Clara und Matze
Clara und Matze
vakantio.de/cum

Zurück an der Sunshine Coast und Aufbruch ins Outback

Veröffentlicht: 05.07.2020

An sich hatte sich die Sunshine Coast nicht verändert, seit wir sie verlassen hatten. Aber mit Corona gab es keine Filmeabende mit den Leuten von früher, kein Sonnenbaden in Parks oder am Strand, die Leute wirkten gestresst und verunsichert. Daher waren wir sehr erpicht darauf, etwas zu tun zu haben. Ausliefern für Uber Eats mit dem Rad wie schon bereits in Perth und Sydney gestaltete sich als schwierig, wenn man in seinen freien Minuten weder rumstehen noch sitzen durfte. 2 Wochen nach unserer Rückkehr an die Sunshine Coast fing die Arbeit in der Tomatenabpackung wieder an. Georgia war immer noch Supervisorin, Dakota stand an der Maschine und bemühte sich, dass diese ohne Spinnereien lief, auch Mariko, die einzige asiatische Backpackerin vom alten Team, war wieder aus Japan zurückgekehrt und sichtlich erfreut, uns wiederzusehen. Es war gut, eine Aufgabe zu haben, tägliche soziale Kontakte und natürlich einen Lohn. Viel Arbeit gab es jedoch nicht, die Pflanzen waren noch sehr jung und nicht sehr "produktiv". Die Chefs neben Tom, die wir im letzten Jahr zwar ab und an gesehen haben, aber die nie mit uns geredet hatten, waren auffällig oft am Sortierband, sie wirkten angespannt. Wir als die alten Hasen gaben und Mühe, die Neuen nach bestem Gewissen anzulernen, dass immer wieder neue Anweisungen zu Sortierrichtlinien von verschiedenen Seiten kamen, machte uns das Leben nicht gerade leicht. Georgia und "unser" Boss Tom wurden übergangen, schließlich wurde Tom entlassen. Die anderen Geschäftsführer hielten eine ziemliche Einschüchertungsrede, wir würden nicht dafür bezahlt, ein Kaffeekränzchen aus dem Sortieren zu machen, wir könnten froh sein, in diesen Zeiten überhaupt einen Job zu haben... Nach dieser Tirade hatte ich das sichere Gefühl, sie würden Jemanden entlassen, hatten sie ja bereits schon einen "Warnschuss" abgegeben. Es gab auch nicht so viele Bestellungen von Supermärkten, wie für die Saison zu erwarten wäre. Wenn alle so flott und effizient gewesen wären wie die alten Hasen, wir hätten locker 2-3 Leute weniger gebraucht. Ich hatte 2 Vermutungen, beides Leute die sich nicht wirklich ins Zeug legten, teilte meine Vermutung jedoch nur mit Matze und Camilla, einer argentinischen Backpackerin. Am Wochende Ende Mai kam uns Lynette als Brisbane besuchen, wir hatten uns leider einen klirrekalten Tag (draußen 14 Grad und Nieselregen) ausgesucht, aber wir machten das Beste daraus. Wir zelebrierten das Wiedersehen mit leckeren Pfannkuchen zum Frühstück und spielten dann im Wohnzimmer neben dem mobilen Heizer, den ich vor kurzem 2nd Hand organisiert hatte. Später trafen wir uns mit Edmond in Coolum zum Tischtennis und saßen am Lagerfeuer mit ein paar der Leuten von den Filmabenden im letzten Jahr. Es war das erste Mal seit einer ganzen Weile, dass wir in einer Gruppe waren und es war schön, mit verschiedenen Leuten zu quatschen. Am nächsten Morgen ging ich mit Lynette im Nationalpark in Noosa spazieren, trotz des kühlen Windes genossen wir die Wärme der Sonne und die schillernden Blautöne des Meeres sehr. Zum Mittagessen kochten wir unter Matzes Regie Pad Thai und spielten danach Teamspiele.

Die Defekte am Auto, wie zum Beispiel 2 kaputte Türgriffe, einen kaputten Scheibenmotor und ein kaputtes Rücklicht hatte Matze schon seit einigen Wochen Stück für Stück repariert. Damit wir nicht jedes einzelne Teil irgendwo von Schrotthändlern zusammensuchen müssten (die diese ohnehin nicht vorrätig hatten), hatten wir beschlossen, uns einen anderen Pajero zu kaufen, mit Motorschaden. Wir schlachteten das Auto sozusagen aus, es tat uns ein wenig Leid, weil es eigentlich ein schönes Auto war.

