrachte und fuhren anschliessend mit dem Bus zum Kokomarina Center. Dort assen wir in einem Café etwas kleines zu Mittag. 

Zuhause angekommen, freuten wir uns über die erfrischende Dusche und erledigten einmal mehr die dreckige Wäsche. Als wir bereits im Chiller-Outfit waren, erhielten wir von Camille eine Nachricht, ob wir mit ihr und zwei weiteren den Sonnenuntergang in der Nähe von uns geniessen wollen. Natürlich waren wir dabei und wurden freundlicherweise von Tony gefahren, da wir nach der Wanderung und der Dusche absolut keine Lust hatten, weitere 3km in der langsam schwächer werdenden Sonne zu marschieren. 

Wie immer war die Autofahrt mit Tony sehr unterhaltsam. Als wir ihm dann noch offenbarten, ausgerechnet zu haben, wie viele Tage wir in der Schule fehlen dürfen, um diese trotzdem erfolgreich zu absolvieren, konnte auch er nicht mehr vor lauter Lachen. 

Kaum bei den China Walls angekommen, war die Stimmung bereits wunderschön. Um uns eine klippenartige Steinlandschaft, vor uns vereinzelte Surfer im Wasser und am Horizont die Sonne, welche sich links vom Diamond Head langsam niederliess. 

Nadine und Risa begaben sich bereits etwas früher wieder auf den Heimweg, da sie den Bus erwischen mussten. Camille, Chantal und ich hingegen hockten gemütlich noch etwas länger, da wir sicher waren, dass uns Tony wieder abholen kommen würde. Nach einem kurzen Telefonat, war er auch schon auf dem Weg zu uns. 

Kaum stiegen wir ins Auto, fragte er Camille, ob sie wenigstens eine brave Schülerin sei und heute zur Schule gegangen ist, nicht so wie wir. Hihi ja war sie, denn diese Woche ist leider bereits ihre letzte hier. 

Erneut Zuhause angekommen, wurden wir mit einem abermals feinen Essen begrüsst und assen glücklich und zufrieden vor dem Fernseher. 

Dienstag, 4. Mai 2021

Heute hiess es wieder ab in die Schule. Glücklicherweise war der heutige Schultag ziemlich unterhaltsam und verging somit rasch. Wir spielten mit unserem Partner als wären wir an einem Vorstellungsgespräch und mussten somit einfach darauf los quatschen. Von Bankangestellten über Barkeepern, Modehäuserinhaber zu Bodyguards war alles vorhanden. Somit waren die einzelnen Gespräche auch lustig mitzuverfolgen. Da ich sowieso eine Quasselstrippe bin und auch gerne improvisiere, war dies eine willkommene Aufgabe für mich.

Nach meiner wahrscheinlich nicht mehr an einer Hand abzählenden Poke-Bowl, habe ich nun meine favorisierte Zusammenstellung gefunden: Brown-Rice, Seaweedsalad, Fresh Tuna & Spicy Shrimps, Edamame, Pineapple, Avocado & Ginger with Spicy Majo mixed with Housedressing Sauce and Crispy Onion on top. Mmmhhh!

Am frühen Abend begaben wir uns in den Park hinter unserem Haus, um ein kleines Workout zu absolvieren. Seit ich in Hawaii bin, habe ich das Gefühl mich nicht mehr richtig zu bewegen, auch wenn ich wohl so viele Schritte am Tag mache, wie schon lange nicht mehr und wir auch bereits diverse Hikes unternommen haben. Gestern zum Beispiel waren es 24‘756 Schritte = 17.7km, worauf ich schon ziemlich stolz auf mich bin ehrlicherweise. Deshalb haben wir uns nun vorgenommen mindestens einmal pro Woche ein solches Workout zu machen. Betonung auf mindestens... Mal schauen, wie sich dieser Vorsatz entwickelt. 

Zurück vom Park assen wir Abendessen und schauten erneut einen Surffilm, welcher logischerweise hier in Hawaii gedreht wurde. 

Anschliessend erzählte uns Debbie noch etwas geschichtliches über Hawaii. Gerne kann an dieser Stelle das Lied Hawai’i 78 von Israel Kamakawiwo’ole eingestellt werden, um mit der Geschichte etwas mehr verbunden zu sein.

Der Vulkan Mauna Kea (4’207 m.ü.M) auf Big Island ist den Einwohnern, speziell den Hawaiianern, sehr wichtig. Er ist in etwa eine Million Jahre alt und brach vor ca. 4’000 bis 6’000 Jahren das letzte Mal aus. Generell sind alle Gipfel in der hawaiianischen Religion heilig und deshalb gut behütet. 

Bereits jetzt hat es seit dem Bau der Strasse 1964 dreizehn Observatorien auf dem Gipfel, welche für astrologische Zwecke dienen. 2013 wurde der Bau von einem neuen 30m grossen Teleskop genehmigt, wobei der Spatenstich im Herbst 2014 von Demonstranten unterbrochen wurde. Die Arbeiten wurden anschliessend bis im Frühjahr 2015 eingestellt. Doch auch beim zweiten Versuch wurde die Strasse zum Gipfel durch Protestanten gesperrt und behinderten den Bau. Dieser wurde somit eingestellt, als die Proteste über den ganzen Staat ausgeweitet wurden. Das Projekt wurde anschliessend freiwillig verschoben und im Herbst 2018 durch das Gericht wieder aufgenommen.

