Coastal Nomads - Suzi, John & Betty
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Von Sagres bis zur "Golden Gate Bridge" (138 Tage - 7.900 km)

Veröffentlicht: 12.06.2024

Für uns und Betty geht weiter bis an die äußerste "Ecke" von Portugal, Sagres. Sagres steuern wir an, da es aufgrund seiner exponierten Lage zum Atlantik ein bekannter Hotspot für Wellenreiter und Windsurfer ist. Die Entfernungen von einem Ort zum anderen sind überschaubar. Wir cruisen gemächlich über kleine Landstraßen, die mautpflichtige Autobahn meiden wir. Vor Sagres ändert sich die Landschaft und erinnert mehr an die Westküste von Dänemark, eine langgezogene Dünen- und Heidelandschaft. Sagres selber gleicht mehr  einer losen Ansammlung von Häusern als einer Stadt und erinnert erstaunlicherweise auch an dänische Westküstenorte wie z.B. Klitmöller. Bekannt ist Sagres für die Fortaleza de Sagres, eine antike Festung auf der Landzunge vor Sagres. Hier soll sich die sagenumwobene Seefahrtschule von Heinrich, dem Seefahrer (einem Vorgänger von Vasco da Gama) befunden haben. Eine Bucht weiter befindet sich das Cabo de Sao Vicente, der westlichste Zipfel Festlandeuropas. Auf hohen Klippen thront der malerische Leuchtturm Farol do Cabo. Man kann hier auch an einem Imbiss die "Letzte Bratwurst vor Amerika" essen (wir verzichten). Viele Besucher machen hier hier Insta Selfies ganz dicht am bröckeligen Klippenabgrund, uns wird teilweise schon beim Zusehen schwummerig. Leider stürzen hier auch immer wieder Touristen in den Tod. Eine Gedenktafel erinnert an einen jungen Deutschen, der hier 2001 ums Leben kam.

Für Wellenreiter und Windsurfer gibt es in Sagres zwei Strände: Praia de Martinhal und Praia de Tonel. Praia de Tonel ist ein Top Wavespot, aber sehr anspruchsvoll. Die von steilen Klippen umgebene Bucht ist gespickt von Felsen, die teilweise dicht unter der Wasseroberfläche liegen. Leider lassen sich während unserer Zeit in Sagres weder Wind noch größere Wellen blicken; ein eventueller, schmerzhafter Kontakt mt den Felsen bleibt daher mir und  meinem Material erspart ;-). Deutlich verbessert hat sich die Wasserqualität. Die Algenpest der südlichen Algarve ist verschwunden und der Atlantik sieht so aus, wie es aussehen soll, nämlich blau-türkis!
In Sagres toleriert die Gemeinde das Freistehen auf einem großen Parkplatz außerhalb der Stadt vor der Festung. Was uns immer wieder nervt, sind die "Kuschelcamper". Gemeint sind Camper, die auf einem fast leeren Platz so dicht an einen ran parken, dass wir kaum die Schiebetür aufbekommen...  Wir erklären uns das tiefenpsycholgisch als Überbleibsel aus der Neandertalerzeit, als in der Höhle alle aus Angst vor dem Säbelzahntiger zusammengekuschelt haben.  Wir sind natürlich cool und versuchen immer möglichst einsam in der Höhle zu liegen. Insgesamt bleiben wir drei Nächte (und stellen uns einmal um, um einem "Kuschelcamper" zu entfliehen). Auf einer Bike Tour entdecken wir im Nirgendwo den Praia de Ponta Ruiva. Ein Traumstrand, insbesondere für Wellenreiter. Eine sehr steile Schotterstraße führt zum Strand herab. Trotz Lage im Naturschutzgebiet und ausdrücklichem Verbot stehen dort unten einige Surfervans, die dort offensichtlich auch übernachten. Das ist natürlich irgendwie total cool direkt am Spot zu nächtigen, hat aber in der Konsequenz genau das zur Folge, worüber sich alle Vanlifer aufregen: Noch mehr Verbote, gesperrte Zufahrten, Höhenbegrenzungen, etc. Wir sind hin- und hergerissen zwischen den Welten. Unsere Devise, mit der wir bisher ganz gut gefahren sind, lautet: Freistehen, wann immer es geht, aber nicht dort, wo es ausdrücklich verboten ist.

