der Reizeblob
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03.04.23

Veröffentlicht: 18.04.2023

Pünktlich um 8:30 Uhr zur Öffnungszeit der Bancofie Filiale darf ich mich in die meterlange Schlange einreihen, die sich vor der Tür gebildet. Der Türsteherpolizist fragt mich nach meinem Anliegen (bin der einzige Gringo in der Warteschlange). Ich erkläre ihm meine Situation und er lässt mich vor, Eintritt ist aber nur mit Maske, die ich natürlich nicht dabeihabe. Zum Glück kann man die Dinger überall kaufen. Außerdem muss ich meine Kappe abnehmen und mir werden die Hände desinfiziert. Ist ja wie bei der Grenzkontrolle. Nachdem sie meinen Reisepass kopiert haben, erzählen sie mir, dass der Automat erst morgen Nachmittag geöffnet wird. Mañana mañana, der Klassiker halt. Also noch eine Nacht in Uyuni.


Vor dem Hostel warte ich auf Abholung zur Tunupa Tour. Nach einer halben Stunde herumwarten brüllt die dicke Reiseagenturfrau laut “Michael Michael” von der anderen Straßenseite und schaut mich an. Ich überlege, ob ich ihr sage, dass ich nicht der Michi bin. Ist aber auch eigentlich egal. Fahrer Ivan (Boliviano, kein Russe) um die 40 und ein Mann weniger Worte, brettert über die Salzwüste, so schnell wie es der alte Toyota Land Cruiser mitmacht.

Der Vulkan, den ich bisher immer nur am Horizont gesehen habe, rückt immer näher.

Am Fuße des Vulkans passieren wir das Dörfchen Coquesa. Ivan meint, dass nur eine Familie dort wohne, was ich ihm irgendwie nicht abkaufe.

Eine grimmige alte Cholita kassiert 30 Bolivianos für das betreten des Vulkans ab. Ich gebe ihr 40 und sie meint, dass sie kein Wechselgeld hat. Außerdem gibt es keine Guide, wie es mir die dicke Reiseagenturfrau ursprünglich versichert hatte. Also es gibt schon einen, aber eben genau einen und der sei bereits mit einer Gruppe Amerikaner unterwegs.

Ich meine, ich kann auch alleine hoch. Wir fahren noch ein Stück Feldweg bergauf, bis es nur noch zu Fuß weitergeht. Ivan zeigt mir noch die Höhle mit Skeletten von Ureinwohnern von einst, wann genau weiß er nicht. Eine Zipline ist über das Tal der Höhle gespannt. Ivan meint, es lohnt sich noch nicht, diese in Betrieb zu nehmen. Zu wenige Touristen seit der Pandemie.


Recht hat er. Ich mache mich auf den Weg zum Kraterrand des erloschenen Vulkans und treffe nur Lamas, die neugierig herüber schauen.

Mit zunehmender Höhe setzen leichte Kopfschmerzen und Atembeschwerden ein, sodass ich oft Pause machen muss, was bei dem grandiosen Ausblick über die Weite der Salzwüste aber nicht langweilig wird. Der letzte Abschnitt des Aufstiegs besteht nur noch aus rötlichem Geröll.

Oben am Kraterrand auf rund 5000m ü. NN angekommen, weht recht frischer Wind. Ansonsten ist es komplett ruhig. Kein anderer Mensch (v.a. kein anderer Tourist) weit und breit. Wunderbar.

Bergab slide ich durchs Geröll. Insgesamt dauert der Abstieg nur knapp halb so lang wie der Aufstieg.


Im Dorf wird mir Reis mit Gemüse und Thunfischfrikadellen serviert.

Ich verbinde mein Handy mit dem eingebauten Bluetoothradio für die Rückfahrt.

Ivan mag auch die Red Hot Chili Peppers und beneidet mich, als ich ihm erzähle, dass ich im Juni aufs Konzert gehe.

Die Sonne geht in spektakuläreren Farbspektren unter. Am Horizont zieht eine Gewitterfront mit vielen Blitzen auf.

Ich bewundere, wie er im Dunkeln ohne Navi und ohne jegliche Beschilderung den richtigen Weg durch die Salzwüste zurück nach Uyuni findet und meine zu ihm, es sei mehr wie ein Schiff über einen See zu steuern, als Auto zu fahren. Er lacht bescheiden.


Zurück im Hostelzimmer schwärmt mir ein Australier von Sucre vor, sodass ich meine Pläne ändere und morgen Abend den Nachtbus nach Sucre statt nach La Paz nehmen werde.

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