Am Mittwoch in unserer 6. Arbeitswoche, wegen des geringen Arbeitspensums ein freier Tag, rief Matze mich gegen Mittags an. Ich war etwas verwirrt, er war in die Terella Brauerei gefahren, weil er netterweise ein kleines Brausetup von Ihnen benutzen durfte, um ein schönes Märzenbier nach eigenem Rezept anzusetzen. Es war noch nicht die Zeit, in der er fertig sein konnte und am Klang seiner Stimme hörte ich sofort, dass es etwas Ernsthaftes war. "Hast du die Mail bekommen?"... kein Wort zum Inhalt und nein, ich hatte meine Mails an diesem Tag noch nicht gecheckt. Ich hielt die Luft an und als Matze sagte: "Wir wurden gekündigt", dachte ich zunächst es sein ein sehr schlechter Scherz von ihm. Ich fand besagte Mail, las, las nochmal. Die Luft enwich. Ich fühlte mich leer und es dauerte eine ganze Weile, bis aus dieser Leere Wut wurde und das Gefühl, betrogen und unfair behandelt worden zu sein. Was nun? Farmarbeit hier in der Nähe zu finden würde sich keinesfalls einfach gestalten, wir kannten genügend Leute, die seit Wochen auf der Suche waren. Also erstmal wieder Essen ausliefern für Uber Eats und die Augen nach etwas Besserem offen halten. Durch Zufall stieß ich auf einen Job in Boulia, im Outback in Westqueensland. Mit der telefonischen Bestätigung, dass wir dort Anfang Juli anfangen konnten, kündigten wie unser Zimmer. In 2 Wochen (wegen der Frist) konnte es losgehen... die freudige Erwartung half mir, die teilweise recht zermürbenden Tage mit dem Warten auf Essensauslieferungen durchzustehen..... In unserer letzten Woche fuhren wir nochmal zu Besuch nach Brisbane, wo ich uns ein schickes aber recht günstiges AirBnB gebucht hatte. Es war das einzige nur 2 stöckige Haus umgeben von Hochhäusern und unser Balkon guckte auf den Fluss und den Sonnenuntergang. Unser Vermieter war da, er war ein richtig netter und lockerer Typ und wir fühlten uns gleich wohl. Da das Wetter nicht so berauschend war und es wegen Corona nur ein sehr eingeschränktes Aktivitätsangebot gab, machten wir uns nen entspannten und gingen Burger essen. Am nächsten Morgen traf ich mich mit Lynette zum Tischtennis und gemeinsamen Frühstück, weshalb Matze Gelegenheit hatte, sich Netflix und Chill zu widmen. Später fuhren wir zum Mount Coot-Tha und machten eine kleine Wanderung auf den Ausguck. Nach einer kleinen Spielesession bei uns im AirBnB (unser Vermieter hatte damit gar kein Problem, im Gegenteil, er spielte begeistert eine Runde mit Uno), verabschiedeten wir uns schweren Herzens von Lynette. Am nächsten Morgen machten wir uns nen entspannten, wir durften uns soviel Zeit lassen mit dem Auschecken wie wir wollten. Wir genossen ein sonniges Frühstück auf dem Balkon und spielten eine Runde Tischtennis. Nachmittags fing dann meine "Schicht" mit Menulog an, einem anderen Auslieferdienst. Am 27.6. war dann der Tag des Neustarts gekommen, wir verabschiedeten uns mit selbstgebackenem russischen Zupfkuchen von Edmond und fingen an, unsere 1000 Sachen ins Auto zu räumen. Wir verkauften das Fahrrad und unsere mobile Heizung (letztere würde ich sehr vermissen in den kommenden Nächten), ich reinigte den Teppich mit einer Leihmaschine von Bunnings. Hatte sowas noch nie gemacht aber es war Bedingung im Mietvertrag und ich war nicht gewillt, fast 100$ für einen Reinigungsdienst zu zahlen. Als wir gegen 22 Uhr losfuhren, waren wir Beide ziemlich k.o. und glücklich, dass wir endlich alles erledigt hatten, für Wehmütigkeit war gar keine Zeit.