Was übrigens sehr angenehm in Portugal ist, dass große Supermärkte wie Intermarche und Lidl ausgewiesene, große Parkplätze für Wohnmobile haben. Intermarche bietet sogar die Möglichkeit der Ver- und Entsorgung von Wasser und Abwasser (und die billigsten Tankstellen). Teilweise darf man auf diesen Plätzen sogar übernachten. Das könnten deutsche Supermärkte doch mal mal sehr gerne nachmachen!!

Wir müssen weiter, für die ersten 150 km Küste haben wir fast zweieinhalb Wochen gebraucht. Jetzt müssen wir Gas geben, sonst sind wir noch im Herbst in Portugal ;-). Den Tipp für unser nächstes Ziel haben wir von unserem Freunden Sascha & Zhaoyang bekommen, die den Süden Portugals ein paar Wochen vor uns (und deutlich schneller) bereist haben: Zambujeira do Mar. Also in Sagres rechts abbiegen und dann immer in Richtung Norden! Auf dem Weg dort hin wird es deutlich einsamer. An der Westküste gibt es nur noch wenige, kleine Ortschaften. Die Landschaft ist mal hügelig, mal flach, teilweise gibt es auch viel Wald und gefällt uns sehr gut. Von der  Landstraße führen Abzweiger zu den Stränden, eine Traumbucht jagt die nächste. Meistens liegen die Buchten samt Stränden an den Mündungen kleiner Flüsse. Eingefasst sind die Strände dann sehr fotogen von hohen Klippen. Wir machen Halt am Praia de Bordeira und fragen uns, ob das überhaupt noch schöner werden kann? Auf der Fahrt passieren wir noch Aljezur und Odeceixe. Von Odeceixe führt eine 7 km lange Schotterpiste zum Praia de Amoreira, ist das jetzt der schönste Strand Portugals? In den diversen Reiseführern steht immer wieder, dieser oder jener Strand wäre der schönste Portugals, aber was macht nun den allerschönsten Strand aus? Das liegt ganz sicher im Auge des Betrachters. Aber sehr schön sind sie alle!

Gegen frühen Abend trudeln wir in Zambujeira do Mar ein. Die Park-4-Night App empfiehlt das Übernachten am Ortsrand in einem aufgegebenem Baugebiet. Wer öfter in Südeuropa unterwegs ist, weiß, dass es solche Investitionsruinen leider fast überall gibt. Hier gibt es eine tolle, fast nicht befahrene  Straße mit perfekten Parkbuchten oberhalb der Stadt mit Blick aus der Schiebetür auf den Ort und den Strand. Zambujeira entpuppt sich als kleiner süßer Ort mit einem tollen Stadtstrand und wenig Tourismus (warum eigentlich?). Am der Steilküste um die Stadt herum kann man tolle Wanderungen machen. Wir beginnen eine Wanderung morgens im Seenebel, Wolkenschwaden wabern um uns herum und es ist ziemlich frisch. Doch dann reißt die Sonne auf und vor uns liegt noch einer der schönsten Strände Portugals ;-). Wir bleiben zwei Nächte in Zambujeira, hier gefällt es uns wirklich gut! Was uns auffällt im Ort ist die hohe Anzahl von jungen Männern, die pakistanisch oder indisch aussehen. Wir recherchieren ein wenig und finden heraus, dass hier ganz viele Inder, Pakistanis und auch Nepalesen als Erntehelfer in der Landwirtschaft arbeiten. Vor allem Heidelbeeren werden für ganz Europa im Hinterland in riesigen Plantagen angebaut. Jede  Heidelbeere muss einzeln vom Strauch gedreht werden, was sehr arbeitsaufwändig ist. Wie man sich leider denken dann, sind die Arbeits- und Lebensbedingungen der Erntehelfer prekär. Das wenige Geld was sie verdienen, überweisen sie in ihre Heimat.