Im Herbst 2019 kam dann jedoch erneut Gegenwind der Einwohner, welche tagelang auf dem Mauna Kea übernachteten, Konvois, bestehend aus mehreren tausend Autos, organisierten und diversen Demostrantenmarsche durchführten. Mit dabei auch Debbie und ihre Familie. Auch jetzt noch kommen ihr die Tränen, wenn sie daran denkt und die Videos sieht. Niemals hätte sie mit einer so grossen Community gerechnet, als sie von der Petition Wind bekommen hat. Man merkt, dass ihr und allen anderen Hawaiianern das Land extrem wichtig ist und auch die Geschichte mit der Übernahme von Hawaii durch die USA noch lange nicht verdaut ist. 

Es war berührend, die Bilder der vielen Demonstranten zu sehen, welche sich alle zusammenrauften, um ihr Land zu beschützen. Momentan ist das TMT (Thirty Meter Telescope) erneut auf Stillstand, da es zu viel Wirbel verursachte. Für Debbie jedoch nur eine Frage der Zeit, bis der Staat einen neuen Versuch starten wird. Durch das Coronavirus ist jedoch logischerweise auch die Anzahl der Demonstranten auf dem Gipfel kleiner und schwächer geworden. Doch wenn die Hawaiianer etwas können, ist es sich für ihr Land einzusetzen und dafür zu kämpfen! Bleibt also spannend, für was die Kānaka Maoli alles im Stande sind zu bewirken.

Mittwoch, 5. Mai 2021

Der Wecker klingelt; es ist 5:15 Uhr. Zum Glück habe ich bereits gestern alles gepackt und kann nun nur noch frühstücken und gehen. Bei der Bushaltestelle angekommen, begann es einmal mehr zu regnen, was für den heutigen Tag definitiv nicht von Vorteil ist. Hoffentlich wird es noch besser, haben wir uns gedacht!

Da ich mich von der Gruppe freiwillig gemeldet habe, ein Auto zu mieten und an unsere Destination zu fahren, musste ich dieses zuerst in Empfang nehmen. In Honolulu gibt es ein einfaches und unkompliziertes Carsharing System, bei welchem das Handy als Schlüssel fungiert und man somit einfach zu seinem gemieteten Auto kann. 

Ein Toyota Tacoma, typischer Amischlitten, mit Ladefläche. So konnte ich einige hinten aufladen und dies sogar legal. Als wir um 7:30 Uhr beim Treffpunkt alle aufgabelten, wussten wir immer noch nicht, ob wir tatsächlich springen können oder nicht. 

Endlich beim Dillingham Flugplatz angekommen, hatten wir die positive Nachricht erhalten, durch die Wolken fliegen zu können. Hallelujah!

Nach dem Papierkram, in welchem ca. 30 Mal auf eine andere Art niedergeschrieben war, dass man dabei sterben könne etc, durften wir weiter in die Wartezone. Leider mussten wir dort jedoch ca. 3 Stunden warten, was sich als ziemlich mühsam entpuppte. Wir alle wollten einfach endlich los und wussten trotzdem nie, wie lange es noch dauert. Allmählich ein kleines Deja vu vom Flughafen in Los Angeles. 

Nun endlich wurde auch hier mein Name aufgerufen und wir wurden in die Sicherheitsgstältli gesteckt und unserem Flugpartner vorgestellt. Meiner hiess Misha, war kein gesprächiger und auch die Anweisungen, was ich wann machen muss, sind nur kurz und knapp erläutert worden. 

Ich fragte ihn anschliessend, wie oft er dies an einem Tag mache und er meinte bis zu zehn Mal. Schon kam meine nächste Frage, ob es dann nicht langweilig werde und er das Adrenalin immer noch bei jedem Sprung fühle. Nun endlich konnte ich ihm ein Lächeln entlocken, denn er meinte mit breitem Grinsen und nicken: „Yeeess“.

Nun also ab ins Flugzeug und hoch in den Himmel. Ganze 14‘000 Feet hoch (ca. 4‘300 Meter) wurden wir transportiert. Auf der Höhe angekommen hiess es dann Tschüss und ein Tandem nach dem anderen liess sich in den Himmel fallen. Mit dabei jeweils die Kamera-Jumper. Max war für mich zuständig und flog deshalb nahe bei uns. 

Ein wahnsinnig befreiendes und unbeschreibliches Gefühl, eine Minute lang mit 193km/h den Himmel hinab zu fliegen. Von der Geschwindigkeit bekommt man nichts mit, ausser dass einem die Haut an den Backen wie verrückt rumschwabbelt. 

Die Aussicht war traumhaft schön! Über dem Ozean mit vereinzelten Wolken und den türkis strahlenden Küsten und dem saftig grünen Land dahinter. Sogar ein doppelter Regenbogenkreis habe ich gesehen und war völlig aus dem Häuschen. 

Als Misha dann den Gleitschirm öffnete, spielte er ein wenig mit der Luft, damit wir nochmals das Feeling des Freifalls erhielten. Auch dieser kurze Flug war atemberaubend! Als dann noch die Landung ohne Probleme vonstatten ging, war ich überglücklich unten abgekommen. 

Zu meiner Überraschung war mir auch nicht schwindlig und mir ging es tip top. Wahrscheinlich halfen dabei jedoch schon meine Tabletten, welche ich im Vorhinein geschluckt habe. 

Nach dem kurzen aber deshalb nicht weniger coolen Erlebnis, fuhren wir alle nach Hale‘iwa, um dort etwas zu Mittag essen. Es war zwar bereits 16:00 Uhr aber das spielte uns keine Rolle. 

Müde, erschöpft aber zufrieden fuhren wir alle wieder nach Hause. Nach dem Abendessen war für mich dann auch bereits Schlafenszeit und so schlief ich um 21:00 Uhr ein. 

Antworten

USA
Reiseberichte USA