Unser armes altes Auto lag tief in den Seilen, mit der ganzen Last, die es nun wieder zu tragen hatte. Wir fuhren nördlich über den Highway Richtung Gympie, Tagesziel die Kinbombi Falls bei Goomeri. Dort hatten wir schon einmal übernachtet, ein schönes Plätzchen neben einem Wasserfall mitten in der Natur. Gerade auf der Autobahn fuhren wir über ein totes Tier, was rumlag. Bisschen zu spät zum Ausweichen, aber nicht groß genug um Schaden anzurichten - dachten wir. Der Rest der Fahrt verlief ereignislos und entspannt und wir erreichten unseren Schlafplatz gegen halb 11 Uhr nachts. Wir waren sehr erstaunt wie voll es war, aber es war Wochenende und Beginn der Ferienzeit, also kein Wunder. Die Nacht war die Kälteste für uns, seit wir damals Sydney verlassen hatten. In alles eingewickelt, was wir hatten gingen wir ins Bett und wachten trotzdem einige Male vor Kälte auf. Morgens kochten wir uns einen schönen Kaffee, packten alles wieder zusammen und fuhren los. Und wir begannen zu zählen. Tote Tiere am Rande der Straße, denn je weiter man sich on der Zivilisation entfernt, desto mehr sieht man. Hauptsächlich Kängurus, aber wir sahen auch zwei Koalas, Vögel, Emus und Karnickel. Wir fuhren über Chinchilla, wo wir uns eine große Melone und den historischen Dorfkern anguckten, und Miles nach Yuleba, wo wir anhielten, um Mittag zu machen und einen Kaffee zu trinken. Bei rumlaufen ums Auto fielen mir plötzlich komische Stachel auf, die aus unserem linken Vorder- und Hinterreifen rausguckten. Kein Plan woher das kam und was es war, fing ich an, diese herauszuziehen. Einer der Größeren machte dann plötzlich zzzssschhh, weshalb ich ihn wieder reinsteckte. In Rücksprache mit ein paar lokalen Leuten fanden wir heraus, dass das Stacheln eines Echidnas (eine Art australisches Stachelschwein) waren. Toll. Die Reifen gerade 5000 km alt und schon hinüber. Zum Glück verloren sie keine Luft und so schafften wir es noch zu unserem nächtlichen Rastplatz. Dort machten wir am Rande eines kleinen Flüsschens ein schönes Lagerfeuer. Clara fand einen Frosch aus Verrierdale, den sie zusammen mit unseren Campingstühlen eingepackt hatte, päppelte ihn wieder auf und entließ ihn in seine neue Heimat knapp 600 km östlich seines alten Zuhauses. Morgens, nach einer nicht mehr ganz so kalten Nacht und zum Glück immer noch prallen Reifen fuhren wir nach Roma, dem Herzstück des Queensländischen Outbacks. Clara guckte sich den größten Bottletree der Gegend an und ich kümmerte mich um den Reifen. Der hintere war glücklicherweise nicht durchlöchert, aber der vordere war nicht mehr zu retten. Was will man machen… 250 Dollar ärmer und ne viertel Stunde später war dann alles wieder schick und ich fuhr zu Clara, die sich gerade noch eine alte Gasbohrstation im Ort anguckte. Und dann mussten wir auch schon weiter, denn wir wollten noch nach Charleville, wo ein bekanntes Observatorium steht und man Sterne gucken kann. Leider war das schon ausgebucht, aber es gab einen Campingplatz etwas außerhalb der Stadt, der das auch anbot. Im Observatorium guckten wir uns also nur die Ausstellung an und fuhren dann zum Campingplatz. Leider war es bewölkt und wir erhaschten nur ein paar Blicke auf den Mond. Aber wir bekamen unser Geld zurück und es war trotz allem sehr interessant. Am besten waren mein selbstgebrautes Bier, von dem wir uns ein paar Fläschchen gönnten und die erste Dusche seit unserer Abreise. 