Wir müssen/wollen weiter. Auf dem Weg nach Sines, unserem nächsten Ziel machen wir einen Zwischenstopp in Villa Nova de Milfontes. In Milfontes mündet  der Rio Mira in den Atlantik. Fast unmerklich geht der Fluss in einem großen Delta malerisch in den Atlantik über. Ein Teil der Strände liegt am Fluss, ein anderer bereits am Atlantik. Am Fluss liegt eine kleine Burganlage, alles bildschön. Wir spazieren durch den beschaulichen Ort und trinken leckeren portugiesischen Kaffee (Galao = Espresso mit viel Milch und Meia de Leite = halb-halb). Auffällig ist, dass wir an der Westküste doch viel häufiger auf die den Portugiesen nachgesagte Freundlichkeit stoßen (siehe Reiseblog Portugal/Algarve, ein unterkühlter Empfang für uns). Darüber freuen wir uns sehr! Die Algarve ist dann anscheinend zum Glück doch eher untypisch für das restliche Portugal. In Sines angekommen übernachten wir an der Marina. Am nächsten Tag sehen wir uns die Stadt an. Sines hat eine kleine, schöne Altstadt, spricht  uns aber nicht so sehr an. Der Küstenstreifen ist stark von Großindustrie und Fischerei geprägt. Der Ort ist durch eine breite Straße vom Strand getrennt. Obwohl Vasco da Gama in Sines geboren sein soll, ist das einzige kleine Museum dazu seit längerer Zeit geschlossen.

Also geht es weiter nach Norden. In Lagoa Formosa bei Comporta bleiben wir für eine Nacht. Wir stehen mit unserem Van direkt unter einem der unglaublich vielen Storchennester in dieser Gegend. Die beiden Jungstörche sind schon fast so groß wie ihre Eltern und machen bereits die ersten Flügelschlagversuche. Nördlich von Lagoa Formosa gibt es viele überflutete Reisfelder, ein wahres Paradies für Störche. Am nächsten Tag geht es weiter auf die Landzunge von Troia (nicht Troja ;-)). Auf der einen Seite eine riesige Lagune, das Estuario do Sado, in der sogar Delfine leben, auf der anderen Seite der rauhe Atlantik. Viele wohlhabende Portugiesen haben ihre luxuriöse "Datscha" auf dieser Landzunge. Das Gebiet ist off-limits für Van-Lifer, wir sind hier ziemlich unerwünscht. Früher befand sich  in Troia übrigens die größe "Fischkonservenfabrik" des römischen Reiches; hier wurde Fisch in Salz eingelegt und haltbare Fischsaucen hergestellt, die in das gesamte römische Reich transportiert wurden. Für wenige Euro nehmen wir die Autofähre von Troia nach Setubal. Leider sehen wir unterwegs keine Delfine. Das Wetter hat sich getreu der Wettervorhersage eingetrübt und während der Überfahrt begleitet uns Nieselregen und ein kühler Wind.

Nach einiger Recherche zum Thema Übernachten mit dem Van in bzw. um Lissabon haben wir uns entschieden, südlich des Tejo (die "Elbe" von Lissabon) auf der anderen Flussseite zu bleiben und für unser Lissabon Sightseeing die Fähre zu nehmen. Südlich von Lissabon befinden sich große Wohngebiete und viele dort Ansässige  fahren morgens mit einer der zahlreichen Fährlinien nach Lissabon zur Arbeit. Unsere Wahl ist auf Seixal gefallen. Wir trudeln abends in Seixal ein; Am Ortsende hinter einigen netten kleine Restaurants und einem kleinen Hafen befindet sich ein Schotterparkplatz mit viel freiem Platz auch für uns. Es gibt keine Einschränkungen für Wohnmobile bzw. Übernachten und kosten tut der Parkplatz auch nichts. Wir freuen uns ein weiteres Mal, dass in Spanien und Portugal Parken offensichtlich noch nicht als Multi-Milliardengeschäft entdeckt worden ist. Von der Schiebetür aus haben wir sogar einen Blick auf Lissabon und die "Golden Gate Bridge" am Horizont. Die Ähnlichkeit der Ponte 25 de Abril über den Tejo mit der Golden Gate Bridge in San Francisco ist übrigens kein Zufall, beide Brücken wurden von der gleichen US-Baufirma gebaut! Morgen soll es dann endlich nach Lissabon gehen. Wir sind schon sehr gespannt, was die so sehr als Urlaubsziel gehypte Stadt zu bieten hat!

FORTSETZUNG FOLGT










Antworten (3)

Jeanett und Patrick und Boomer
Ihr Lieben, euer Bericht zur Reise ist wieder mal ganz interessant….. Macht weiter so, genießt das Leben und eure Zweisamkeit Wir lieben euch ❤️

Karin
Hallo ihr drei 😉, Danke für den tollen Bericht. Wieder einmal wirklich schön geschrieben. Wenn ihr noch nach Porto wollt, hätte ich ein paar Tipps fürs Hinterland und das Duoro Tal. Viel Spaß 🙋🏻‍♀️

Stefan
Wieder ein toller Etappenbericht, danke dafür. Genießt die Zeit🚐😊

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