Morgens fuhren wir dann erstmal wieder nach Charleville, guckten uns die Stadt an und tankten das Auto voll und dann ging es weiter über Augathella und Blackall Richtung Longreach. Wir stoppten fürs Frühstück in Augathella, sahen uns den Ort ein wenig an, fuhren nach Blackall, liefen dort ein wenig rum, kauften noch kurz ein und stoppten dann kurz vor Barcaldine für die Nacht im Lara Wetlands Bushcamp, einem wunderschönen Campingplatz mitten im Nirgendwo an einem kleinen See mit einem Thermalpool. Die ganze Gegend hier im südwestlichen Queensland liegt auf dem Great Artesian Basin, einem Becken, das tief im Untergrund riesige Wasserreserven hat, die durch Bohrungen zugänglich gemacht wurden. Das Wasser kommt mit hohem Druck und Temperatur an die Oberfläche und hält die ganze trockene Gegend hier am Leben. Der Pool wurde von solch einer Quelle gespeist und hatte im Durchschnitt 38°. Gegen 9 Uhr abends gönnten wir uns dann ein schönes Bad, ganz allein in dem Pool und gingen dann schön aufgewärmt ins Bett. Wir schliefen wie die Babys und erfrischt machten wir uns morgens wieder auf den Weg. Wir hielten kurz in Barcaldine, frühstückten wieder und fuhren dann weiter nach Longreach, der größten Stadt in der Gegend, wo wir noch in zwei OP Shops gingen, ein wenig über die Geschichte der Gegend erfuhren und dank Empfang in der Gegend auch gucken konnten, wo wir die Nacht verbringen. Der Ort war schnell gefunden, etwa 30 km nördlich der Stadt, etwas abseits der Straße an einem Fluss. Ein wunderschöner Platz mit Bäumen und Feuerstelle, nur etwas Staubig und ein paar Knochen in der Umgebung. Clara machte es sich in ihrem Stuhl gemütlich und las ein bisschen, während ich Feuerholz für den Abend suchte. Wir kochten uns ein leckeres Abendessen, saßen am Feuer und genossen ein kühles selbstgebrautes und konnten dank der Wärme die erste Nacht mal wieder ohne volle Montur schlafen. Morgens ließen wir uns dann ein wenig Zeit, kochten Kaffee bauten alles wieder ab und starteten schließlich zur vorletzten Etappe vor dem Ziel. Viel kam nicht mehr auf dem Weg, wir waren schon zu weit im Westen. Nur noch Winton lag auf dem Weg, eine kleine Outbackortschaft mit der billigsten Tankstelle im Umkreis von 500 km, was wir auch direkt ausnutzen, um noch mal alles vollzumachen, was geht. Der nächste Stopp war dann Middleton, der kleinste Ort, in dem ich jemals war. Es gab eine verlassene Scheune, eine Telefonzelle und das Hotel/Pub des Dorfes, geleitet von den einzigen Einwohnern, einem alten Ehepaar. Wir schliefen auf dem Campingplatz, dem "Hotel Hilton", zusammen mit noch 3 anderen Campgruppen. Ein älterer Herr, der mit seinem Hund und einem ausgebauten Bus schon seit 23 Jahren durch Australien reist, gab uns noch ein paar Tipps für unsere weitere Reise und schenkte uns 2 Reifenheber für den Fall, dass wir während unserer Reise mal einen Reifen wechseln müssen, nichts ungewöhnliches auf den Straßen im Outback. Viele Straßen sind einfache Schotterpisten und es passiert gerne mal, dass man sich ein Loch reinfährt. Die letzten knapp 200 km waren dann recht schnell geschafft. Wir hielten unterwegs noch ein paar mal an historischen Punkten, liefen ein wenig herum und lasen ein paar Infotafeln und erreichten gegen Mittag dann schließlich Boulia, das Ziel unserer Reise. Wir gingen in den lokalen Supermarkt, kauften etwas fürs Frühstück ein, sahen uns die Min Min (Ein nächtliches Lichtphänomen hier in der Gegend) Ausstellung an und erreichten nach noch einmal etwa 20 Minuten Fahrt die Rinderfarm, die uns voraussichtlich die nächsten 3 Monate als Zuhause dient. 

Die Bilanz unseres Trips:

Australien ist nicht immer schön warm

Fahr niemals über ein Echidna

Vermeide es, wenn möglich bei Nacht oder Dämmerung zu fahren

Und hab eine Bullbar, denn:

Viele Tiere können nicht gut mit Verkehr! 

Statistik unserer Reise:

6 Tage

Ca. 1200km Fahrtweg

Ca. 180L Sprit

1 neuer Reifen 

1L Öl 

20L Trinkwasser


Tiere:


Lebendig:

Kängurus: 13

Adler: 3

Kaninchen: 2

Wildschweine: 1

Emus: 1

Northern Spiny Tailed Gecko: 1

Gesamt: 21


Tot:

Kängurus: 713

Kaninchen: 8

Emus: 12

Vögel: 12

Kühe: 3

Koalas: 2

Echidnas: 2

Schafe: 1

Unidentifizierbar: 250

(lose Knochenhaufen nicht mitgezählt) 

Gesamt: 1003



Antworten (1)

Yvonne
Super Reisebericht, tolle Fotos!!! Danke!